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Brandenburg: Lebenslänglich für Ulrikes Mörder

Der Vergewaltiger und Mörder der zwölfjährigen Ulrike Brandt muss lebenslang ins Gefängnis. In ihrem gestern verkündeten Urteil befand die Schwurgerichtskammer den Angeklagten Stefan Jahn nicht nur für voll schuldfähig, sondern stellte außerdem die "besondere Schwere der Schuld" fest.

Der Vergewaltiger und Mörder der zwölfjährigen Ulrike Brandt muss lebenslang ins Gefängnis. In ihrem gestern verkündeten Urteil befand die Schwurgerichtskammer den Angeklagten Stefan Jahn nicht nur für voll schuldfähig, sondern stellte außerdem die "besondere Schwere der Schuld" fest. Damit kann Jahn nicht automatisch nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen werden. Das Strafmaß entspricht der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger hatten 15 Jahre beantragt. Ulrikes Eltern reagierten erleichtert auf das Urteil, betonten aber, dass es für die Verbrechen an ihrem Kind keine angemessene Strafe gebe. Ihr Anwalt Gregor Gysi hatte zusätzlich Sicherungsverwahrung gefordert, wofür das Frankfurter Landgericht aber keine rechtliche Voraussetzung sah. Jahns Verteidiger wollen noch über eine Revision entscheiden.

Nach bangem Warten geht um 9 Uhr 59 ein Ruck durch Kerstin Brandt: Ganz tief atmet sie auf, als die Vorsitzende Richterin die lebenslange Haftstrafe für Stefan Jahn verkündet und die besondere Schwere seiner Schuld hervorhebt. Im ersten Moment wirkt Ulrikes Mutter so gefasst wie sonst. Doch während der Urteilsbegründung hat sie Tränen in den Augen, ihre Hände liegen in denen ihres Mannes. Fast zwei Stunden erläutert die Vorsitzende Richterin Jutta Hecht das Urteil der drei Berufsrichter und zwei Schöffinnen, die die Verteidigung mit ihrer Strategie scheitern ließen, das Verhalten ihres Mandanten als Kette von unglücklichen Umständen und Kurzschlusshandlungen eines Betrunkenen darzustellen.

Das Gericht ist überzeugt, dass der 25-Jährige das radelnde Mädchen am 22. Februar auf einem Sandweg bei Eberswalde absichtlich angefahren hat, um sie sexuell zu missbrauchen. Entgegen seiner Darstellung habe er ihr nach dem Zusammenstoß nicht helfen wollen, sondern sie in sein zuvor gestohlenes Auto gezerrt, um sie an einen einsamen Ort bei Werneuchen zu bringen. Er sei "nicht nur brutal, sondern erbarmungslos" vorgegangen. Auch sein angebliches Tötungsmotiv sei unglaubwürdig: Ulrike habe sterben müssen, weil sie sonst zu einer Gefahr für ihren Vergewaltiger geworden wäre - und nicht, weil ihn ihr Weinen genervt habe. Und schon gar nicht, weil Jahn im Alkoholrausch die Selbstkontrolle verloren habe: Es sei zwar denkbar, dass er nicht nüchtern war, aber angesichts seines "beeindruckenden Erinnerungsvermögens, soweit er sich erinnern wollte", könne er nicht betrunken gewesen sein. Einmal, als es um Jahns von Gewalt und Enttäuschungen geprägte Kindheit geht, kommt die Vorsitzende auch auf die Plädoyers seiner Verteidiger zurück: Man könnte meinen, sie hätten von einer anderen Verhandlung geredet, sagt sie zur Aussage der Anwälte, wonach das Gericht sich möglicherweise nicht genug mit Jahns Persönlichkeit befasst habe.

Der Mörder präsentiert sich bei seiner Verurteilung wie an allen 13 Tagen zuvor: blütenweißes Hemd, Jeans, Turnschuhe. Apathisch lässt er den Kopf hängen und vermeidet jeden Blickkontakt mit Ulrikes Eltern, die immer wieder zu ihm schauen. Er erwidert nur den Blick der Vorsitzenden, als die ihm zum Abschied sagt: "Sie haben nicht nur Ulrikes Leben zerstört, sondern auch das ihrer Eltern und ihrer Schwester - zumindest für lange Zeit."

Um Ulrikes 14-jährige Schwester haben auch die Eltern Angst. Sie sei durch den Mord zum "einsamsten Kind der Welt" geworden, sagt Kerstin Brandt später auf die Frage, wie sie und ihre Tochter sich mit dem Weiterleben arrangiert hätten. Das sei jetzt das Allerschlimmste.

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