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Nebenan das Rathaus. Die alte Post an der Kloster- Ecke Ruhlebener Straße.

© André Görke

Altes Postgebäude in Berlin-Spandau: Vage Hoffnung auf Abriss des Schandflecks

Für die Ruine des Postgebäudes am Rande der Spandauer Altstadt könnte sich ein Ende abzeichnen. Aber das Vorkaufsrecht eines potentiellen Investors läuft in diesem Monat aus.

Wer aus südlicher Richtung auf die malerische Spandauer Altstadt zusteuert, wird erst einmal mit einer Ruine konfrontiert. Und das seit mehr als zwei Jahrzehnten. Das ehemalige Postamt an der Klosterstraße gammelt weiter vor sich hin, Bezirksamt und Senat scheinen machtlos. Jetzt gibt es vage Hoffnung auf ein Ende des Schandflecks.
Am der schmuddeligen Fassade prangt noch schwarz auf gelb das Posthorn. Die großen Scheiben der Schalterhalle sind mit Holzplatten vernagelt, auf denen sich mittlerweile Generationen von Graffiti-Künstlern verewigt haben. „Postamt Bln 20, Klosterstrasse 38-42“, steht es noch weiß auf rot über den einstigen Eingängen. Auch der gelbe Aufkleber mit dem Hinweis „Wir sind umgezogen“ hat die Jahrzehnte überstanden. Die Fensterscheiben der darüber liegenden Etagen sind zerstört oder beschmiert.

Zufahrten sind gesperrt

Stahlseile sind über die beiden Zufahrten gespannt, die von der Klosterstraße und vom Stabholzgarten – unter der Bahntrasse hindurch – zum einstigen Parkplatz führen. Überall Schilder mit dem Hinweis: „Privatgelände – Ab 01.12.2009 wird dieses Gelände gesperrt und videoüberwacht. Abgestellte Fahrzeuge lassen wir kostenpflichtig abschleppen. Der Eigentümer.“ Den Besitzer eines Golfs mit polnischem Kennzeichen hat das alles nicht abschrecken können. Nach den Kameras sucht man ohnehin vergeblich. 1980 hatte die damalige Bundespost das schicke neue Amt für Spandau errichtet. Rund 21 Millionen D-Mark ließ man sich das Gebäude mit der großen Schalterhalle kosten.

1995 wurde das Gelände erstmals verkauft

14 Jahre später wurde die Postbehörde privatisiert. Der neue Trend ging hin zu kleineren Filialen, die Spandauer „Hauptpost“ wurde geschlossen. 1995 kaufte eine Schweizer Immobiliengruppe das Grundstück. Geplant waren ein Einkaufs- und Freizeitzentrum, das mit den gegenüber geplanten Spandau Arcaden korrespondieren sollte, sowie bis zu 100 Wohnungen. Ein Tunnel sollte zum neuen Spandauer Fernbahnhof führen. Das Projekt scheiterte, weil der Bezirk die Verkaufsfläche begrenzte, um keine Konkurrenz für die Arcaden zu schaffen. 1997 ging der Bahnhof in Betrieb, das leere Postamt zeigte erste Verfallserscheinungen. Anfang 2000 erschien dann rechtzeitig zu Baubeginn der Arcaden eine neue Immobiliengruppe auf dem Plan. Im Juli wurden die Pläne für den „Spandauer City-Hafen“ mit geringen Handelsflächen Wohnungen, Büros, Gaststätten, einem Hotelhochhaus und einer Marina vor. Verschiedene Investoren wollten dafür rund 200 Millionen D-Mark locker machen. Auch daraus wurde nichts. Am 1. November 2001 eröffneten die Spandau Arcaden, das Postamt verfiel weiter. Neue Hoffnung keimte auf, als vor einigen Jahren ein Holländer - Mitglied der Besitzerfamilie einer Autohauskette - das Gelände ohne Rücktrittsoption erwarb. Doch auch seitdem ist nichts geschehen. Der Niederländer hat offenkundig keine eigenen Bauabsichten und ein Weiterverkauf an Investoren, die das Postamt abreißen und das Gelände entwickeln wollen, scheiterte dem Vernehmen nach bisher an den finanziellen Vorstellungen des Eigentümers.

Bezirk sieht keine Chance für Zwangsmaßnahmen

Dem Bezirk sind die Hände gebunden, bedauert Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsstadtrat Carsten Röding (CDU). Bereits 2013 hatte es einen Vorstoß des Spandauer Bundestagsabgeordneten Kai Wegner (CDU) gegeben, den Besitzer zumindest zum Abriss der Ruine zu verpflichten. Als Grundlage sollte die Tatsache dienen, dass das Postamt am Rande des Sanierungsgebietes Wilhelmstadt steht. Doch der damalige Stadtentwicklungssenator und heutige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) winkte ab. Nach Ansicht seiner Verwaltung wäre eine solche Ordnungsmaßnahme angesichts der auf rund eineinhalb Millionen Euro geschätzten Abrisskosten unverhältnismäßig, ließ man den Bezirk wissen. Zwar könne man im Sanierungsgebiet die Beseitigung kleinerer städtebaulicher Missstände einfordern, bei dieser Größenordnung wäre es aber nur mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand gegangen, zu der man nicht bereit war. „So können wir gar keine Zwangsmaßnahmen einleiten“, so Carsten Röding. Raed Saleh, Spandauer Kreisvorsitzender und Fraktionschef der Berliner SPD, erwägt dennoch einen Vorstoß im Abgeordnetenhaus. Wenn es weiterhin nicht voran geht mit der Brache und der Eigentümer kein Entgegenkommen zeigt, will er versuchen, das Grundstück enteignen zu lassen. Dafür gebe es in Berlin zwei Präzedenzfälle, so Saleh.

Hoffnung auf verlässlichen Investor

Bis zum Monatsende gibt es allerdings noch Hoffnung. Dann läuft eine exklusive Option aus, die ein Interessent auf den Erwerb des Grundstückes hält, heißt es im Spandauer Rathaus. Bis dahin will man abwarten, ob sich etwas bewegt. 2013 hatte der Bezirk erklärt, dass ein entsprechender Bebauungsplan binnen eines Jahres bearbeitet wird, wenn ein verlässlicher Investor ein nach Spandau passendes Konzept vorlegt. Einen Hotelturm, der das Rathaus überragt, wird es auf dem Postgelände auf jeden Fall ebenso wenig geben wie ein weiteres Einkaufszentrum. „Andere dürfen nicht geschädigt werde, es muss etwas Ergänzendes sein“, sagt Stadtrat Röding. Diese Entwicklung werde man über die Größenordnung steuern. Vorstellbar seien ein Hotel oder Boardinghouse, Ferienwohnungen, kleinteiliger Handel und auch ein Anteil von Wohnungen, auf die richtige Durchmischung und Lebendigkeit komme es an.

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