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Landgericht Potsdam: Prozess um Überfall auf Ermyas M. hat begonnen

Knapp zehn Monate nach dem folgenschweren Übergriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. hat die juristische Aufarbeitung begonnen. Der Anwalt des Opfers hält ein fremdenfeindliches Motiv für wahrscheinlich.

Potsdam - Vor dem Landgericht Potsdam wurde am Vormittag der Prozess gegen zwei Tatverdächtige eröffnet. Dem Hauptbeschuldigten Björn L. (29) wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Thomas M. (31) muss sich wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten. Das Opfer, der Deutsch-Äthiopier Ermyas M., wird die Verhandlungen als Zeuge verfolgen.

Hinweise auf ausländerfeindliches Motiv?

Der Anwalt von Ermyas M., Thomas Zippel, sagte kurz vor Beginn der Auftaktverhandlung, es gebe aus seiner Sicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein fremdenfeindliches Motiv. Zippel fügte hinzu, sein Mandant könne sich an die Ereignisse in der Nacht des Ostersonntag 2006 nicht wirklich erinnern, es gebe nur "diffuse Bilder". Der Opferanwalt geht davon aus, dass sich die Verhandlungen schwierig gestalten werden. Ermyas M. betonte vor Journalisten, es gehe ihm inzwischen wieder "sehr gut". Dem Prozessbeginn sehe er bewegt entgegen, er habe "keine Angst".

Von der Unschuld ihres Mandanten gehen hingegen die Anwälte des Hauptangeklagten Björn L. aus, Matthias Schöneburg und Karsten Beckmann. Diese Unschuld werde sich beweisen, das sei "völlig klar", fügten sie hinzu. Nach ihrer Auffassung gibt es "überhaupt keine Hinweise für eine ausländerfeindliche Motivation".

Laut Staatsanwaltschaft soll Ermyas M. nach einem Streit erfolglos versucht haben, Björn L. zu treten. Daraufhin habe ihn dieser mit der Faust heftig ins Gesicht geschlagen und dabei schwer verletzt. M. soll dem hilflos am Boden liegenden Opfer nicht geholfen haben. Zudem wird den beiden Männern aus Potsdam und Umgebung Beleidigung vorgeworfen. Sie sollen Ermyas M. als "Scheißnigger" beschimpft haben.

Ermyas M. lag Wochen im Koma

Der Deutsch-Äthiopier erlitt bei dem Angriff am Ostersonntag 2006 ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und einen Schädelbasisbruch. Er lag wochenlang im künstlichen Koma. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen und löste eine Debatte über Fremdenfeindlichkeit sowie so genannte No-Go-Areas aus. Unmittelbar nach dem Angriff waren die Ermittler zunächst von einem rassistisch motivierten Mordversuch ausgegangen. Der Vorwurf wurde später fallen gelassen. Das Opfer geht allerdings weiterhin von einer rassistisch motivierten Tat aus. Ermyas M. tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf.

Für den Prozess wurden bislang 62 Zeugen und sechs Sachverständige geladen. Als erster Zeuge soll am zweiten Prozesstag am Freitag Ermyas M. vernommen werden. Das Urteil ist Ende April zu erwarten. (tso/ddp)

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