zum Hauptinhalt
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Karneval wird in Berlin nicht als „kulturell bedeutsam“ eingestuft. Doch am Sonntag werden wieder hunderttausend Zuschauer erwartet.

© picture alliance / dpa

Karneval in Berlin: Wider den preußischen Ernst

Kein Konfetti, keine Fernsehübertragung, kein Lärm – doch echte Narren lassen sich ihren Karneval auch in Berlin nicht vermiesen. Ab Sonntag wird gefeiert, unter anderem beim großen Umzug in der City West. Hier erfahren Sie, wo und wann Sie dabei sein können.

Wohl keinem wäre in den Sinn gekommen, dass die momentan nur zu ahnende grüne Zierde auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms einmal zum Problem werden könnte. Doch für die Route des Berliner Karnevalsumzugs hätte die Bepflanzung fast das Aus bedeutet. „Der Senat befürchtete, dass wir die Pflanzen beschädigen könnten“, sagt Edmund Braun, Präsident des Festkomitees Berliner Karneval. Glücklicherweise haben sich Komitee und Senat geeinigt: Nach Abschluss einer Zusatzversicherung darf die Parade nun wie geplant auf der knapp vier Kilometer langen Strecke durch die City West ziehen.

Los geht es am Sonntag, natürlich um 11 Uhr 11, am Steinplatz; an die 50 Wagen und gut 2000 Narren werden dann die Joachimstaler Straße entlangziehen, den Kurfürstendamm einmal rauf und wieder runter bis zur Tauentzienstraße. Mehrere hunderttausend Zuschauer werden erwartet.

Als Alternative war die Straße des 17. Juni im Gespräch. Für die Berliner Karnevalisten sei das aber keine Option gewesen, sagt Walter Kessin, Vorsitzender des Karnevalsverbands Berlin-Brandenburg. Schließlich lebt so ein Umzug von seiner Route mitten durch die Stadt und von dem Publikum, das am Straßenrand steht. „Dann hätten wir ja gleich nach Schönefeld gehen können, da ist genug Platz“, spöttelt Kessin.

Der Ort hätte zumindest thematisch gepasst: Diesjähriges Motto ist „BERlin – Hei-Jo! Wir starten durch“. Das wird so manche der 50 teilnehmenden Karnevalsgruppen sicherlich zum Anlass nehmen, das Flughafen-Desaster durch den Kakao zu ziehen.

Dieses Mal wird es wohl nicht ganz so voll wie in den Jahren zuvor, vermutet Edmund Braun vom Festkomitee: „Wir rechnen mit 25 Prozent weniger Teilnehmern als im letzten Jahr.“ Einige Vereine bleiben wegen der seit dem letzten Jahr geltenden Lärmschutzregelung fern, ihnen ist die Obergrenze von 75 Dezibel schlichtweg zu leise. Dabei hat der Senat die Grenze gegenüber 2012 schon um fünf Dezibel erhöht.

„Die leisere Musik dämpft die Stimmung natürlich“, sagt Beate Pelzer, Vorsitzende der „Roten Funken“. Auch sei die Lärmregulierung für ihre Funkenmariechen problematisch: „Die können beim Tanzen die Musik gar nicht richtig hören.“ Aber nicht teilzunehmen kommt für die „Roten Funken“ nicht infrage, schließlich ist der 1970 gegründete Verein seit dem ersten Berliner Karnevalsumzug im Jahr 2000 mit dabei.

Bereits im letzten Jahr hatte die Lärmregulierung Empörung ausgelöst. Nur als „kulturell bedeutsam“ eingestufte Veranstaltungen, darunter der Karneval der Kulturen und der Christopher Street Day, erhalten die Genehmigung für eine erhöhte Lautstärke. „Schade, dass der Regierende Bürgermeister kein Karnevalfan ist“, sagt Edmund Braun. Fürs nächste Jahr will er aber wieder Anträge stellen, vielleicht sitzt dann jemand mit mehr Sinn fürs Karnevalstreiben in der Verwaltung. „Wir machen das ja nicht nur für uns, sondern für alle Berliner“, beteuert der Präsident des Festkomitees. „Das ist eine kostenlose Veranstaltung, jeder kann kommen und mal für zwei Stunden seine Sorgen vergessen.“ Die Kosten von gut 40 000 Euro für den Umzug tragen die Vereine selbst, von der Stadt gibt es keine finanzielle Unterstützung.

Konfetti wird wie in den Vorjahren nicht geworfen. „Die Beseitigung wäre zu teuer und zu mühsam, gerade bei Schnee oder Regen“, erklärt Braun. Wenigstens an Kamelle wird in diesem Jahr nicht gespart: 50 Tonnen Bonbons liegen bereit.

Zum ersten Mal aber wird der Karnevalsumzug diesmal nicht vom RBB gezeigt – wegen zu geringer Zuschauerquote. Dabei sei er 2011 wegen der Übertragung extra um eine Woche vorverlegt worden, klagt der Brandenburger Karnevalsmann Walter Kessin: „Damit er sich nicht mit der Übertragung des populären Cottbuser Karnevalsumzugs überschneidet.“ Seither findet der Berliner Umzug als einziger eine Woche vor Auftakt der regulären Karnevalssause statt.

Der Hauptstadt-Karneval hat’s also immer noch nicht leicht. Dabei kommt der Berliner Narrenruf „Hei-Jo!“ von Heiterkeit und Jokus. Barbara Pelzer, eine der wenigen weiblichen Vorsitzenden von Karnevalsvereinen in Berlin, verrät, dass der Wagen ihrer „Roten Funken“ nicht nur den verkorksten Großflughafen, sondern auch Herthas Abstieg auf die Schippe nehmen wird. Mit etwas Humor lässt sich eben vieles besser ertragen.

Weiterfeiern nach dem Umzug: Hier gibt's die Termine

AFTER-ZUGS-PARTY

Für alle, die nach dem Umzug erst so richtig loslegen wollen: Die After-Faschingszug-Party startet in der Universal Hall, Gotzkowskystraße 22 in Moabit, am Sonntag, 15 Uhr (11 Euro, www.universalhall.de).

BERLINER REPUBLIK

Im Lokal am Schiffbauerdamm 16 in Mitte fließt das Kölsch, legt DJ Andy aus dem Rheinland auf, tanzen die Jecken. Und zwar am 7. Februar, 11.11 Uhr, und am 11. Februar, 15 Uhr. Wer vor 15 Uhr kostümiert kommt, hat freien Eintritt, danach kostet es 7,50 Euro (www.die-berliner-republik.de).

GAFFEL-HAUS

Hier locken Kölle Alaaf und Schunkelalarm bei Kölsch und Musik von Karnevals-DJ Stefan. Am Rosenmontag wird der Kölner Karnevalsumzug live übertragen. Gefeiert wird am 9. Februar, 19.11 Uhr, und am 11. Februar, 10.11 Uhr, und zwar in der Dorotheenstraße 65 in Mitte (5 Euro, www.gaffel-haus-berlin.de).

STÄNDIGE VERTRETUNG

Loss mer singe! Wer die besten Karnevalshits mitgrölen will, ist bei den Partys der „StaeV“ richtig. Aus Platzgründen finden sie seit einigen Jahren nicht mehr in Mitte, sondern im Soda-Club der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97 in Prenzlauer Berg, statt – und zwar am 7. Februar, 11.11 Uhr, und am 11. Februar, 17 Uhr. (10 Euro, Vorverkauf über die Ständige Vertretung, Tel.: 2823 965; www.staev.de/e/berlin- mitte).

BRAUHAUS IN SPANDAU

Ausnahmezustand zur Weiberfastnacht: Hier wird nach Berliner Karnevalstradition mit hauseigenem Spandauer Havelbräu und Schlager-Disco-Partyhits gefeiert – am 7. Februar, 19 Uhr, in der Neuendorfer Straße 1 (11,11 Euro, www.brauhaus-spandau.de).

NARRENKAPPE

Zur Weiberfastnacht bittet die Karnevalsgesellschaft Narrenkappe am 7. Februar, 15 Uhr, im Restaurant Villa Felice, Schulzendorfer Straße 3 in Heiligensee (19,50 Euro, Reservierung: Tel.: 2027 5673; www.narrenkappe-berlin.de).

Zur Startseite