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Justin Timberlake in Berlin: Facebooks Mephisto

Schauspielern statt singen: Justin Timberlake stellt im Adlon "The Social Network" vor. Der Film erzählt die Geschichte des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg.

Die Reaktionen aus dem Hause Facebook kommen nur tröpfelnd und eher verhalten, und eine Klage gegen „The Social Network“, den Film über die Entstehung des Unternehmens, ist auch noch nicht eingereicht. Und dabei ist das Werk von Regisseur David Fincher und Drehbuchautor Aaron Sorkin doch alles andere als schmeichelhaft für Facebook-Boss Mark Zuckerberg. „Punk, Genie, Verräter, Milliardär“ – diese Varianten werden schon auf dem Filmplakat als Charakterisierung des jüngsten Milliardärs der Gegenwart angeboten. „Pure Fiktion“, ließ Zuckerberg verlauten, anschauen wolle er sich den Film nicht. Daran mitgewirkt hat er aber auch nicht, eine Ablehnung, die Sorkin kaum überrascht hat: „Ich bin sicher, Facebook hätte es vorgezogen, dass wir die ganze Geschichte aus Marks Sicht erzählen, aber das war nicht der Film, den wir machen wollten.“

Am Donnerstag kommt der Film auch in die deutschen Kinos, leibhaftig angekommen ist er hier schon am Dienstag im Adlon, Ort für einen der Interview-Marathons, die beim Werbebesuch von Filmstars für ihr neues Werk üblich sind. Gekommen war zunächst Aaron Sorkin, der eng mit Ben Mezrich, Autor des Buches „Milliardär per Zufall: Die Gründung von Facebook – eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug“, zusammengearbeitet hatte. Gekommen waren auch Jesse Eisenberg, Darsteller Zuckerbergs, sodann Andrew Garfield, künftiger Spider-Man, diesmal als Zuckerbergs Freund und späterer Kontrahent Eduardo Saverin dabei, und zu guter Letzt Justin Timberlake, der diesmal nicht auf einer Bühne singen muss, sondern Sean Parker spielt, den Gründer der Musiktauschbörse Napster und, wenn man so will, den Mephisto, der den faustischen Zuckerberg zum Teufelspakt mit dem Kapital überredet.

Timberlakes Karriere hatte sich schon bald nach dem Auseinanderfallen der Boygroup *NSYNC geteilt: Ende 2002 kam sein erstes Soloalbum heraus, betitelt „Justified“, zwei Jahre später drehte er seinen ersten Film, den Thriller „Edison“, immerhin mit den schauspielerischen Schwergewichten Morgan Freeman und Kevin Spacey, der gleichwohl nur auf Video herauskam – eine Begrenzung, die Timberlake längst überwunden hat. Das „Edison“-Jahr hat sich dem internationalen Publikum allerdings mehr durch seinen „Nipplegate“-Auftritt eingeprägt: Während des Super-Bowl-Finales 2004 in Houston entblößte Timberlake seiner Sangespartnerin Janet Jackson die rechte Brust – aus Versehen, wie es danach rasch hieß. Dank Internet ist der kleine Zwischenfall, der im prüden Amerika eine Riesenaufregung auslöste, auf immer und ewig von jedem zu besichtigen.

Auch in „The Social Network“ geht es darum, zu entblößen, nur sind es diesmal keine Körperteile, sondern die – viel intimeren – Charaktereigenschaften von Zuckerberg & Co. Die Themen des Films seien so alt wie das Geschichtenerzählen selbst, sagt Autor Sorkin: „Loyalität, Freundschaft, Macht, Geld, Neid, sozialer Status, Eifersucht“. Es sei, schiebt er in aller Bescheidenheit nach, eine Geschichte, die Aischylos oder Shakespeare, lebten sie heute, geschrieben hätten.

Wenn auch die von Justin Timberlake gespielte Filmfigur Facebook erst zum wirtschaftlichen Durchbruch verhilft – er selbst weiß damit nur wenig anzufangen, wie er in einem Interview verriet: „Ich bin lächerlich dumm, wenn es um soziales Networking geht.“ Andreas Conrad

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