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© dpa-Zentralbild

Märkische Südsee: Tropical Islands wird fünf Jahre alt

Vor fünf Jahren öffnete "Tropical Islands". Nicht nur Landes- und Kommunalpolitiker waren skeptisch, als das Projekt am 19. Dezember 2004 in einer riesigen Industriehalle startete. Die Bilanz ist durchwachsen.

Brand – Die 250 Reisenden aus der Slowakei reiben sich nach mehr als zwölfstündiger Zugfahrt die Augen: Sie stehen auf dem heruntergekommenen Bahnhof der Ortschaft Brand, der so ganz und gar nicht auf die versprochene exotische Urlaubswelt einstimmt. Seit nunmehr genau fünf Jahren gelangt ein Großteil der Besucher von hier aus zur umsatzstärksten Brandenburger Touristenattraktion: „Tropical Islands“. 830 000 Gäste kommen jährlich hierher, davon 17 Prozent aus dem Ausland.

Nicht nur Landes- und Kommunalpolitiker waren skeptisch, als das Projekt am 19. Dezember 2004  in einer riesigen Industriehalle öffnete, die für den Bau von Luftschiffen errichtet worden war. Von einer „Luftnummer“, einem „Pleitekandidaten“, einer „Energieschleuder“ und „Größenwahnsinn“ war die Rede. Ungezählt sind die Wetten auf ein baldiges Ende der Idee mit großen Badebecken, Palmen und exotischen Shows. Viel zu weltfremd erschienen vor der Eröffnung die Visionen des Geschäftsmannes Colin Au aus dem fernen Malaysia. Allerdings liegen auch noch Welten zwischen den jetzigen und damals angepeilten Besucherzahlen: Jährlich 1,5 bis zwei Millionen Besucher wollte Au anlocken. „Im Umkreis leben 25 Millionen Menschen und der Flughafen Schönefeld mit seinen Billigfliegern liegt nur einen Steinwurf entfernt“, sagte der damals 52-jährige Tourismusexperte. Im Hinterzimmer einer Berliner Anwaltskanzlei präsentierte der unscheinbar wirkende Multimillionär im Sommer 2003 erstmals seine Pläne für die Halle, in der acht Fußballfelder Platz hätten. Der Eiffelturm würde liegend hineinpassen, die New Yorker Freiheitsstatue sogar stehend.

Zusammen mit dem Mischkonzern Tanjong, der sein Geld unter anderem mit Kraftwerken und Lotterien verdient, kaufte Colin Au das stählerne Monstrum für 17,5 Millionen Euro vom damaligen Insolvenzverwalter der pleitegegangenen Cargolifter AG. Die wollte einst hier riesige Luftschiffe für den Transport großer Lasten bauen. Das ganze Projekt soll aber nur eine „riesige PR-Maschinerie zum Geldeintreiben“ gewesen sei, wie Insolvenzverwalter Rolf-Dieter Mönning nach einem Blick in die Bücher feststellen musste. „Die Cargolifter AG war einfach ein potemkinsches Dorf“, sagte er im Oktober 2002 bei der Versteigerung des Inventars. „Auf dem Gelände waren zwar 600 Menschen physisch anwesend, aber wirklich geforscht und entwickelt hat nur eine kleine Kernmannschaft. Ich kann mir nicht erklären, was die anderen den ganzen Tag gemacht haben.“

72 000 Aktionäre trugen immerhin 307 Millionen Euro zusammen. 78 Millionen Euro kostete der Bau der Halle, wobei die Hälfte aus der Brandenburger Landeskasse stammte. Am Ende hatte das Bundeswirtschaftsministerium die Reißleine gezogen und alle Zahlungen gestoppt. Brandenburg blamierte sich und stand plötzlich mit einer nutzlos gewordenen Immobilie der Superlative da. Die verschlang allein schon durch Versicherungsprämien, Bewachung und Energie horrende Summen, so dass ernsthaft der Abriss erwogen wurde. Der Malaysier Colin Au erschien da buchstäblich als Retter, bei dem nach und nach 500 Menschen eine Arbeit fanden.

Allerdings machte der Geschäftsmann schwerwiegende Fehler. So starben fast alle Palmen, da ihnen das Sonnenlicht fehlte. Der graue Betonfußboden erinnerte genau wie die kühlen Temperaturen anfangs so gar nicht an die Tropen. Auch vom Plan, zwei 500-Betten-Hotels in der Halle zu bauen, musste er sich verabschieden. Großmütig verzichtete er anfangs auf Fördermittel, um später dann doch die ihm zustehenden 17 Millionen Euro anzunehmen.

Längst hat sich Colin Au aus dem aktuellen Geschäft zurückgezogen. Sein Nachfolger Ole Bested Hensing blickt heute zufrieden auf das Geschäft. „Unser Konzept kommt bei den Gästen an und wir freuen uns über einen kleinen operativen Gewinn“, sagt der Berliner. „Nahezu jede Nacht sind mehrere hundert Menschen aus ganz Europa bei uns zu Gast.“ Es könnten bald noch mehr werden, entstehen doch im Umfeld der Halle mindestens 400 Ferienhäuser. Das löste bei den Hoteliers in der Umgebung nicht gerade Euphorie aus, leben sie doch auch von den Gästen des Freizeitparks.

Der erscheint heute weit weniger tropisch als auf den ersten Plänen. Rutschen, das Wellnessareal, einen Kinderclub und nicht zuletzt das gastronomische Angebot gibt es woanders auch. Aber nicht in XXL. 

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