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Brandenburg: Leser ausspioniert ?

E-Mail-Affäre der CDU jetzt vor Gericht: Petke und Nelte wollen Bußgeld nicht akzeptieren

Potsdam - Die E-Mail-Affäre der Brandenburger Union hat ein juristisches Nachspiel: Der Ex-Generalsekretär und heutige Vizeparteichef Sven Petke und der frühere Landesgeschäftsführer Rico Nelte haben vor dem Potsdamer Amtsgericht am Mittwoch bestritten, das Leseverhalten von rund 2800 Abonnenten eines elektronischen Newsletters der Brandenburger CDU „individuell erfasst zu haben“. Petke und Nelte wehren sich gegen einen Bußgeldbescheid, den das Innenministerium in Höhe von jeweils 3800 Euro verhängt hatte, weil es Datenschutzverstöße als erwiesen ansah.

„Die Vorwürfe sind falsch“, sagte Petke in der Verhandlung. Konkret geht es um eine elektronische Parteizeitung, die die CDU damals an rund 2800 Mitglieder, Sympathisanten, aber auch Journalisten per E-Mail verschickte. Der damalige Internet-Dienstleister der CDU, Daniel Schoenland, hatte Ende August 2006 den Vorwurf erhoben, dass Petke und Nelte auf Listen konkret nachvollziehen konnten, welcher Abonnent welche Artikel des Newsletters angeklickt hatte – was Petke und Nelte gestern strikt verneinten. Das Dementi im Gerichtssaal steht allerdings im Widerspruch zu Erkenntnissen der damals von der CDU-Spitze eingesetzten Untersuchungskommission, an der zwei Experten des Landesamtes für Datenschutz mitwirkten. Sie sollen vom Gericht als Zeugen gehört werden, ebenso der damalige Internet-Dienstleister Schoenland. Auch gegenüber Medien hatten Petke und Nelte unmittelbar nach Bekanntwerden nicht bestritten, dass das individuelle Leseverhalten nachvollzogen werden konnte. Gestern erklärte Petke: „Ich habe so etwas nicht beauftragt. Ich habe davon nie Kenntnis gehabt.“ Er habe sich von Nelte lediglich unterrichten lassen, wie viel Prozent der Abonnenten den Newsletter gelesen hätten und welche Artikel gut ankamen und welche nicht. Auch Nelte verneinte ausdrücklich die Frage vom Richterin Reinhild Ahle, ob die technische Möglichkeit bestand, das individuelle Leseverhalten nachzuvollziehen.

Am ersten Verhandlungstag wurden noch keine Zeugen vernommen. Allerdings beantragte der Verteidiger Neltes, den heutigen Innenminister Jörg Schönbohm – damals noch CDU-Landeschef – als Zeugen zu laden. Man habe ihn regelmäßig über die Resonanz des Newsletters informiert, hieß es als Begründung. Eine Entscheidung, ob Schönbohm als Zeuge geladen wird, ließ Ahle offen.

Die E-Mail-Affäre hatte die CDU in eine tiefe Krise gestürzt. Petke gab aufgrund der Vorwürfe sein Amt als Generalsekretär auf. Nur einen Tag nach seinem Rücktritt bewarb er sich jedoch für den Landesvorsitz. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns konnte sich bei einem Parteitag im Januar 2007 nur knapp gegen Petke durchsetzen. Das Bußgeldverfahren wird am 28. Februar fortgesetzt. Thorsten Metzner

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