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Designermode in der Drogerie. Verwalter Dieter Aßhauer und Projektmanagerin Heide Wohlers vor dem ehemaligen Schlecker-Markt.

© Cay Dobberke

Zehlendorfer Geschäftswelt: Onkel Toms Hüttenzauber

Ein Baustellen-Café gibt einen Vorgeschmack auf das neue Konzept für die Ladenstraße im U-Bahnhof Onkel Toms Hütte. Bald ziehen dort auch junge Designer ein – und es gibt noch mehr Ideen, um über den Kiez hinaus bekannt zu werden.

An Cafétischen sitzen Gäste auf dem gemütlichen westlichen Vorplatz des U-Bahnhofs Onkel Toms Hütte und genießen den Sommer. Noch handelt es sich bei diesem Bild nur um eine Fotomontage des Projekts „Zukunftskiez Onkel Toms Hütte“, und mit Baucontainern am Straßenrand wirkt der Platz gegenüber der Ernst-Moritz-Arndt-Kirche nicht sehr einladend – aber das soll sich schrittweise ändern.

BVG-Baustelle wird Schaustelle
Die Berliner Verkehrsbetriebe bauen im Bahnhof gerade einen Fahrstuhl ein. Draußen startet am 6. Juli „Onkel Toms Baustellensommer Café“: Sonnabends von 11 bis 15 Uhr gastieren dort der fahrradgestützte Kaffeeausschank „Tom's Coffee Bike“ und die Zehlendorfer Bio-Köchin Lisabeth Wendt mit ihrem mobilen Crêpes-Stand. Auch Stühle werden herausgestellt.

Schaustelle am Bahnhof. Ab 6. Juli lädt auf dem bisher tristen Vorplatz an der Onkel-Tom-Straße ein „Baustellensommer-Café“ zum Verweilen ein. Ein Wochenmarkt soll folgen.
Schaustelle am Bahnhof. Ab 6. Juli lädt auf dem bisher tristen Vorplatz an der Onkel-Tom-Straße ein „Baustellensommer-Café“ zum Verweilen ein. Ein Wochenmarkt soll folgen.

© Cay Dobberke

Nach den Sommerferien und dem Ende der Bauarbeiten soll dann ein „Dorfplatz mit Aufenthaltsqualität“ entstehen. Dazu gehört ein Wochenmarkt, den der Betreiber des Markts im Kreuzberger Graefekiez leiten will.

„Frischen Wind“ versprechen Planer ab dem 24. August auch in der denkmalgeschützten, 81 Jahre alten Ladenstraße im U-Bahnhof. Zu den Initiatoren gehören Dieter Aßhauer, der einen Großteil der Passage für die Immobilienfirma Ansorge verwaltet, und Projektleiterin Heide Wohlers. Ihr Unternehmen „aha – Büro für zukunftsfähige Entwicklung und Kommunikation“ ist mit EU-Fördermitteln für das Bezirksamt tätig, als Anlaufstelle dient der Nachbarschaftsladen des Vereins „Papageiensiedlung“ in der Ladenstraße. Ein Jahr lang wurde mit vielen Beteiligten über Verbesserungen in der Gegend diskutiert.

Kreative wollen den Kiez beleben
Nun will man aus dem Leerstand mehrerer Läden das Beste machen. In Schaufenstern des ehemaligen Schlecker-Markts deuten Designerstücke dessen künftige Nutzung an: Zwei Dutzend junge Mitglieder des „Kreativnetzes Neukölln“ möchten selbst entworfene Mode, Wohnaccessoires und andere Produkte präsentieren. Die große Fläche des Drogeriemarkts werden die Designer wohl nur ein paar Wochen lang nutzen, danach will Aßhauer sie auf kleinere Räume verteilen. Er kennt die Kreativen, weil er auch Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Karl-Marx-Straße in Neukölln ist.

Auch Heide Wohlers ist einschlägig erfahren, sie hat schon Kreuzberger Markthallen-Händler unterstützt und erwägt jetzt eine Kooperation mit der dortigen „Markthalle Neun“. Denn außer dem Wochenmarkt soll es zusätzlich einen Laden für frische Lebensmittel aus der Region geben - damit könnte sich auch der Wunsch vieler Anwohner nach einem Fleischer erfüllen. Wohlers und Aßhauer streben an, dass mehrere Anbieter die „Manufaktur“ in den Räumen der leer stehenden Confiserie gemeinsam betreiben.

Vielleicht wird es auch eine Boutique für „Bio-Businessmode“ geben, eine darauf spezialisierte Anbieterin soll interessiert sein. Gerne würde Aßhauer zudem ein Sanitätsfachgeschäft für die vielen älteren Anwohner ansiedeln, noch ist dies jedoch nicht absehbar.

Per Segway durch die Siedlung
Darüber hinaus ist im früheren Schlecker-Markt ein multifunktionaler Fahrradladen angedacht, der sich besonders der Elektro-Mobilität widmen soll. Auch hierfür muss allerdings noch ein Betreiber gefunden werden. Das Geschäft könnte unter anderem Segway-Roller und Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor vermieten. Als Zielgruppe stellt sich Wohlers auch Besuchergruppen vor, die aus architektonischem Interesse häufig in der Bruno-Taut-Siedlung unterwegs sind. In Kooperation mit Händlern an anderen U-Bahnhöfen – darunter Optikermeister Christian Zech von der IG Krumme Lanke – sei sogar ein „Kiezkurier“-Dienst denkbar: Man könne Transporte mit Lastenfahrrädern anbieten, die einen kleinen E-Motor besitzen.

Die Konkurrenz wächst
Bald wird die Ladenstraße neue Mitbewerber haben, im September wollen auf der Truman Plaza am U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim eine große Reichelt-Filiale und ein Bio-Supermarkt eröffnen. Auch deshalb sei es wichtig, sich vom üblichen Angebot abzuheben, betonen Wohlers und Aßhauer. Die Geschäfte sollten nicht nur der Nahversorgung dienen. „Und wir müssen regelmäßig Veranstaltungen machen“, sagt Wohlers. In ihrer Schublade liegt schon der Entwurf einer Kunst-Installation. Während der Ferien werben die Händler erst mal mit Sonderangeboten – die jungen Neuköllner Designer haben dafür Baustellenplakate nachgebildet.

Kein Kieztreff. Wegen baulicher Probleme wird die Ex-Sparkasse an der Riemeisterstraße nun doch nicht zu „Onkel Toms Kiezhütte“. Stattdessen ziehen Zahnärzte ein.
Kein Kieztreff. Wegen baulicher Probleme wird die Ex-Sparkasse an der Riemeisterstraße nun doch nicht zu „Onkel Toms Kiezhütte“. Stattdessen ziehen Zahnärzte ein.

© Cay Dobberke

Der Nachbarschaftstreff wurde zu teuer
Vorerst ausgebremst ist eine andere Idee: Die Nachbarschaftsinitiative „Onkel Toms Kiezhütte“ des Vereins Papageiensiedlung wollte die frühere Sparkasse an der Riemeisterstraße zum gemeinnützigen Treffpunkt machen; Anwohner waren bereit, insgesamt rund 27 000 Euro Gründungskapital bereitzustellen. Doch wegen einer vermuteten Asbestbelastung und Belüftungsproblemen schien der Umbau letztlich zu kostspielig. Ein anderes geeignetes Gebäude ist noch nicht in Sicht.

Wohlers sieht die Lösung in der Ladenstraße: Mit Angeboten wie dem Fahrradverleih könne die Passage doch einige Funktionen der „Kiezhütte“ übernehmen.

Der Autor ist Reporter im Tagesspiegel-Ressort Berlin-Brandenburg. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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