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Landesumweltamt: Naturschützer außer Kontrolle

Staatsanwälte ermitteln, Bauern klagen – gegen das Landesumweltamt gibt es immer neue Vorwürfe. Abgeordnete fordern Aufklärung.

Von Sandra Dassler

Nach schweren Vorwürfen gegen einen Mitarbeiter des Landesumweltamtes prüft die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Zugleich fordern Politiker verschiedener Parteien eine Aufklärung des Sachverhalts. Wie berichtet hatte eine Praktikantin nach ihrem Einsatz in einem Schutzgebiet für Großtrappen im Havelländischen Luch mitgeteilt, dass ein Mitarbeiter zur Sicherheit der Trappenbrut auf streng geschützte Adler geschossen habe, um sie zu verschrecken. Außerdem soll er einem anderen Praktikanten sein Jagdgewehr gegeben und ihn aufgefordert haben, Füchse oder Dachse zum Schutz der Trappen zu erschießen. Obwohl der Praktikant weder Jagderlaubnis noch Waffenschein besaß, hatte er einen Fuchs erschossen.

Damit steht das Landesumweltamt zum wiederholten Male in den Negativschlagzeilen. Bereits seit Ende Juli sind im Havelland tausende Hektar Ackerfläche überschwemmt. Massive Ernteausfälle drohen. Die Landwirte machen dafür das Umweltamt verantwortlich: Es habe Entwässerungsgräben nicht ausreichend entkrautet, also von Pflanzen befreit, so dass das Wasser nicht ablaufen konnte. Viele Bauern bereiten Klagen gegen das Land wegen nicht ordnungsgemäßer Wasserbewirtschaftung vor. Der stellvertretende Staatssekretär im Umweltministerium, Ralf Andrä, sagte dazu, es gebe nächste Woche einen Termin mit Betroffenen.

Erst vor wenigen Wochen war ein weiterer Skandal durch den Tagesspiegel öffentlich geworden: Bei einem Gewässerausbau-Projekt im Spreewaldort Burg waren besonders geschützte, europaweit vom Aussterben bedrohte Bachmuscheln getötet worden. Die Cottbuser Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Mitarbeiter eines Unternehmens, die einen Spreewaldkanal der Gemeinde Burg ausbaggerten. Auftraggeber war das Landesumweltamt, das seiner Kontrollfunktion offenbar nicht nachkam.

Der Leiter des Amtes, Matthias Freude, hatte damals gesagt: „Das darf nicht wieder passieren.“ Zu den neuerlichen Vorwürfen wegen des schießwütigen Trappenfreundes und der Überschwemmungen im Havelland konnte sich Amtschef Freude bisher nicht äußern. Er befindet sich ebenso im Urlaub wie sein Dienstherr, Umweltminister Dietmar Woidke (SPD). Beide waren gestern nicht erreichbar. Das Landesumweltamt ist eine nachgeordnete Behörde des Ministeriums.

Im Land mehren sich derweil politische Stimmen, die die Aufklärung der ständigen Pannen und Vergehen fordern. Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Carolin Steinmetz-Mann, sagte: „Es ist unglaublich, dass wir davon nicht im Umweltausschuss unterrichtet wurden. Minister Woidke hat ständig mit Umstrukturierungen zu tun. Momentan hat man nicht den Eindruck, dass diese dazu führen, die Umwelt besser zu schützen.“ Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Dieter Dombrowski (CDU), ist anderer Meinung: „Der Minister hat es nicht einfach. Es gibt Leute in seinem Haus und auch im Landesumweltamt, die den Umweltschutz notfalls über die Gesetze stellen. Sie fühlen sich wie Partisanen und geben Umweltorganisationen sogar heimlich Tipps.“ Die grüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm meinte hingegen: „Es gibt im Ministerium offenbar Menschen, die Naturschutz als Störenfried sehen, und Herr Woidke hängt sein Fähnchen leider oft nach dem Wind. Sein Haus, in dem immer wieder Pannen passieren, hat er jedenfalls nicht im Griff.“

Ministeriumssprecher Andrä sagte dem Tagesspiegel, dass seine Behörde bereits Ende Juni von den Vorwürfen gegen den schießwütigen Trappenschützer erfahren habe. Das Landesumweltamt habe den Angestellten daraufhin sofort vom Dienst suspendiert. Ein Disziplinarverfahren sei allerdings nicht eingeleitet worden, da es sich bei dem Mann nicht um einen leitenden Angestellten handelt. Vielmehr sei der Mann allein für die Baitzer Außenstelle der Staatlichen Vogelschutzwarte Buckow zuständig gewesen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, sei dies als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zu werten. „So weit kann die Liebe zu einer wenn auch seltenen Tierart nicht gehen, dass man dafür Gesetze bricht“, sagte Andrä. Er wies zugleich weitere Vorwürfe gegen den Mann zurück. So stimme es nicht, dass dieser ein Rind illegal geschlachtet habe und das Fleisch von seiner Frau verkaufen ließ. Vielmehr habe ein Landwirt das Rind für ein Volksfest zur Verfügung gestellt. Der Beschuldigte habe durchaus die Berechtigung und Qualifikation zum Schlachten und zur Weiterverarbeitung besessen.

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den Praktikanten, der den Fuchs erschoss, inzwischen eingestellt. Man prüfe nun die Einleitung eines Verfahrens gegen den Umweltamtsmitarbeiter, sagte ein Sprecher. Sollte er tatsächlich den Praktikanten zum Schießen aufgefordert haben, sei dies ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

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