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Brandenburg: Maharishi-Bewegung: Landeerlaubnis für Yogi-Flieger in Fürstenberg?

Bisher hat der Aufschwung einen Bogen um die Kleinstadt nahe der Landesgrenze gemacht. Jetzt bahnt sich eine Investition an, die manche Bewohner ängstigt: Ausgerechnet die dubiose Maharishi-Bewegung will sich in der Röblinsee-Siedlung niederlassen.

Bisher hat der Aufschwung einen Bogen um die Kleinstadt nahe der Landesgrenze gemacht. Jetzt bahnt sich eine Investition an, die manche Bewohner ängstigt: Ausgerechnet die dubiose Maharishi-Bewegung will sich in der Röblinsee-Siedlung niederlassen. Hier soll meditiert werden, bis die "Yogis" fliegen.

Die weltweit aktive Maharishi-Bewegung plant den Bau eines Stadtteils mit Nobelhotel, Schulungszentrum für transzendentale Meditation (TM) und bis zu 50 Wohnhäusern. Eine Bürgerinitiative namens "Fürstenberg ohne Psychosekte" versucht, die etwa 60 Millionen Mark schwere Investition zu verhindern. Angelika Mendler von der Initiative ist zuversichtlich, dass das Projekt gekippt werden kann: Bisher hätten sich schon fast zweihundert Bürger bei ihr gemeldet. Auch seien zurzeit keine Aktivitäten der Maharishis zu bemerken. Allerdings fürchtet Mendler, dass die Bewegung die notwendige Zustimmung der Stadtverordneten während des Sommerlochs einholen könnte, wenn die Gegner im Urlaub sind. Während drei der 14 Kommunalvertreter in der Bürgerinitiative seien, herrsche über die Position der anderen Unklarheit. Die Entscheidung der Stadtverordneten beschränkt sich formal auf den Verkauf eines Grundstückes, auf dem sich die Maharishis dann niederlassen könnten.

Für den Fall eines Votums für den Verkauf kündigt Mendler ein Bürgerbegehren an. Dafür müssten binnen sechs Wochen 400 Unterschriften gesammelt werden. Das wäre nach Mendlers Ansicht kein Problem.

Allerdings sind viele der rund 4000 Fürstenberger nicht grundsätzlich gegen die Religionsgemeinschaft: Der Rechtsanwalt Wolfgang Waldorf vom örtlichen Gewerbeverein etwa "weiß nicht, ob der Begriff Sekte hilfreich ist". Schließlich sei jeder selbst dafür verantwortlich, "wofür er sein Geld rausschmeißt": der eine am Neuen Markt, der andere für TM-Kurse. Der Gewerbeverein sei "nicht Hurra dafür, aber für eine vorbehaltlose Prüfung" der Maharishi-Ansiedlung. Deshalb organisiert Waldorf auch gerade eine Busfahrt ins holländische Lelystad, wo sich der Psycho-Verein schon vor längerer Zeit etabliert hat. Bisher gebe es knapp zwanzig Interessenten auf der Anmeldungsliste, aber "wir wollen den Bus voll kriegen". Der Bus hat 35 Plätze, und auf manchen davon sähe der Gewerbeverein gern Aktivisten aus der Bürgerinitiative, damit diese ihre jetzigen Vorurteile gegen die Erfahrungen der Reise eintauschen könnten. Zumindest Angelika Mendler plant allerdings keine Reservierung, denn "das können wir uns klemmen, weil die übers Wochenende fahren wollen, wenn sämtliche Behörden geschlossen sind." Außerdem habe Lelystad rund 70 000 Einwohner und sei folglich nicht annähernd mit Fürstenberg vergleichbar.

Eine "feindliche Übernahme" Fürstenbergs durch die Maharishi-Anhänger fürchtet auch Pfarrer Thomas Gandow, der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Die ursprünglich kursierende Zahl von bis zu 7000 Meditierern hält auch er vorläufig für unrealistisch, "aber selbst wenn die mit vierhundert Leuten kämen, hätten sie bald einen Sitz in der Stadtverordnetenversammlung." Gandow fürchtet, dass die Bewegung "eine maharishimäßig befreite Zone" schaffen könnte. Neben der geistigen Beeinflussung und finanziellen Ausbeutung der Maharishi-Jünger sieht der Sektenbeauftragte die Gefahr, dass die Bewegung dem ohnehin gebeutelten Fürstenberg großen wirtschaftlichen Schaden zufügen könnte. Einerseits, weil auch die meisten anderen Zentren der Maharishis in Europa vor sich hindümpelten. Andererseits, weil die Bewegung erst im vergangenen Jahr ein Meditationszentrum mitsamt Wellness-Hotel im nahe gelegenen Rheinsberg errichten wollte: "Dort saß nur noch der Korken auf der Thermalquelle." Glücklicherweise sei kurz nach dem Rückzug der Maharishis ein seriöser Investor gekommen, um die Quelle sprudeln zu lassen.

Gandow sorgt sich auch darum, dass sich das Land Brandenburg von der Aussicht auf die große Investition in Fürstenberg blenden lassen könnte: Der für Kirchen- und Religionsgemeinschaften zuständige Referent im Potsdamer Kultusministerium habe "totalen Quark" über den angeblich ungefährlichen Maharishi-Kult geäußert.

Wolfgang Waldorf vom Gewerbeverein fürchtet angesichts solcher Äußerungen um den Frieden in der Stadt. In der vehementen Ablehnung der Maharishis sieht er eine Form von Fremdenfeindlichkeit: "Viele brave Spießbürger meinen, die haben hier nichts zu suchen und sollen bleiben, wo sie sind." Pfarrer Gandow dagegen betrachtet das Thema Fremdenfeindlichkeit aus einer ganz anderen Perspektive. Er erinnert daran, dass dem Fürstenberger Ortsteil Ravensbrück noch immer ein Stigma des Nationalsozialismus anhafte: Dort hatten die Nazis ein riesiges Frauen-KZ errichtet. An diesem Ort sollte sich keine totalitäre Sekte niederlassen.

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