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Politiker und Steuerräder: Mir nach! Nein, mir! Nein, mir!

Was für eine lustige Idee: einem frisch ins Amt gewählten Politiker ein Steuerrad zu schenken. Glauben zumindest manche Parteitagsstrategen. Aber leider ist der Einfall nicht ganz neu. Eine Glosse.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Große Seefahrer waren die Osmanen nicht, aber es gibt ein türkisches Sprichwort, das die Lage auf hoher See gut trifft: „Zwei Kapitäne bringen ein Schiff zum Sinken.“ Daraus spricht eine gewisse Lebenserfahrung auf schwankendem Boden, wobei die Frage offenbleibt, was passiert, wenn drei Kapitäne an Bord sind.

Mit diesem Problem müssen wir uns jetzt in Berlin herumschlagen, seitdem auch der künftige Regierende Bürgermeister Michael Müller über ein Steuerrad verfügt. Ein rotes Exemplar, natürlich, das ihm seine SPD auf dem Parteitag am Sonnabend schenkte. Nun ist es so, dass Innensenator Frank Henkel seit seiner Wahl zum CDU-Landeschef 2008 an einem ähnlichen Rad dreht, schweres Holz, wahrscheinlich Mahagoni. Und damit nicht genug. Drei Jahre später beschenkten sich die Berliner Grünen selbst mit zwei halben Steuerrädern, die bei einem Festakt feierlich zusammengefügt wurden – als Symbol für die neue Einheit von Partei und Fraktion. Über die Farbe müssen wir nicht reden.

Aber über die Frage, wer den Kurs in Zukunft hält. Bis 2016 mitte-links, wie Müller gern möchte, oder doch ein bisserl mehr rechts, was Henkel lieb wäre. Und wohin geht’s nach der Wahl, wenn die Grünen mitsteuern sollten? Politiker sagen gern, wir sitzen alle in einem Boot. Oh, lieber nicht. Jedenfalls in keiner Schaluppe, in der jeder sein eigenes Spielzeug für die Kursgestaltung hat. In stürmischer See führt das in der Regel zu einem fröhlichen Schiffe versenken. Da loben wir uns die pragmatischen Jungsozialisten, die dem Parteifreund und neuen Kapitän Müller auch etwas schenkten: einen Rettungsring.

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