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Kultur: Zwei Seelen, ach?

Christine LemkeMatwey fragt sich, warum Peter Ruzicka Salzburg verlässt Man könnte zur Abwechslung ja einfach mal glauben, was gesagt wird. Peter Ruzicka, Intendant der Salzburger Festspiele, wird seinen Vertrag über das Mozartjahr 2006 hinaus nicht verlängern – weil er sich in Zukunft verstärkt dem eigenen Komponieren und Dirigieren widmen wolle.

Christine LemkeMatwey fragt sich, warum Peter Ruzicka Salzburg verlässt

Man könnte zur Abwechslung ja einfach mal glauben, was gesagt wird. Peter Ruzicka, Intendant der Salzburger Festspiele, wird seinen Vertrag über das Mozartjahr 2006 hinaus nicht verlängern – weil er sich in Zukunft verstärkt dem eigenen Komponieren und Dirigieren widmen wolle. Er habe, so Ruzicka, nie ein Hehl daraus gemacht, dass seine Salzburger Tätigkeit eine „besondere Balance“ voraussetze zwischen den Intendantengeschäften einerseits und den künstlerischen Ambitionen des P. R. andererseits.

Was lernen wir daraus? Erstens dass es den in Salzburg kulturpolitisch Verantwortlichen herzlich egal ist, wer gerade welche Festspiel-Ästhetik mit wie viel Erfolg vertritt. Ruzickas Vorgänger im Amt, Gerard Mortier, wurde geschmäht und verjagt, weil sein Programm im Ruf stand, zu wenig gesellschaftsfähig zu sein, und weil die Zahlen nicht stimmten; mit Ruzicka hingegen hadert man, weil die Zahlen stimmen, sein Programm also entsprechend gesellschaftsfähig ist („glitzernde Harmlosigkeit“) – und weil seine Präsenz angeblich zu wünschen übrig lässt (Ruzicka leitet außerdem die Münchner Biennale für zeitgenössisches Musiktheater). G’hupft wie g’hatscht also, und wie man’s macht, macht man’s falsch? Dass sich ausgerechnet der Wiener Staatsoperndirektor und kommissarische Noch-Verweser der Deutschen Oper Berlin, Ion Holender, gestern mit der Forderung zu Wort meldete, Salzburg müsse weg vom „Prominenten-Rummel der Reichen und Schönen“, schlägt dem Fass nur seinen ohnehin lockeren Boden aus.

Zweitens lernen wir, dass gewisse Mentalitäten nicht kompatibel sind. Ruzicka, von Haus aus Jurist und im Geiste Hanseat, passte nie so recht ins nockerlnselige Salzach-Ambiente. Drittens wird klar, dass der Künstler-Intendant als solcher eine aussterbende Spezies ist – auf dem glatten Festival-Parkett jedenfalls tun sich Managertypen wie Klaus Bachler vom Wiener Burgtheater oder Zürichs Opernchef Alexander Pereira entschieden leichter (und beiden werden starke Salzburg-Gelüste nachgesagt). Ja, und viertens dürfte Christian Thielemann, der sich Ruzicka immer mal wieder als Intendant an die Deutsche Oper gewünscht hat, nun seine letzten Hoffnungen begraben. Fünftens nämlich zeigt der Fall Ruzicka, dass es im Opernleben auch noch etwas anderes gibt als die Karriereleiter. Man muss nur glauben, was man selber sagt.

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