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Linke-Parteichef Thomas Nord: „Wir sind aufs Regieren vorbereitet“

Thomas Nord ist seit 2005 Landeschef der Linken und wurde direkt in den Bundestag gewählt. Mit dem Tagesspiegel sprach er über Rot-Rot.

Nach 20 Jahren Opposition in Brandenburg stehen die Linken vor dem Eintritt in die Regierung. Knallen in Ihrer Partei an der Basis die Sektkorken?


Nein, es gibt Grund zur Freude, aber wir wissen, dass dies vor allem harte Arbeit bedeutet, und zwar für die ganze Partei.

Vor der Wahl hat kaum jemand mit Rot-Rot gerechnet. Ist die Linke gerüstet?

Die Linke ist auf Regierungsverantwortung gut vorbereitet. Auch wenn man uns oft anderes unterstellt hat: Schon seit vielen Jahren sind wir an den Realitäten orientiert. Wir kennen das Land, seine Probleme, Möglichkeiten und Grenzen. Die gesamte Partei hat sich damit auseinandergesetzt, als wir unser Leitbild für Brandenburg entwickelt haben. Wir haben in Kenntnis der realen Lage ein Wahlprogramm entwickelt. Es gibt neue Herausforderungen, die so nicht absehbar waren, etwa das Ausmaß der Haushaltsprobleme in den kommenden Jahren.

Es gibt erste Proteste gegen drohende Einschnitte unter Rot-Rot, etwa bei der Polizei. Wo ist die Schmerzgrenze der Linken?

Es ist zu früh, sich dazu konkret zu äußern. Wir verhandeln ja erst. Die Linke geht davon aus, dass man auch unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen soziale Akzente setzen kann. Das hat schon Rot-Rot in Berlin gezeigt. Wir diskutieren mit den Sozialdemokraten darüber, wie wir dies in einer Koalitionsvereinbarung festhalten können.

Wo drohen die größten Konflikte?

Es ist kein Geheimnis, dass die Haushaltssituation des Landes unberechenbar ist. Es wird immer schwierig sein, die soziale Balance herzustellen. Das betrifft auch den öffentlichen Dienst, die Personalausstattung. Und Differenzen gibt es sicherlich auch weiterhin in der Energiepolitik.

Das Linke-Wahlprogramm weist 15 Schlüsselprojekte aus, vom öffentlichen Beschäftigungssektor bis zu kleineren Kita-Gruppen. Wie viel ist durchsetzbar?

Die Sondierungen mit der SPD haben ergeben, dass wir bei vielen dieser Forderungen im Grundsatz einig sind, Differenzen gab es beim Umfang, bei der Finanzierung, aber das ist normal. Das Maß an politischen Gemeinsamkeiten mit der SPD ist größer als man vermutet.

Fraktionschefin Kerstin Kaiser hat nach der erneuten Debatte um ihre Stasi-Verstrickungen auf ein Regierungsamt verzichtet. Wie waren die Reaktionen in der Partei?

Es gibt Respekt für Kerstin Kaiser, die ihre Person zurückgenommen hat, um Rot-Rot zu ermöglichen, und damit eine andere, sozialere Politik.

Ist Rot-Rot unter dem Ex-SPD-Bundesvorsitzenden Matthias Platzeck ein Signal für den Bund, für eine Entkrampfung des Verhältnisses zwischen SPD und Linkspartei?

Rot-Rot in Brandenburg kann ein Signal für den Bund sein – wenn wir erfolgreich Politik machen.

Regierungschef Platzeck hat seine Entscheidung als „etwas Normales in einer Demokratie“ bezeichnet. Warum war für die SPD die Zeit reif für Rot-Rot?

Ein immer größerer Teil der Brandenburger Bevölkerung will, das ist offenkundig ein Trend seit einigen Jahren, eine sozialere Politik. Die Linke ist, nach der absoluten Zahl der Stimmen, von Wahl zu Wahl stärker geworden. Wir wurden zur Kommunalwahl zweitstärkste Kraft, haben jetzt bei der Bundestagswahl die meisten Erst- und Zweitstimmen geholt. Und bei der Landtagswahl haben wir unser Ergebnis der Anti-Hartz-Protestwahl von 2004 halten können, obwohl wir mit dem klaren Regierungsanspruch in den Wahlkampf gezogen sind. Die Entscheidung der SPD ist nachvollziehbar und liegt im Interesse des Landes.

Das Gespräch führte Thorsten Metzner

Thomas Nord (51) ist seit 2005 Landeschef der Linken. Er wurde im Kreis Oder-Spree – trotz seiner früheren Tätigkeit als informeller Stasi-Mitarbeiter – direkt in den Bundestag gewählt.

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