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Brandenburg: Lügenmuseum ist pleite – nach Schwindelei

ABM-Mittel wurden unrechtmäßig eingesetzt. Jetzt fordert das Arbeitsamt 40000 Euro zurück

Gantikow. Die neueste Meldung aus dem Lügenmuseum Gantikow bei Kyritz ist keine Flunkerei: Der Trägerverein der in Deutschland einzigartigen Ausstellung hat wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. 40000 Euro verlangt das Arbeitsamt zurück, weil ABM-Gelder zu einem nicht erlaubten Zweck eingesetzt wurden. Sechs Beschäftigte des Vereins verloren ihren Job. Die drei verbliebenen Mitglieder halten das Haus zunächst weiter für Besucher offen.

Hinter den Mauern des Gantikower Gutshauses, wo das Kuriosiätenkabinett seit Mitte der 90er Jahren arbeitet, rumorte es seit langem. Die Besucher – jährlich fanden rund 10000 Neugierige den Weg in das abgelegene Prignitzdorf – spürten von den Streitereien jedoch kaum etwas. Sie sahen Merkwürdiges und Absonderliches wie die aus Haushaltsgeräten zusammengesetzte „Psychodelika Maschinka“ zur Simulierung des Weltbewusstseins, deren Einsatz 1989 zur politischen Wende im Osten und ein Jahr später zur Vereinigung der Niederländer und Holländer geführt habe. In anderen Räumen liegen das Ohr von Vincent van Gogh, ein fliegender Teppich oder die Mumie eines Hundes, die sich im Grab in eine Katze verwandelte. Nebenan steht ein Handwagen voller Orden und Wimpel, mit Leninbüste und Sandmännchen, den ein Dorf-Bürgermeister angeblich an jedem 1. Mai an den betrunken im Straßengraben liegenden Demonstranten vorbeizog. Auch das Sonnendeck der Titanic oder das Geburtszimmer von Willy Brandt hat der Verein um den zur alten Ost-Berliner Kunstszene gehörenden Reinhard Zabka zusammengetragen.

Doch im Herbst vergangenen Jahres begann ein heftiger Streit zwischen dem Zabka und dem Museums-Projektleiter S. Über Details schweigen die Beteiligten – aber S. klagte vor dem Arbeitsgericht Neuruppin gegen Zabka und verlangte wegen Mobbings Schmerzensgeld und Schadenersatz in Höhe von 30000 Euro. Das Gericht wies die Klage ab.

Nun teilte der Unterlegene dem zuständigen Arbeitsamt Neuruppin mit, dass die für den Betrieb des Museums bewilligten ABM-Gelder stattdessen für Bauarbeiten eingesetzt wurden. Doch im Interesse der örtlichen Wirtschaft durften die ABM-Beschäftigten des Vereins keine gewerblichen Arbeiten an der Heizung oder an der Fassade ausführen. „Das Lügenmuseum hat gelogen“, lautete der Vorwurf des Projektleiters. Das Arbeitsamt befragte die sechs ABM-Kräfte, und diese – ganz aufrichtig – bestätigten die Ausführung der unerlaubten Arbeiten. Die Konsequenz folgte am 4. Februar: Das Amt hob die ABM rückwirkend auf und forderte die 40000 Euro zurück.

Die Kassen des Museums aber sind leer. Die drei verbliebenen Vereinsmitglieder, darunter der Chef Reinhard Zabka, besitzen noch eine andere ABM-Stelle. Doch zwei Praktikantinnen erhalten keine Hilfe mehr.

„Wir haben gegen die Entscheidung des Arbeitsamtes Widerspruch eingelegt“, teilte der kaufmännische Leiter der Vereins, Bodo Wiska, mit. „Der Vorwurf, wir hätten die ABM-Kräfte vorwiegend mit Bauarbeiten beschäftigt, trifft nicht zu.“ Mit ihren Angaben vor dem Arbeitsamt hätten die ABM-Leute ein Eigentor geschossen. Es sei außerdem in Brandenburg nicht unüblich, dass mit Hilfe von ABM Kirchen repariert oder Wege gebaut würden. „Wir brauchten eben dringend eine neue Heizung“, erklärt Wiska.

Bis zur Prüfung der Ansprüche des Arbeitsamtes durch den Insolvenzverwalter kann das Museum noch täglich von 10 bis 18 Uhr besichtigt werden. Autofahrer zahlen drei Euro Eintritt, Radfahrer die Hälfte. Weitere Infos unter www.luegenmuseum.de

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