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Kultur: Zweite Movida

Madrids Kulturszene mit einem Festival in Berlin

Lange Zeit galt Madrid vor allem als eines: unbewohnbar. Während die Madrilenen über nasskalte Winter und den höllische Sommer stöhnten, spottete man im Rest Spaniens über „dieses aufgeblasene Provinznest“. Der Schriftsteller Javier Marias klagte gar über „auditive Folter“ und „Prozessionsterror“, so sehr fühlte er sich vom Katholizismus und Lärm Madrids belästigt. Die Stadt hatte außer dem Prado nichts zu bieten: keine Kulturszene wie Barcelona, keine Alhambra wie Granada und kein Meer mit Paella wie Valencia.

Heute ist das alles anders. Bis auf die Sache mit dem Strand, natürlich. Aber Madrid hat sich in den letzten Jahren so stark verändert wie in Europa nur Berlin. Die Stadt hat enorm vom spanischen Wirtschaftsboom profitiert und erlebt derzeit einen Umbau pharaonischen Ausmaßes. Sie soll heller, luftiger und menschlicher werden. Vor allem aber ist Madrid wieder ein kulturelles Zentrum. Die Stadt wirkt heute wie ein Magnet auf Künstler, die Rede ist gar von einer zweiten „Movida“, einem kulturellen Aufbruch, ähnlich dem der achtziger Jahre, als Spanien nach vierzig Jahren faschistischer Diktatur kulturell aufblühte.

Nun präsentiert sich die neue Kulturszene Madrids mit einem fünftägigen Festival in Berlin. Es heißt „Made in Mad“ und startet heute unter dem Titel „Sangre Flamenca“ im Admiralspalast (20 Uhr). Das „Nuevo Ballet Español“ und die jungen Ausnahmetänzer Rojas & Rodriquez demonstrieren, wie sich der leidensintensivste und spanischste aller Tänze zuletzt entwickelt hat.

Ein zweiter Höhepunkt ist das Konzert des Flamencosängers Antonio Carmona morgen im Kesselhaus (21 Uhr). Carmona, in Spanien seit seiner Zeit bei der Band Ketama ein Superstar, hat als Solokünstler erfolgreich den traditionellen Flamenco mit anderen Stilen fusioniert und ist mit dem Album „Vengo Venenoso“ zu einem der Repräsentanten des „Neuen Flamenco“ geworden. Donnerstag zeigt die Madrilener Theatergruppe Compañia Siglo de Oro den spanischen „Hamlet“ in der Volksbühne (20 Uhr): Calderon de la Barcas aus 3000 Versen bestehendes Stück „Das Leben ein Traum“ wurde Anfang des 17. Jahrhunderts erstmals aufgeführt und gilt als größter Schatz des spanischen Barocktheaters. Des Weiteren zeigt das Instituto Cervantes heute und morgen ausgezeichnete Kurzfilme und je einen in Spanien prämierten Langfilm (Beginn jeweils 19 Uhr). Dienstag und Mittwoch führt die junge, experimentierfreudige Madrilener Theatergruppe Metatorso in der Volksbühne eine Art urbanes Forschungsprojekt auf, Titel: „Madrid Laberinto XXI“ (20 Uhr). Und ebenfalls am Mittwoch tritt der junge Flamencosänger Pitingo in der Volksbühne auf (20 Uhr). Pitingo hat das Kunststück vollbracht, den Flamenco mit dem Soul zu vermischen. Herausgekommen sind Stücke wie Roberta Flacks „Killing me softly“ in Flamencoverkleidung. Zum Abschluss spielen am Donnerstag das Orchester und der Chor der Region Madrid im Konzerthaus am Gendarmenmarkt (20 Uhr). lich

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