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Brandenburg: KZ Sachsenhausen: Spuren der Zwangsarbeit

Das Grünauer Fenn in Rathenow ist kein Gewerbegebiet wie zahllose andere im Land Brandenburg. Ohne dass es Anstoß erregt hätte, wurden hier, auf dem Gelände eines Außenlagers des KZ Sachsenhausen, die üblichen Lager-, Verkaufs- und Produktionshallen errichtet.

Das Grünauer Fenn in Rathenow ist kein Gewerbegebiet wie zahllose andere im Land Brandenburg. Ohne dass es Anstoß erregt hätte, wurden hier, auf dem Gelände eines Außenlagers des KZ Sachsenhausen, die üblichen Lager-, Verkaufs- und Produktionshallen errichtet. Es kümmerte kaum jemand, dass Jahrzehnte zuvor an dieser Stelle hunderte Häftlinge Kriegsflugzeuge bauen mussten, bewacht und drangsaliert von der SS.

Bevor jedoch alles ausgebaggert war, konnten im vergangenen Jahr Archäologen buchstäblich in letzter Minute eine unberührte Fläche untersuchen und wurden fündig. Ausgegraben wurde, was Bewacher und Häftlinge im April 1945, als das Lager von der Roten Armee befreit wurde, liegen oder was beim Abriss der Lagerbauten übersehen wurde: zerbeulte Kochgeschirre aus Aluminium, verrostete Essbestecke, zerschlagene Tassen und Teller aus dickem Porzellan mit Hakenkreuzen auf der Unterseite. Dazu kommen Werkzeuge, Gießgeräte und Flugzeugteile, aber auch Stacheldraht gleich rollenweise. Eine Auswahl dieser Fundstücke wird in der ehemaligen Häftlingswäscherei auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Sachsenhausen bei Oranienburg gezeigt. Dazu Fotos von der Ausgrabung und eine Dokumentation über die unmenschlichen Lebensbedingungen der Häftlinge und das Schicksal des Geländes.

Die bis zum 31. Oktober dauernde Ausstellung "Archäologie der Zwangsarbeit" zeigt nicht nur Stücke aus dem Alltag in einem Konzentrationslager, sie wirft auch ein Schlaglicht auf die Rolle der mit Flugzeugbau befassten Arado-Werke.

Für Brandenburgs Landesarchäologen Jürgen Kunow geben die Ausgrabungen weitaus mehr über die Zwangsarbeit im KZ-Außenlager Rathenow bekannt, und man könne auch genauer die Fabrikanlagen und Häftlingsbaracken lokalisieren. Es zeige sich auch hier, wie sehr Erinnerungen trügen können, denn Skizzen und Beschreibungen von ehemaligen Häftlingen hätten sich aufgrund der Grabungen als recht ungenau erwiesen. "Wir wissen jetzt mehr über die Ausdehnung dieses vier Hektar großen Lagers, dessen fünfeckige Gestalt nur durch Luftbilder von 1945 belegt ist. Ausserdem können wir gezielte Nachforschungen anstellen und die Funde mit Dokumenten und Erinnerungen vergleichen".

Die Untersuchungen sind laut Kunow ein wichtiger Anstoß, weitere Stätten dieser Art genauer zu untersuchen und auch Stadtverwaltungen auf ihre Pflichten hinzuweisen, mit diesen Orten des Grauens sehr vorsichtig umzugehen und Baugenehmigungen genau zu prüfen. Dass noch längst nicht alles aus Deutschlands dunkelster Vergangenheit ans Tageslicht geholt wurde, zeigen Funde auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen. Beim Bau einer neuen Ausstellungshalle wurde eine 600 Kubikmeter große Abfallgrube ausgehoben worden, die ebenfalls wichtige Zeugnisse aus der NS-Zeit enthält.

Helmut Caspar

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