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Brandenburg: Landesentwicklungsgesellschaft: Countdown für den Staatskonzern

Der Skandal um die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) nimmt eine neue Dimension an. Nach Tagesspiegel-Recherchen hat der Landesrechnungshof im Zusammenhang mit dem überstürzten Verkauf des Tochterunternehmens "LEG Wohnen" samt deren Immobilien an die Deutsche Kreditbank (DKB) erhebliche Missstände festgestellt.

Der Skandal um die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) nimmt eine neue Dimension an. Nach Tagesspiegel-Recherchen hat der Landesrechnungshof im Zusammenhang mit dem überstürzten Verkauf des Tochterunternehmens "LEG Wohnen" samt deren Immobilien an die Deutsche Kreditbank (DKB) erhebliche Missstände festgestellt.

Weiter unter Wert soll die "LEG Wohnen" verkauft worden sei, wodurch dem Land ein zusätzlicher Schaden entstand. Damit gerät auch Finanzministerin Dagmar Ziegler unter Druck, die den Verkauf genehmigt hat.

Unterdessen haben sich die schlimmsten Befürchtungen über die aktuelle Schieflage der LEG bestätigt: Nach dem gestern vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfer ist das Staatsunternehmen ohne neue Finanzspritzen pleite. Allein die aktuellen Verbindlichkeiten belaufen sich auf über 350 Millionen Mark.

Die tatsächlichen Verluste der LEG seien jedoch weitaus höher anzusetzen, da am Immobilienbesitz der LEG erhebliche Wertminderungen vorgenommen werden müssten, hieß es in Regierungskreisen. Bei diesen Immobilienverlusten soll es sich noch einmal um dreistellige Millionenbeträge handeln. "Die genaue Höhe hängt auch davon ab, ob die LEG liquidiert wird", erläuterte ein Beamter. Der Countdown für den Staatskonzern läuft bereits. Der Zustand der LEG ist so dramatisch, dass nach Auffassung von Juristen die im GmbH-Gesetz vorgeschriebene 3-Wochen-Frist zum Einleiten des Insolvenzverfahrens bei vorliegender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit bereits läuft. In der Landesregierung gibt es dem Vernehmen nach allerdings unterschiedliche Meinungen darüber, ob diese kritische Schwelle tatsächlich schon überschritten ist. Bestimmte Kreise, so hieß es gestern, wollten "das sinkende Schiff noch nicht aufgeben".

Vor diesem Hintergrund ist die neue Rechnungshof-Rüge um so brisanter: Der Verkauf des Tochterunternehmens "LEG Wohnen" fällt bereits in die Zeit, in der die Sanierung der schwer angeschlagenen Muttergesellschaft mit dem neuen Geschäftsführer Rainer Geißler und dem neuen Aufsichtsratschef und Bau-Staatssekretär Clemens Appel begonnen hatte. In der Landesregierung war für den Verkauf die neue Finanzministerin Dagmar Ziegler zuständig. Die Prüfer des Rechnungshofes bemängeln vor allem, dass erhebliche Zugeständnisse an die DKB gemacht worden seien. Hauptkritikpunkt: Es sei weder ein Gutachten über den Wert des Tochterunternehmens in Auftrag gegeben worden, noch sei der Wert der Immobilien überprüft worden.

Stattdessen zahlte die DKB-Bank lediglich die Stammkapital-Einlage des Landes von 20 Millionen Mark. Da zugleich Risiken (wie Mietgarantien) auf die LEG-Mutter übertragen wurden, ist dieser durch den Verkauf ein Verlust in zweistelliger Millionenhöhe entstanden. Die DKB-Bank hat kürzlich das miterworbene Olympische Dorf in Elstal (vormals Besitz der "LEG Wohnen") bereits an die Demex-GmbH weiter veräußert, den Investor des Factory Outlet Centers an der Bundesstraße 5. Über den Preis schweigen beide Parteien.

Der Rechnungshof bemängelt auch, dass es in der LEG-Geschäftsführung kein Vier-Augen-Prinzip mehr gibt, seit der frühere Industrie-Manager Geisler die Geschäftsführung im Frühjahr 2000 übernommen habe. Kritisch wird außerdem bewertet, dass Geisler keine kaufmännische Qualifikation besitze. In Regierungskreisen herrscht Ernüchterung, "weil sich die großen Erwartungen in den Sanierer nicht erfüllt haben". Er habe den Verkauf der LEG Wohnen an die DKB-Bank "schlecht verhandelt" und keine neuen Projekte akquirieren können, um die Einnahmesituation des Konzerns zu verbessern. Allerdings ist der Hauptteil der Schulden vor Geisler aufgelaufen: Bei der Beurlaubung der früheren Geschäftsführer Germanus Pause und Wolfgang Heitmann sollen die Verbindlichkeiten bereits 220 Millionen Mark betragen haben. Seither sei noch einmal "ein dreistelliger Millionenkredit" hinzugekommen, heißt es. Dem Vernehmen nach soll die Liquidität der LEG derzeit nicht mehr gegeben sein. Der Landtag hatte kürzlich eine dringend benötigte Soforthilfe von rund 23 Millionen Mark eingefroren.

Das Kabinett will morgen über Schlussfolgerungen aus dem LEG-Finanzdesaster beraten. Auch der Landtag widmet sich in einer Aktuellen Stunde der angeschlagenen Landesgesellschaft.

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