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Erst war Klaus Wowereit BER-Chefaufseher, jetzt soll es Matthias Platzeck richten. Kann das klappen?

© dpa

Flughafen BER: Politiker sind keine Manager

„Wir können alles, sogar Flughäfen bauen!“ Dieses Credo der BER-Aufseher ist nicht länger zu halten. Das Gremium braucht mehr erfahrene Manager und weniger Politiker. Das wäre ein neuer Anfang - und eine weise Entscheidung.

Klaus Wowereit hat, bei aller Kritik und bei allen Zweifeln an seiner Zukunft als Regierender Bürgermeister, gerade jetzt auch Anerkennung verdient: Er hat nämlich zugegeben, eine Aufgabe nicht mehr lösen zu können. Damit macht er endlich den Weg frei für einen neuen Anfang auf jener Baustelle, die mal ein Flughafen werden soll.

„Wurde auch Zeit“, wird das Steuern zahlende Publikum murren. Es hat recht – und trotzdem ist Wowereits Verzicht auf den Chefposten im Flughafen-Aufsichtsrat nicht aller, aber wenigstens einiger Ehren wert. Welcher Politiker gibt schon, außer beim vollständigen Rückzug von der Bühne, zu, versagt zu haben? Und das, immerhin, hat Wowereit eingestanden: dass er als Chef eines Aufsichtsrats mit der Kontrolle eines komplexen Vorgangs überfordert war.

Gewiss wirft die Entwicklung erst mal Fragen auf, die zum politischen Normalbetrieb gehören: Wird Wowereit den halben Rückzug überstehen? Was qualifiziert Matthias Platzeck, seinen Aufsichtsratskollegen, dazu, die Desaster-Baustelle und das Geschehen darauf besser zu durchschauen als sein gescheiterter Politikerkollege? Platzecks Fähigkeiten als Krisenmanager sind bekannt und bewiesen, und dass der Brandenburger Ministerpräsident (jedenfalls öffentlich) nicht zum Hochmut oder zur Selbstüberschätzung neigt, spricht ebenfalls für ihn.

Videoumfrage zum BER-Debakel:

Doch wird Platzeck gerade am Scheitern des Berliner Regierenden Bürgermeisters womöglich auch eigene Grenzen erkannt haben. Auch das wäre etwas Neues in der eher tristen Geschichte des Politikerversagens in Aufsichtsräten, zu der allein in der Geschichte des Berliner Flughafenbaus interessante Beispiele zu finden sind. Und nicht nur da.

Sicher ist: So, wie kaum ein Politiker die Zusammenhänge auf den Finanzmärkten einfach erklären kann, so dürften die meisten auch mit den Spitzenprodukten der heimischen Ingenieurskunst, etwa Brandschutzanlagen, inhaltlich überfordert sein – ebenso wie das Publikum. Wowereit hat zugegeben, dass ihm der Überblick abhanden kam – Platzecks Chance liegt nun darin, gar nicht erst so zu tun, als wäre er das Über-Ich des phänomenalen Flughafenmanagers Rainer Schwarz und geböte über die Fähigkeit, Schwarz’sche Versprechen und Terminangaben sachlich, logisch und psychologisch als richtig oder falsch zu erkennen.

Zumal das alles, jedenfalls dem Gesetz nach, nicht allein Sache des Aufsichtsratsvorsitzenden ist: „Der Aufsichtsrat“ – nicht nur der Chef – habe die Geschäftsführung zu überwachen, heißt es dort, und ebendas könnte der Anfang eines neuen Anfangs werden: das Eingeständnis der Politiker im Aufsichtsrat, dass ihr „Wir können alles, sogar Flughäfen bauen!“ nicht zu halten ist. Platzeck, für den das Projekt „BER“ weit weniger als für Wowereit das Versprechen seiner Karriere, die zauberhafte Jobmaschine für die Hartz-IV-Metropole, darstellt, findet hier womöglich eher den richtigen Ton – und einen Weg.

Es darf nicht mehr länger darum gehen, ob dieser Flughafen in spe als „Berliner“ Großprojekt die Stadt oder die Region oder die politische Landesliga der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Ob Wowereit den Flughafen noch als Politiker eröffnen oder nur zum Abflug in den Golfurlaub in Pebble Beach nutzen wird, ist unwichtig. Politiker sind keine Manager – umso mehr müssen sie etwas von der Verantwortung für das Ganze verstehen. „Das Ganze“ ist, in diesem Zusammenhang, dass die Bürger schon gern erkennen würden, wozu und wie lange noch Vertreter zweier Landes- und einer Bundesregierung mit nachgerade mechanischem Nicken immer neue Eurosummen nach Schönefeld pumpen wollen.

Anders gesagt: Wenn Platzeck in einem vertraulichen Gespräch mit dem per Staatssekretär im Aufsichtsrat vertretenen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und vielleicht auch dem Berliner Kollegen Frank Henkel zu dem Ergebnis kommt, man brauche mehr erfahrene Manager in dem Gremium und weniger Politiker, wäre das der neue Anfang. Und eine politische Entscheidung, die man fast weise nennen möchte.

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