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Luftwaffenstützpunkt: Der Verteidigungsminister kämpft jetzt allein

Trotz der Rechnungshof-Kritik hält die Bundeswehr am Bombodrom fest. Über 15 Jahre sind laut Kritikerstimmen Steuergelder verschwendet worden.

Potsdam/Berlin - Ungeachtet der klaren Forderung des Bundesrechnungshofes, auf das umstrittene „Bombodrom“ bei Wittstock zu verzichten, hält das Bundesverteidigungsministerium an seinen Planungen für den Bombenabwurfplatz fest. Es gebe keine Alternative zu dem Luft-Boden-Schießplatz bei Wittstock, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag.

Doch der Druck aus Brandenburg und aus dem Bundestag wächst. Nach Tagesspiegel-Informationen wird sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages Anfang nächsten Jahres mit dem Thema befassen. Die Chefs der märkischen Bundestags-Landesgruppen von Union und SPD, Michael Stübgen und Peter Danckert, werden ebenfalls Anfang 2008 mit der Spitze des Verteidigungsministeriums über das Bombodrom beraten.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) forderte am Freitag die Bundeswehr auf, endlich auf den laut Rechnungshof unnötigen Übungsplatz zu verzichten. „Das Projekt ist nicht nur juristisch, sondern auch finanziell unsinnig“, sagte er. Dass das Ministerium trotz der Kritik an den Plänen festhalte, sei ihm völlig unverständlich.

Der Chef der CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Stübgen, forderte die Bundeswehr ebenfalls zum Verzicht auf: „Im Krieg ist es wichtig, nicht zu schnell den Rückzug anzutreten, aber wir sind hier nicht im Krieg. Das Ministerium muss die Zeichen der Zeit erkennen und sich für Entwicklungen offen zeigen“, sagte Stübgen. Sein SPD-Kollege Peter Danckert reagierte empört auf die Reaktion des Ministeriums: „Was die Bundeswehr hier macht – über mehr als 15 Jahre hinweg und mit 20 verlorenen Gerichtsverfahren – ist einfach skandalös; da werden Millionen an Steuergeldern für eine nun offensichtlich sinnlose Planung durch den Schornstein gejagt.“ Das Ministerium müsse auf den Bericht der obersten Rechnungsprüfer reagieren, „sonst können wir die Kontrollbehörde ja gleich abschaffen, wenn keiner auf sie hört.“

Wie Danckert sieht auch die brandenburgische Grünen-Abgeordnete Cornelia Behm die Chancen gestiegen, im Bundestag eine Mehrheit gegen das Bombodrom zu organisieren. „Dass mit dem Rechnungshof nun endlich eine politisch völlig unverdächtige Behörde all das, was wir seit Jahren sagen, bestätigt, ist ein großer Schritt“, erklärte Behm.

Die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann (Linke) sagte, der Rechnungshof habe mit der Feststellung, dass die Planungen der Luftwaffe veraltet und die anderen Übungsplätze nicht annähernd ausgelastet sind, „der Regierung nun ihr letztes, schwaches Argument aus der Hand genommen“.

Auch Brandenburgs Vizeregierungschef, Wirtschaftsminister und CDU-Vorsitzende Ulrich Junghanns appellierte an seinen Parteifreund, Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung, das Projekt jetzt abzublasen. Der Bericht des Bundesrechnungshofes „sei dafür ein Argument mehr“, so Junghanns. „Ich hoffe, das hilft dem Verteidigungsministerium bei der Entscheidung.“ Die Region im Nordwesten Brandenburgs brauche „endlich Klarheit“.

Ähnlich äußerten sich Politiker der Landtagsparteien von SPD-CDU-Koalition wie Links-Opposition. „Die Rechnungsprüfer haben den Militärs ins Stammbuch geschrieben, dass sie mit veralteten Zahlen arbeiten“, sagte SPD-Fraktionschef Günter Baaske. Die Chancen, das Bombodrom zu verhindern, seien nun deutlich gewachsen. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek forderte das Bundesverteidigungsministerium auf, Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen „und die Pläne fallen zu lassen“. Solche „Zeiträume für eine Entscheidung sind unzumutbar.“ Die märkische Union habe eine ganz klare Position: „Wir wollen den Truppenübungsplatz nicht.“

Der Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die Kläger gegen den Übungsplatz vertritt, bezeichnete den Bericht des Rechnunghofs an den Bundestag als „Todesurteil“ für den Bombenabwurfplatz.

Für die seit 1992 gegen das Bombodrom kämpfende Bürgerinitiative „Freie Heide“ ist die Kritik des Bundesrechnungshofes der bislang „überzeugendste Beweis“ für die Unsinnigkeit eines Übungsbetriebes. „Wir wollen unsere Arbeit selbst nicht unterschätzen“, sagte der Pfarrer und Sprecher der Bürgerbewegung, Benedikt Schirge. „Aber der Bundesrechnungshof besitzt schon ein größeres Gewicht.“

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