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Künstlerinitiative: East-Side-Gallery: Künstler verklagen die Stadt

Für die Künstler ist die Sanierung ihrer Mauergemälde nur eine Vernichtung gewesen. Sie klagen gegen Verletzungen des Urheberrechts, unerlaubte Vervielfältigung und fordern Geld.

Disneyland oder mühsam geretteter Mauergedenkort, falsch oder echt, Künstlerinitiative East-Side-Gallery oder Gründerinitiative East-Side, Kani Alavi oder Bodo Sperling? Die seit Jahren schwelenden künstlerischen und gruppendynamischen Querelen um die East-Side-Gallery in Friedrichshain gehen in die nächste Runde. Und zwar vor Gericht. Der Münchener Kunstanwalt Hannes Hartung reicht diese Woche – wahrscheinlich am heutigen Mittwoch – im Namen einiger Künstler Klage beim Landgericht Berlin ein. „Wir wollen klären, ob das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, als Eigentümer berechtigt war, für die Mauersanierung die Bilder der East-Side-Gallery zu vernichten“, sagt Hartung. Das Ganze solle ein Musterprozess werden, hinter dem außer den jetzt schon beteiligten drei Künstlern bei positivem Prozessverlauf acht bis 15 weitere stehen, sagt der Heppenheimer Künstler Rolf Sperling. Er ist einer der Kläger, die anderen sind die durch die VG Bild Kunst vertretenen Künstler Carmen Leidner Heidrich und Hans Jürgen Große.

Die Klagen drehen sich um Urheberrechte, unerlaubte Vervielfältigung und Schadensersatz für deren vernichtete und teils neu gemalte Bilder. 2009 war das 1990 von Künstlern aus Ost und West mit 103 Bildern bemalte 1316 Meter lange Gesamtkunstwerk zum 20. Jubiläum des Mauerfalls für gut zwei Millionen Euro saniert worden. Graffiti, Abplatzungen und Mauerschäden hatten den Touristenmagnet zunehmend unansehnlicher gemacht. Per Sandstrahler wurden die Bilder entfernt, die Mauer saniert und die in aller Welt verstreuten Maler von der Künstlerinitiative um den inzwischen mit dem Bundesverdienstkreuz dekorierten Kani Alavi aufgefordert, ihre Werke für 3000 Euro pro Bild neu zu malen oder von Kollegen kopieren zu lassen. Für Sperling die reine Nötigung. Er forderte 15.000 Euro, wehrte sich gegen eine Kopie – und ließ sein Feld weiß. Willens es zu bemalen, sei er durchaus, sagt er. Wenn das Bezirksamt, mit dem sein Rechtsanwalt seit August im Gespräch sei, die damalige unrechtmäßige Werkvernichtung anerkenne und Schadensersatz leiste. Der könne sich auf 25.000 Euro belaufen, sagt Rechtsanwalt Hartung. Und bei den angeblich unrechtmäßig kopierten Gemälden der beiden anderen Künstler auf je 3000 Euro.

Die Entschädigungsfrage steht bei den beiden Klagen aber nicht im Vordergrund. Vielmehr erhofft sich Hartung vom Prozess um die Bilder der East-Side- Gallery einen „wichtigen Impuls fürs Urheberrecht von Kunst im öffentlichen Raum “, sagt er.

Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) jedenfalls sieht die Klage gelassen. Die rechtlichen – gerade auch die urheberrechtlichen Vorgaben – seien vor der Sanierung 2008 vom Bezirk solide geprüft und eingehalten worden, sagt er. Kani Alavi von der Künstlerinitiative East-Side-Gallery wird noch deutlicher: „Ich gebe der Klage keine Chance“. Und die Senatskulturverwaltung wartet überhaupt erst mal deren Einreichung ab.

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