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Der "Kreuzbär" aus Kreuzberg: Die Fassbrause-Frauen

Als die Berliner Hipster mitten im Mate-Rausch waren, dachten sich fünf Freunde, sie müssten eine Fassbrause mit Koffein kreieren. Mittlerweile steht der "Kreuzbär" im Regal - und das Unternehmen liegt in den Händen von drei jungen Frauen.

Die Fassbrause gehört zu Berlin wie das Baguette nach Paris. Und in Zeiten, in denen Mate-Mix und Bio-Schorlen die hippen Bezirke durchziehen, was wäre da näher liegend als ein Kreuzberger Trendgetränk? Das haben sich jedenfalls vier Kreuzberger Freunde gedacht, zwei Mediziner, ein BWLer und ein angehender Jurist. In der Silvesternacht 2011/12, ein paar Liter Wein werden geflossen sein, flachsten sie über Mate und Co. und spannen sich ihr eigenes Trendgetränk zusammen. Fassbrause sollte es sein, aber am besten mit Koffein, um auch lange Arbeitsnächte durchzustehen. Schnell stand, da alle in Kreuzberg wohnten, auch der Name fest: Der „Kreuzbär“ war geboren.

Seit der „Kreuzbär“-bringenden Nacht hat sich vieles verändert. Heute steht die Fassbrause im Supermarkt-Regal, beim Späti und ist in vielen Bars und Cafés zu kaufen. Doch die eigentlichen Gründer haben sich aus dem Geschäft zurückgezogen und sich wieder ihrem Hauptberuf zugewandt. Hinter dem Kreuzbären stehen heute drei junge Frauen: Sophie Richter (Vertrieb/Finanzen), Julia Akra (Kommunikation/Marketing) und Susanne Schmidt (Geschäftsführerin). Ihnen gehört seit Anfang 2013 die Mehrheit der Anteile. Das hat einen ganz praktischen Zweck: "So können wir alle Entscheidungen selber treffen", erklärt Susanne Schmidt. Die drei Frauen sitzen an diesem kalten Wintertag im Brauhaus Südstern. Ein weiterer Stuhl ist besetzt: von einer Kiste „Kreuzbären“. In der Südstern-Brauerei sind im August 2012 das erste Mal die „Kreuzbären“ produziert worden, in Handabfüllung und Eigenregie. 1120 Flaschen waren es damals, also eine Palette für Freunde und als Muster für Kunden. Heute wird pro Marge eine fünfstellige Menge produziert. Allerdings nicht mehr in Berlin, sondern in einer Bierbrauerei in Sachsen. "Perspektivisch möchten wir aber wieder in Berlin produzieren", meint Susanne. Bei der Brauereisuche in Berlin sei derzeit die noch verhältnismäßig niedrige Stückzahl problematisch.

Der harte Getränkemarkt in Berlin hat die Frauen nicht abgeschreckt

Die drei Frauen wissen, dass der Getränke-Markt in Berlin nicht einfach ist. Sie haben jahrelange Erfahrung in dem Geschäft, sie haben alle für einen Energy-Drink-Produzenten gearbeitet. Fast jede Woche kommt ein neues Getränk auf den Markt. Doch das hat sie von dem Unternehmen „Kreuzbär“ nicht abgehalten. Als erstes wurde die Rezeptur verbessert. Verschiedene Zutaten des Fassbrause-Rezepts wurden ausgetauscht: Industriezucker musste dem Rohrzucker weichen, aus Zitronensäure wurde echter Zitronensaft. „Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass der „Kreuzbär“ Nachwuchs bekommt“, sagt Julia Akra schmunzelnd und fügt hinzu: „Jetzt gibt es auch das „Kreuzbärchen“ ohne Koffein.“ Bis das Rezept für die kinderfreundliche Fassbrause stimmte, gab es etliche Probierrunden und rund 20 verschiedene Mischungen. Auch an das Design gingen die drei Geschäftsfrauen noch einmal ran, eine befreundete Grafikerin half dabei. „Wir wollten den „Kreuzbär“ optisch nicht so Hipster-Mitte-mässig machen, sondern ein eher bodenständiges Design, für ein bodenständiges Produkt“, erklärt Julia das Design. Herausgekommen ist der schlichte Bär, der an das Berliner Wappenzeichen erinnert.

Alles weitere rund um Akquise, Marketing, ja sogar Vertrieb machen die drei selbst. „Da packen auch schon mal Familie und Freunde beim Ausliefern an“, sagt Julia Akra. Nur wenige Monate, nachdem sie den Kreuzbären übernommen hatten, konnten sie einen Deal mit Kaisers machen. Dabei halfen ihnen ihre guten Kontakte im Getränkehandel, aber auch, dass sie ein regionales Produkt anbieten. Die drei Frauen stehen hinter der Geschäftsidee: „Wir sind ein Berliner Produkt und Berliner Mädels.“

Seit Juli 2013 sind der „Kreuzbär“ und das „Kreuzbärchen“ in allen Kaisers Filialen gelistet, was aber nicht heißt, dass die beiden Produkte in jedem der 150 Märkte zu kaufen sind. Zum Verkaufstart in der Supermarktkette bekamen sie in einigen Märkten Sonderaussteller, die den „Kreuzbär“ prominent bewarben. „Da waren wir natürlich stolz wie Bolle“, erinnert sich Susanne. Julia Akra war sogar so aufgeregt, dass sie eine Woche zu früh in den Laden ging, um sich die Aufsteller anzusehen. Akribisch verfolgten sie den Verkaufsstart im Supermarkt und zählten manchmal auch einfach die Flaschen, um zu sehen, wie viele schon verkauft waren. Und der Verkauf lief gut an: Die Geschäftsfrauen konnten sich über gute Verkaufszahlen im mittleren fünfstelligen Bereich freuen.

Der "Kreuzbär" ist ihr "Baby"

Was das Startkapital der Jungunternehmerinnnen angeht, wollen sie sich bedeckt halten. Derzeit reichen die Einnahmen nicht aus, dass die drei Frauen davon leben können. Und so haben sie noch andere Einnahmequellen. Julia Akra ist selbstständige Kommunikationsberaterin, Susanne ist auf internationales Marketing spezialisiert. Während die zwei etwas weniger als halbtags für den Kreuzbär arbeiten, ist Sophie Richter die einzige Quasi-Vollzeitkraft, arbeitet aber nebenher auch bei Projekten rund um das Thema „Personal und Organisation“. Doch der „Kreuzbär“ ist für alle eine Herzensangelegenheit, ihr „Baby“, wie sie es nennen.

Derzeit, so versichern die drei Frauen, decken die Einnahmen die Ausgaben. Die Gewinne fließen direkt wieder in Investitionen. Die Ziele für 2014 stehen schon fest: Es sollen mehr Verkaufsstellen erreicht werden, etwa bei den Spätis. Trotz der ersten überregionalen Anfragen, etwa aus dem Rheinland, wollen sich die Frauen auf Berlin konzentrieren. „Der überregionale Vertrieb wäre im Moment noch eine zu große logistische Herausforderung“, erklärt Sophie. Stattdessen wollen sie in der Hauptstadt weiter für ihr Produkt werben, planen gerade Verköstigungen in verschiedenen Kaisers-Filialen. Eines steht da für die drei Frauen schon jetzt fest: Sie selbst werden den „Kreuzbären“ an den Mann oder die Frau bringen. Selbst ist der „Kreuzbär“!

Wo ist der Kreuzbär zu kaufen? In vielen Kaisers-Filialen, aber nicht in allen. Leider gibt es hier keine genaue Übersicht. Sicher zu finden ist er aber in der Bergmannstraße 5-7 und am Mehringplatz, Friedrichstraße 246. Außerdem haben ihn einige Spätis im Sortiment. Ebenso die folgenden Bars und Cafés: Monarch Bar, Tigertörtchen, Lina Rothenberger. Im Monarch am Kottbusser Tor wird aus dem Kreuzbär ein sibirischer Eisbär, dort wird die Fassbrause als Wodka-Longdrink verkauft.

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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