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Brandenburg: Launisch wie ein altes Weib

Der sommerliche Herbst könnte noch bleiben. Für das Wetter war 2006 ein Jahr der Extreme

Die Jahreszeiten gibt es jetzt im Doppelpack: nachts Herbst, tagsüber Sommer. Und wenn dann morgens das Thermometer auf acht, neun Grad abgesackt ist, im Laufe des Tages aber noch fast 30 erwartet werden, stehen viele ratlos vorm Kleiderschrank – wie sich rüsten für 20 Grad Temperaturunterschied?

Die kältesten Grade werden tatsächlich nicht vor, sondern erst zwei Stunden nach Sonnenaufgang gemessen, sagt Hans-Henning Zimmermann, technischer Sachbearbeiter am Meteorologischen Institut der FU. Derzeit gebe es außerdem täglich einen Abfall von 100 Prozent Luftfeuchtigkeit in der Nacht auf 30 bis 40 am Tag. In nass glänzenden Spinnweben wird dieser Unterschied zwischen Tag und Nacht sichtbar. Dass uns der Herbst längst eingeholt hat, verraten auch die Tiere. Die ersten nordischen Gänse aus dem 2000 Kilometer entfernten Nordeuropa beziehungsweise -russland sind schon gesichtet worden.

Der Altweibersommer könnte durchaus bis Mitte Oktober andauern. Verantwortlich ist ein sich stabil haltendes Hochdruckgebiet über Mitteleuropa, welches den normalen West-Ost-Fluss kühler Luftmassen verhindert und stattdessen deren Süd-Nord-Wanderung begünstigt.

Das Wetter scheint überhaupt unberechenbarer zu werden. Nach zwei verhaltenen Jahren überraschte der Megasommer 2006 mit über 30 Grad am Fließband, bevor sich im August schlagartig Ernüchterung breitmachte. Und nun wieder das. „Die Klimaerwärmung lässt sich zwar nicht wegreden, aber derartige Schwankungen hat es immer gegeben“, sagt Zimmermann. Die entsprechende Medienpräsenz sei früher einfach nicht so groß gewesen, um das ständig bewusst zu machen, und eine detaillierte Aufzeichnung gibt es erst seit etwa 100 Jahren.

Allerdings sieht Zimmermann einen Zusammenhang zwischen dem Endloswinter und der anschließenden Rekordhitze. Er hat sogar einen Vergleich parat: Auch der Winter 1946/47 schrieb Rekordkälte bis in den April hinein und wurde dann von einer Hitze bis September abgelöst. Dass die Blätter in diesem Jahr so früh anfingen zu fallen, liegt nach Ansicht der Experten daran, dass es zu trocken sei. Daran hätten auch die Regenfälle im August nichts ändern können, sagt Nabu-Referent Jens Scharon. „Besonders ausgetrocknete Erde kann das Wasser dann überhaupt nicht aufnehmen – es läuft einfach durch.“

Johanna Kuchling

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