zum Hauptinhalt
303287_0_0be126ce.jpg

© dpa

Landeshaushalt: Der Mark droht die Pleite

Dem Land Brandenburg droht 2010 erstmals ein verfassungswidriger Finanzhaushalt: Im ersten Jahr der neuen Koalition könnte eine Lücke von 944 Millionen Euro klaffen.

Potsdam – Brandenburg droht in der Konjunkturkrise, die im Land bislang eher glimpflich verlief, eine Haushalts-Notlage. Das ergibt sich aus dieser Zeitung vorliegenden offiziellen Prognosen für die Jahre 2009 und 2010, die Finanzminister Rainer Speer (SPD) für die Gespräche von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit CDU und Linken zur Bildung einer Koalition vorgelegt hat. Diese werden am heutigen Montag in der Staatskanzlei fortgesetzt. In dieser Woche soll die Vorentscheidung fallen, mit wem die SPD koalieren wird.

Doch nach den Speer-Papieren droht für 2010 erstmals in der Geschichte Brandenburgs ein verfassungswidriger Haushalt, das heißt, ein Verstoß gegen den Artikel 103 der Landesverfassung, nach dem neue Kredite in einem laufenden Jahr nicht größer als die eigenfinanzierten Investitionen sein dürfen. Geschieht dies dennoch, müsste die Platzeck-Regierung eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ erklären. Das hatten in der Vergangenheit auch der Bund und das Land Berlin getan. 2010, dem ersten Jahr der neuen Koalition, droht nach jetzigem Stand im 10,4-Milliardenhaushalt eine Lücke von 944 Millionen Euro. Dabei sind die Umsetzung von Wahlversprechen wie kleinere und damit teurere Kita-Gruppen, die alle Parteien – auch die SPD – im Wahlkampf gemacht haben, ebenso wenig eingerechnet wie Steuersenkungen der neuen Bundesregierung. Brandenburg muss also 2010 fast eine Milliarde Euro neue Schulden aufnehmen, die zulässige Verfassungsobergrenze liegt aber bei nur 895 Millionen Euro. Und das Land ist bereits mit 18,3 Milliarden Euro hoch verschuldet. Hauptgrund sind sinkende Steuereinnahmen, durch die Brandenburg 2010 nur 5,8 Milliarden Euro statt 6,4 Milliarden Euro wie im Finanzplan 2009 erwarten kann. Schon das laufende Jahr 2009 wird Brandenburg nach den Prognosen für den Haushaltsvollzug mit einem Defizit von 499 Millionen Euro abschließen. Bezahlt werden soll das mit Überschüssen aus 2008 und vom Parlament bewilligten, aber nicht abgerufenen Krediten, sonst käme das 500-Millionen-Defizit sogar zur Milliardenlücke 2010 noch dazu.

Welche Konsequenzen die drohende Finanzkrise auf die Koalitionsbildung hat, ist nicht absehbar. Linke und CDU sind aufgefordert, dazu für die heutigen Sondierungen Vorstellungen zu entwickeln.

Gleichwohl zeichnet sich ab, dass Brandenburg mit dem 2008 bereits einmal erreichten Ziel, ohne neue Kredite auszukommen, um Jahre zurückgeworfen ist. Mit Spannung wird daher erwartet, ob die künftige Koalition angesichts vieler Unwägbarkeiten überhaupt einen konkreten neuen Fahrplan für eine ausgeglichene Finanzwirtschaft, ein Datum für eine Null-Kreditaufnahme nennt. Insbesondere CDU-Fraktionschefin Saskia Funck steht für eisernes Sparen, SPD und Linke für behutsameres Vorgehen.

Aus den Finanzpapieren ergibt sich allerdings, dass kurzfristige Kürzungen kaum möglich sind: So wäre die Milliardenlücke 2010 nicht einmal geschlossen, wenn das Land die Zuschüsse für Kita-Betreuung (148 Millionen Euro), freie Schulen (101 Millionen Euro) oder Kultureinrichtungen (22 Millionen Euro) komplett streichen würde, was weder politisch gewollt, noch juristisch möglich ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false