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Wohin geht es in Zukunft mit dem Flughafengelände?

© Doris Spiekermann-Klaas

Zukunftspläne in Berlin: Gute Aussichten am Flughafen Tempelhof

Berlin Festival weg, Bread & Butter reduziert: Wie geht es weiter am Flughafen Tempelhof? Die Planer haben schon viele andere Ideen – etwa ein Dachrestaurant. Ein Rundgang mit Wow-Moment.

Der Weg zum „Wow!“ führt über dunkle Treppenaufgänge und durch alarmgesicherte Türen, vorbei an unverputzten Wänden und Rattengift- Warnschildern aus früheren Jahrzehnten. Als sich nach dem siebten Stockwerk eine letzte Stahltür vor der kleinen Besuchergruppe öffnet, fällt Tageslicht in den düsteren Treppenturm. Ein Schritt hinaus auf die Dachterrasse, und vor einem liegt ein Rundum-Panorama im XXL-Format, das spontane Ausrufe der Begeisterung provoziert. „Ja, das ist immer der Wow-Moment“, sagt Martin Pallgen und lacht. Er ist der Sprecher der Tempelhof Projekt GmbH. Die landeseigene Gesellschaft verwaltet und entwickelt das einstige Flughafengebäude. Und bald bietet sie Teilnehmern geführter Touren durch das Gebäude spektakulären Ausblick über das einstige Flugfeld.

Vor kurzem wurde die alte Besucherterrasse auf der Mittelachse des 1,2 Kilometer langen Stahlbeton-Halbkreises runderneuert, jetzt warten ein solider Stahlgitterboden und erstmals auch ein Aufzug auf die Besucher. Noch sind die Umbauten nicht offiziell freigegeben worden, aber in einigen Wochen werden wohl die ersten Besuchergruppen wieder den Blick von hier oben genießen können. Den kann man dann vom „Rosinenbomber“, dem historischen Militärflieger vom Typ Douglas C-54 Skymaster vor den Hangars, über die fast endlos wirkende, grün-braune Graslandschaft schweifen lassen, bis hin zur Gropiusstadt, den Müggelbergen und dem neuen Tower des Flughafens Schönefeld am Horizont. Die Spaziergänger auf der Tempelhofer Freiheit erscheinen von hier oben kaum größer als Ameisen.

Die Dachterrasse ist ein Beispiel dafür, wie die 2010 gegründete Tempelhof Projekt GmbH den denkmalgeschützten Gebäude-Giganten mit knappen Mitteln in Form zu bringen versucht: Die Büroflächen unter dem Dach wurden saniert, im vergangenen Herbst zog die Digitalagentur „Exozet“ hier auf 2000 Quadratmetern ein – ein prominenter Mieter aus der IT- und Kommunikationsbranche, dem nach dem Wunsch der Tempelhof-Verwalter noch viele folgen sollen. Im Rahmen der Sanierung der Büroetage hat dann die Tempelhof Projekt GmbH die Dachterrasse gleich mit erneuert.

Der Förderantrag bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft läuft

Jetzt schaut man von hier oben aus auf die nächsten Baustellen: In Richtung Osten, gleich neben dem weißen Radarturm der Bundeswehr am Columbidamm, soll ab Herbst das lecke Dach über den ehemaligen Flugzeug-Hangars erneuert werden, danach ist geplant, einen Betreiber für ein Dachrestaurant oder etwas in der Art zu finden. In Richtung Westen erkennt man an der sauber verlegten Dachpappe, dass bereits rund 400 Meter Hangar-Dach saniert wurden. Hier befindet sich der Hangar 7, den voraussichtlich ab 2017 das Alliierten-Museum beziehen will, zusammen mit weiteren Räumen des ehemaligen Airports. Oben auf dem treppenartig abgestuften Dach befindet sich ein überdachter Laubengang, der nach dem Willen der Flughafen-Verwalter schon bald als Geschichts-Ausstellung öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Der Förderantrag bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft läuft. Und mit einer Ausschreibung wird seit kurzem ein Investor für das einstige US-Offiziershotel am Platz der Luftbrücke gesucht, der das Gebäude saniert, zu einem „Kreativ- und Gründerzentrum“ ausbaut und dann an künftige Nutzer vermietet.

Wo ist der Ausweg? Martin Pallgen braucht keinen. Für ihn läuft alles nach Plan. Gerne führt er Besucher durch die Eingangshalle, die ehemaligen Hangars und das Vorfeld.
Wo ist der Ausweg? Martin Pallgen braucht keinen. Für ihn läuft alles nach Plan. Gerne führt er Besucher durch die Eingangshalle, die ehemaligen Hangars und das Vorfeld.

© Doris Spiekermann-Klaas

Die Grünen zum Beispiel träumen von einem „Kulturhafen“

Kleine Schritte, die manchen nicht schnell und weit genug gehen. Immer wieder wird der Ruf nach einem Gesamtkonzept laut, das für den Ausbau und die Nutzung des derzeit etwa zu 40 Prozent ausgelasteten Gebäudes fehle. Die Grünen zum Beispiel träumen von einem „Kulturhafen“ und wollen statt vieler kleiner Einzelnutzungen die künftige Zentral- und Landesbibliothek dort ansiedeln. „Das ist sehr wohlfeil“, sagt Tempelhof-Projekt-Sprecher Martin Pallgen beim Rundgang durch endlos wirkende Büroflure, imposante Hallen und verwinkelte Treppenhäuser. „Diese Forderungen werden aber nie mit Businessplänen, Betreibermodellen und konkreten Ideen für die Nutzung unterlegt.“ Man habe eben einfach nicht die geschätzten 150 Millionen Euro, die für eine grundlegende Sanierung des Gebäudes mindestens nötig seien, sondern bekomme im Jahr nur um die fünf Millionen Euro vom Land für die Instandhaltung.

Tempelhof-Verwalter hoffen auf mehr Geld für die Sanierung.

Und was kommt danach? Das letzte Flugzeug auf dem Tempelhofer Feld ist ein Rosinenbomber.
Und was kommt danach? Das letzte Flugzeug auf dem Tempelhofer Feld ist ein Rosinenbomber.

© Doris Spiekermann-Klaas

Der Flughafen sei nun mal ein „wahnsinnig komplexes Gebäude“, das in der Nutzung zweigeteilt sei: Einerseits die Retro-Eleganz ausstrahlende Haupthalle („Unser Diamant“) sowie die einstigen Hangars und das Vorfeld, auf dem einst die Passagiere in die Flugzeuge stiegen. Heute finden hier Großveranstaltungen wie der Bundespresseball, die Modemesse Bread & Butter – wenn auch nur nur noch jährlich statt halbjährlich – sowie zahlreiche andere Messen, Tagungen und Events wie die „Goldene Kamera“ statt. 65 Veranstaltungen mit 560 000 Besuchern zählen die Tempelhof-Verwalter im laufenden Jahr. Andererseits gibt es die großen Bauten zum Platz der Luftbrücke hin, die zum Teil dauerhafte Nutzer haben, so das Polizeipräsidium und die Verkehrsleitzentrale.

310 000 Quadratmeter Gesamtfläche umfasst der alte Flughafen

„Man kann doch nicht einfach mit einem großen Kamm drübergehen und alle Mieter raussetzen“, sagt Pallgen. Stattdessen müsse man „die großen Erwartungen mit den Realitäten abgleichen“. Die wirken zwar im Vergleich zu den Forderungen nach einer großen Lösung eher bescheiden, aber das auf steigendem Niveau: Um fast 20 Prozent sei der Umsatz im laufenden Jahr gestiegen – „und das bei einem Gebäude, das im laufenden Betrieb saniert wird“. Nach Vermietungseinnahmen von 13,2 Millionen Euro im Vorjahr erwarte man in diesem Jahr 15,5 Millionen Euro – genug, um zumindest die laufenden Kosten zu decken.

Stillgelegt: Gepäckband am alten Flughafen.
Stillgelegt: Gepäckband am alten Flughafen.

© Doris Spiekermann-Klaas

310 000 Quadratmeter Gesamtfläche umfasst das Gebäude samt Vorfeld, rund zwei Drittel davon sind vermietbar. Die teilen sich nach Angaben von Tempelhof Projekt wie folgt auf: 75 000 Quadratmeter sind als Büro-, Gewerbe- und Lagerflächen vermietet, 70 000 Quadratmeter sind als Veranstaltungsflächen zumindest ab und wieder vermietet, die übrigen 60 000 Quadratmeter sind noch nicht saniert.

Neben kürzlich gemeldeten Abgängen wie der Weinmesse, dem Berlin Festival und auch dem Teilrückzug der Modemesse Bread & Butter gebe es auch immer wieder neue Mieter zu begrüßen, sagt Pallgen, die allerdings nicht immer die Öffentlichkeit suchen. So gebe es einen nennenswerten Zuwachs bei Firmen- und Verbandsveranstaltungen, von denen Außenstehende oft gar nichts mitbekommen. Und die 2013 hier eingezogene Sigmund-Freud-Privatuniversität aus Wien, die bislang rund 500 Quadratmeter Bürofläche im östlichen Gebäudeflügel nutzt, will im kommenden Jahr weitere Räume im einstigen Flughafen anmieten, wie ihre Rektorin am Donnerstag bestätigte. Eigentlich war ein Neubau auf dem Feld geplant, als Teil der vom Senat favorisierten Randbebauung. Mit der Ablehnung der Pläne durch den Volksentscheid im Mai ist das Projekt aber vom Tisch, nun will die Hochschule in dem historischen Bau expandieren, Details will man diese Woche bekannt geben.

Exit.
Exit.

© Doris Spiekermann-Klaas

Tempelhof-Verwalter hoffen auf mehr Geld für die Sanierung

Ein anderes Projekt, das mit dem Scheitern der Baupläne neu gedacht werden muss, ist die künftige Zentral- und Landesbibliothek. „Platz wäre hier“, sagt Martin Pallgen beim Durchqueren der gigantischen Hangars, in denen einst Flugzeuge gewartet wurden. „Aber es wäre unwirtschaftlich, das auf einen Kilometer zu verteilen.“ Und günstiger als die einst für den jetzt gestoppten Neubau veranschlagten 270 Millionen Euro werde ein Ausbau des ehemaligen Flughafens zu einer modernen Bibliothek sicher auch nicht.

Alte Überbleibsel.
Alte Überbleibsel.

© Doris Spiekermann-Klaas

Die Tempelhof-Verwalter hoffen, dass die rot-schwarze Koalition nach dem Volksbegehren gegen die Neubau-Pläne auf dem Tempelhofer Feld nun mehr Geld für die Sanierung der „Mutter aller Flughäfen“, wie Architekt Norman Foster ihn einst nannte, freigibt. Zugleich zeichnet sich ab, dass zumindest die Mitarbeiterzahl der Tempelhof Projekt GmbH wieder reduziert wird: Ein Teil der rund 30 Mitarbeiter hatte vor allem Ideen für die Bebauung entwickelt, was nun hinfällig geworden ist. Darüber will in Kürze der von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) geleitete Aufsichtsrat der Tempelhof Projekt GmbH entscheiden.

Es gibt täglich verschiedene Führungen durch das Flughafengebäude zu unterschiedlichen Themen. Hier erfährt man zum Beispiel, wie die amerikanischen Alliierten das Flughafengebäude genutzt haben oder etwas zur Vorgeschichte und die spezielle Funktion der Luftfahrtpolitik des „Dritten Reiches“. Die Karten kosten 13 Euro, erhältlich hier. Die Freigabe der neuen Besucherterrasse für Führungen will die Tempelhof Projekt GmbH in Kürze bekannt geben.

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