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Der Bund verfügt in Berlin über 545 bebaute und 330 unbebaute Liegenschaften auf 170 Hektar Fläche doch die Sanierung oder Modernisierung der Gebäude ist noch nicht in Sicht.

© Doris Spiekermann-Klaas

Immobilien in Berlin: Der Staat will Liegenschaften vorübergehend liegen lassen

875 Liegenschaften gehören dem Staat. Doch wie gut man diese nutzen könnte und wie nötig Berlin den Platz hat, scheint nicht von Relevanz zu sein. Für ihn zählt vor allem der Gewinn.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die hässlichen und teilweise leer stehenden Plattenbauten am Schiffbauerdamm, in den siebziger Jahren aus dem Boden gestampft, sollen verschwinden. Sie gehören dem Bund, der entlang der Spree das „städtebaulich bedeutsame Quartier im Parlaments- und Regierungsviertel“ neu entwickeln will. Mit Wohnungen und kleinem Gewerbe, Cafés und Restaurants. Aber der Ideenwettbewerb für das östliche Luisenviertel wurde schon vor drei Jahren entschieden, von Abriss und Neubau ist seitdem nichts zu sehen.

Auch in der Wilhelmstraße 50 will die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ein Haus abreißen, in dem noch die Internationale Gesellschaft der Bildenden Künste sitzt. Das benachbarte Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll ein zweites Mal erweitert werden. Einen Zeitplan nennt die Behörde nicht. Diese nebulösen Pläne sind aber nicht der einzige Grund, warum die Berliner Bundestagsabgeordnete Lisa Paus (Grüne) der Bundesregierung vorwirft, mit den Bundesimmobilien in Berlin „planlos umzugehen“.

Mietsteigerungen in Berlin. (Bild vergrößern durch Klick)
Mietsteigerungen in Berlin. (Bild vergrößern durch Klick)

© Gitta Pieper-Meyer

Die Wirtschafts- und Sozialexpertin vermisst vor allem eine Strategie für die umfangreichen Wohnungsbestände des Bundes in der Hauptstadt. „Insbesondere kleine Wohnungen, wie sie die Bima hat, sind Mangelware in Berlin“, sagte Paus dem Tagesspiegel. Auch bei der Modernisierung von Wohnungen werde die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion für mieterverträgliche Sanierungen nicht gerecht. Die Abgeordnete begründet ihre Kritik mit der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag.

Demnach verfügt der Bund in Berlin über 545 bebaute und 330 unbebaute Liegenschaften auf 170 Hektar Fläche. Dazu gehören rund 5100 Wohnungen, mit regionalen Schwerpunkten in Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf. Davon sind 1120 Ein- oder Zweizimmerwohnungen, die je nach Bezirk zu Nettokaltmieten (ohne Betriebskosten) zwischen 4,76 Euro und 6,33 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Bundesbedienstete haben den ersten Zugriff auf die Wohnungen der Bima, ansonsten werden sie laut Finanzministerium „zum ortsüblichen Preis frei vermietet“. Die Bewerberauswahl erfolge „nach den allgemeinen Kriterien des freien Wohnungsmarkts“.

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Auch sonst verhält sich der Bund in Berlin wie ein privater Vermieter. Modernisierungskosten werden „gemäß der haushaltsrechtlichen Bestimmungen“ voll umgelegt. Bei klimaschützenden Sanierungsmaßnahmen geht die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nach eigener Aussage über die geltende Energiesparverordnung nicht hinaus. Im Vordergrund steht offenbar die finanzielle Verwertung der hauptstädtischen Immobilien. Nicht nur Gewerbe- und Büroflächen, auch viele Wohnungen wurden schon verkauft. Im Herbst 2008 besaß der Bund in Berlin noch 6478 Wohnungen, das waren 1300 mehr als jetzt. Bis 2016 sollen aus dem Verkauf weiterer Liegenschaften insgesamt 350 Millionen Euro in den Bundeshaushalt fließen.

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Mieter haben nur dann eine Chance, ihren zum Verkauf stehenden Wohnraum selbst zu erwerben, wenn es sich um Ein- oder Zweifamilienhäuser handelt. Es gebe derzeit keine Mehrfamilienhäuser, die für eine Mieterprivatisierung geeignet seien, teilte das Finanzministerium lapidar mit. Lisa Paus warf der Bundesbehörde vor, nur dann auf die Mieter zuzugehen, „wenn sich die Immobilien am Markt nicht veräußern lassen“.

Das Fazit der Grünen-Politikerin: Trotz des angespannten Wohnungsmarkts in der Hauptstadt nutze die Bundesregierung ihre wohnungspolitischen Spielräume nicht. Sie fordert stattdessen, dass bundeseigene Wohnungen nicht an „spekulative Finanzinvestoren“, sondern vorrangig an „nachhaltig wirtschaftende Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften oder Mieter“ verkauft werden. Übrigens zeigt sich der steigende Bedarf an Wohnungen in Berlin auch an den Beständen des Bundes: Die Leerstandsquote halbierte sich in den letzten fünf Jahren auf vier Prozent.

Ein anderes, ebenfalls schwieriges Kapitel sind die gewerblichen Immobilien, die von der Bima bewirtschaftet werden. Das sind 355 Grundstücke, davon 300 unbebaut. Aber auch die nutzbaren Gewerbeobjekte stehen zu einem Drittel leer. Bereits 2007 hatte sich der damalige FDP-Abgeordnete Markus Löning darüber beschwert, dass der Bund seine Berliner Liegenschaften „vergammeln“ lasse. Vereinzelt haben sich die Dinge zum Positiven verändert. Das Finanzministerium gibt aber auch jetzt gegenüber den Grünen zu, dass gewerbliche Immobilien „nur nach erheblichen Investitionen vermietet werden könnten, Leerstandsabbau erfolgt vornehmlich durch beschleunigten Abverkauf“.

Bei den „Dienstliegenschaften“, die für eine spätere Nutzung durch Bundeseinrichtungen vorgehalten werden, sieht es kaum besser aus. Rund 20 Prozent dieser Immobilien stehen leer, davon sei „allenfalls die Hälfte in vermietungsfähigem Zustand“, so das Finanzministerium.

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