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Kultur: Zweite Reihe Wo Dramaturgen kreiseln: Theater-News aus Berlin

Dass sich das Intendantenkarussell gelegentlich lustig dreht, daran haben sich Theatergänger gewöhnt. 2009/2010 kommt Ulrich Khuon ans Deutsche Theater Berlin, während Joachim Lux dessen Job am Hamburger Thalia übernimmt.

Dass sich das Intendantenkarussell gelegentlich lustig dreht, daran haben sich Theatergänger gewöhnt. 2009/2010 kommt Ulrich Khuon ans Deutsche Theater Berlin, während Joachim Lux dessen Job am Hamburger Thalia übernimmt. Und Oliver Reese – DT-Chefdramaturg und Interimsintendant für die nächste Saison – wechselt zum Schauspiel Frankfurt.

Auch der Dramaturgenkreisel kommt derzeit ordentlich ins Rotieren. An der Berliner Schaubühne bleibt uns Intendant Thomas Ostermeier zwar erhalten, allerdings bald als Letzter aus dem Leitungsquartett, das 1999 zur Verjüngung der Traditionsbühne angetreten war. Sasha Waltz und Jochen Sandig haben sich längst verabschiedet und führen mit dem Radialsystem ihr eigenes Haus. Nun wird, nach zehn Jahren Leitungstätigkeit, zum Ende der Spielzeit 2008/2009 auch Chefdramaturg Jens Hillje aussteigen. Das Haus verhandelt derzeit mit Bernd Stegemann, der am Frankfurter TAT, dem Berliner DT sowie gastweise für Kampnagel Hamburg, die Wiener Festwochen und die Salzburger Festspiele tätig war und seit 2005 an der „Ernst Busch“Schauspielschule lehrt. Zwar geht mit Hillje Ostermeiers Urpartner aus Baracken-Zeiten, aber der Schaubühne kann eine dramaturgische Kursänderung nur guttun. Denn sie blickt auf eine unrühmliche Spielzeit zurück, mit satten Komödienflops wie „Room Service“, Systemkritik light à la „Die Stadt/Der Schnitt“ oder den unbedarften jungdramatischen „Deutschlandsaga“-Versuchen.

In Frank Castorfs krisengebeutelter Volksbühne sitzt offiziell noch immer Gabriele Gysi – Gregor G.s Schwester – im Chefdramaturginnensessel, mit unklarer Perspektive. Während Castorf und Gysi noch über die Zukunft verhandeln, hat die Volksbühne für die Gegenwart einen neuen Job erfunden, der sich „künstlerischer Koordinator“ nennt, eindeutigen Chefdramaturgen-Appeal aufweist und nun mit Maurici Farré besetzt wurde: Der 1961 in Barcelona geborene Heiner-Müller-Übersetzer, Regisseur und Dramaturg, der diverse Festivals und Institutionen in Spanien und der Schweiz leitete, kennt Castorf seit DDR-Zeiten. Für dessen Brecht-Müller-Inszenierung „Die Maßnahme/Mauser“ war Farré zum Dramaturgen ernannt und gleich nach seiner zweiten Arbeit – „Ubukönig“ nach Alfred Jarry unter Regie von Dimiter Gotscheff – in eine Leitungsposition gehievt worden.

In der ablaufenden Saison verzeichnete die Volksbühne einen herausragenden personellen Verschleiß und Verlust in vielen Abteilungen. Was Wunder, dass auch hier das Dramaturgenkarussell mit Schleudersitzmechanismus ausgestattet ist. Der Vertrag des von Gysi angeheuerten Journalisten Michael Laages wird einvernehmlich aufgelöst. Auch der Autor Robin Detje ist dem Haus nach einem rekordverdächtig kurzen Intermezzo nur noch projektweise als Freelancer verbunden. Christine Wahl

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