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Eine Torte zum Weltfrauentag gab es von den Grünen am Donnerstag im Abgeordnetenhaus in Berlin für die Parlamentarier.

© dpa

Reaktionen auf Piraten-Umfrage: "Chauvis gibt es überall"

Die Piraten haben die innerparteiliche Geschlechterdebatte mit Umfragedaten unterfüttert und wollen damit andere Parteien inspirieren. Manche der Angesprochenen sind selbstkritisch - und andere sicher, schon einen Schritt weiter zu sein als die Piraten.

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„Sexismus ist ein Problem in der Piratenpartei“ – zu diesem Ergebnis kommt, wie berichtet, eine Umfrage der Piratenpartei zur innerparteilichen Gleichberechtigung und Geschlechterdebatte. Bei der Vorstellung der Ergebnisse am Donnerstag richteten die Initiatorinnen einen Appell an andere Parteien, die Befragung als Anregung aufzugreifen. Julia Schramm, Aktivistin aus Berlin, sagte, es gehe nicht nur um die Piraten, sondern um die Frage: „Warum sitzen in Parlamenten nur mittelalte, weiße Juristen?“ In der Studie hatten 49 Prozent der Frauen angegeben, in der Piratenpartei schon einmal mit sexistischen Kommentaren konfrontiert worden zu sein oder dies miterlebt zu haben.

Thomas Barthel, Sprecher der Berliner Linken, sagte dazu am Donnerstag, bei seiner Partei würde sich vermutlich ein ähnlicher Wert ergeben. „Ich glaube nicht, dass unsere Mitglieder in der Breite die besseren sind. Diese Probleme haben alle Parteien.“ Er selbst erlebe auch „immer mal wieder“ Machosprüche mit. „Oft werden die Bemerkungen von einem Augenzwinkern begleitet, aber das macht es nicht unbedingt besser“, sagte Barthel.Eine Umfrage wie die der Piraten könne er sich auch in seiner Partei sehr gut vorstellen. Allerdings hätten die Piraten den Vorteil, ihre Mitglieder über das Internet sehr viel besser erreichen zu können als die Linken.

Sehen Sie in der Bildergalerie im Detail, zu welchen Ergebnissen die Umfrage gekommen ist:

Rüdiger Scholz, Landesgeschäftsführer der SPD, sagte, seine Partei sei einen Schritt weiter als die Piraten. Seit mehr als 20 Jahren gebe es eine Frauenquote, und das habe den Parteialltag verändert. Machosprüche gebe es sicher auch in der SPD, die als Volkspartei ein Spiegel der Gesellschaft sei. Er vermute aber, dass sich bei einer Umfrage ein „weitaus geringerer“ Anteil von Betroffenen ergeben würde als bei den Piraten. Eine ähnliche Umfrage durchzuführen könne er sich vorstellen, sehe dafür aber keinen konkreten Anlass.

Bettina Jarasch, Landesvorsitzende der Grünen, sagt, in ihrer Partei gebe es – anders als im Rest der Gesellschaft – dank strikter Quote genügend Frauen an der Spitze, aber umgekehrt männliche Mehrheiten an der Basis. Macho-Sprüche habe sie „relativ selten“ gehört, es gelte aber auch: „Chauvis gibt es überall.“ Bei der Quote gehe es um das reale Teilen von Macht – anders als bei Umfragen. Deshalb sollten die Piraten eine Quote einführen oder eine bessere Idee vorlegen. Ihre Partei habe vor einigen Jahren eine Umfrage unter weiblichen Mitgliedern durchgeführt, das Ergebnis sei ein Mentoring-Programm, das bald in die dritte Runde gehe.

Kai Wegner, Generalsekretär der CDU Berlin, sagte, seine Partei setze sich für Gleichstellung von Frauen und Männern ein. "In der CDU Berlin sind knapp 30 Prozent der Mitglieder Frauen. Es ist unser Ziel, dass sich dieses Quorum auch in der Besetzung von Mandaten und ehrenamtlichen Funktionen widerspiegelt."

Am Donnerstag war Gleichberechtigung auch Thema im Abgeordnetenhaus. Frauensenatorin Dilek Kolat (SPD) kündigte an, bei Berliner Unternehmen für verbesserte Karrierechancen für Frauen werben zu wollen. Sie beschrieb ihre gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer vorgestellte Initiative „Frauen an die Spitze“ als wichtigen Teil ihrer Gleichstellungspolitik. Im Gespräch mit Unternehmern wolle sie Förderinstrumente entwickeln, die Frauen die Verfolgung ihrer Karriere erleichtern. Die frauenfreundliche Besetzung von Führungspositionen in Unternehmen mit Landesbeteiligung sei ein „großes Thema im Senat“.

Das Landesgleichstellungsgesetz werde mit „großer Konsequenz“ umgesetzt. Es besagt, dass Gremien geschlechterparitätisch besetzt werden sollen. Kolat ging jedoch nicht darauf ein, dass wie berichtet nach dem Ausscheiden von Landesvertretern Aufsichtsräte derzeit mit Männern neu besetzt werden. Es sei schon bedenklich, dass die Frauenquote im rot-schwarzen Senat von 50 auf 36 Prozent gesunken sei, sagte Grünen-Frauenpolitikerin Anja Kofbinger. Berlin hatte unter Rot-Rot eine „frauenpolitische Vorreiterrolle“, sagte Linkspolitikerin Evrim Baba. Jetzt wehe aber ein „anderer Wind“. Die Grünen brachten einen Antrag ein, Gender Budgeting verpflichtend in die Landeshaushaltsordnung mit aufzunehmen. Gender Budgeting bezeichnet die geschlechtsdifferenzierte Analyse im Haushalt. So werden zum Beispiel Einnahmen und Ausgaben je nach Wirkung für Männer und Frauen oder Jungen und Mädchen verteilt. Dieser Antrag wurde in den Fachausschuss Arbeit, Integration, berufliche Bildung und Frauen verwiesen.

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