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Landnahme: Parlament soll Enteignungs-Affäre aufklären

Ministerpräsident Platzeck verspricht Klarheit: Eine als "sittenwidrig" gerügte Landnahme soll aufgeklärt werden. Die Linke beantragt breits einen Untersuchungsausschuss.

In der Brandenburger Enteignungs-Affäre überschlagen sich die Ereignisse: Die Linkspartei wird einen Untersuchungsausschuss des Landtages beantragen, um die Hintergründe der jetzt vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügten Landnahme von 10 000 Bodenreform-Grundstücken durch die Landesregierung aufzuklären. Das kündigte Oppositionsführerin Kerstin Kaiser am Dienstag in Potsdam an. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der sich nach fast eineinhalb Wochen erstmals zu der Affäre äußerte, sprach von einem „legitimen Recht“ der Opposition. „Es ist politischer Schaden entstanden“, sagte Platzeck. „Wir müssen alles tun, um den Rechtsfrieden, den realen und den gefühlten, wiederherzustellen.“ Die Regierung wolle „Klarheit und alles offenlegen.“

Genau daran zweifelt die Opposition. Den Ausschlag für die Entscheidung der Linkspartei gab nach deren Angaben der Auftritt von Finanzminister Rainer Speer (SPD), der zuvor im Haushaltsausschuss dem Landtag Rede und Antwort gestanden hatte. Er habe das BGH-Urteil erneut „relativiert“, sich bei den Betroffenen nicht für die Praxis des Landes entschuldigt und die damaligen Entscheidungsabläufe nicht plausibel erläutern können, so die Opposition. Speer hatte im Ausschuss und anschließend vor Journalisten erklärt, dass die Entscheidung zur Inbesitznahme der Bodenreform-Grundstücke über gesetzliche Vertreter der Landkreise „allein auf Arbeitsebene“ im Finanzministerium in Abstimmung mit der Fachebene von Innen- und Justizministerium getroffen wurde. Die Prüfung disziplinarrechtlicher Konsequenzen lehnte Speer ab, bekräftigte aber: In keinem Ressort sei die Ministeriumsführung eingeschaltet worden. „Wenn es so war, dann wäre es noch schlimmer“, sagte Ralf Christoffers (Linke), Vorsitzender des Haushaltsausschusses. „Wir haben daran Zweifel.“ Der Opposition sei kein anderer Weg geblieben als ein Untersuchungsausschuss, dessen Vorsitz der SPD zusteht. Es ist der elfte seit 1990. Die Entscheidung fiel in der Linkspartei einstimmig. Christoffers kritisierte, dass die Landesregierung den Eindruck erweckt habe, als habe das Parlament die Enteignungspraxis gebilligt. „Weder der Landtag noch einer seiner Ausschüsse waren in irgendeiner Weise involviert, wie die Landesregierung die Grundstücksübertragung praktiziert hat“, erklärte Christoffers.

Die Koalitionsparteien übten Kritik an den Linken; die SPD scharf, die CDU – die zunächst selbst einen Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen hatte, eher verhalten. Zumindest sei so eine „langwierige und gründliche Aufklärung“ gesichert, sagte CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek. Der SPD-Finanzexperte Mike Bischoff nannte einen Untersuchungsausschuss „übereilt.“ Er koste Zeit und Geld und „werde zur Profilierung im Vorfeld von Wahlen genutzt“. In Brandenburg finden im Herbst 2008 Kommunalwahlen statt. Ein Jahr danach stehen Landtagswahlen an.

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