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Lokbrand am Ostbahnhof: Löscharbeiten bei 15 000 Volt

Löschen unter Lebensgefahr: Erst 37 Minuten nach dem Alarm am Dienstagnachmittag schaltete die Bahn den Strom über den Gleisen ab.

Die Feuerwehr hat sich beim Löschen der E-Lok im Ostbahnhof selbst in Gefahr gebracht – weil die Bahn es lange Zeit nicht geschafft hat, den Strom in der Oberleitung abzuschalten. Trotz der hohen Spannung von 15 000 Volt wurde mit dem Löschen begonnen, um ein Übergreifen auf die fünf Doppelstockwaggons zu vermeiden, sagte ein Beamter. Wie berichtet war der S-Bahn- und Fern- sowie Regionalverkehr am Dienstag stundenlang unterbrochen; aus dem Ostbahnhof drangen dichte Rauchwolken.

Die Vorschriften der Feuerwehr verbieten eigentlich den Einsatz von Schaum unter hoher Spannung – dennoch wurde von Beginn an Löschschaum eingesetzt, allerdings einer mit niedriger Leitfähigkeit. Vorgeschrieben ist zudem ein Sicherheitsabstand von zehn Metern, um einen Stromschlag zu vermeiden. „Wir mussten aus der Deckung löschen“, kritisierte ein Beamter den Einsatz. „Effektives Löschen ist unter Spannung nicht möglich“, bestätigte auch ein Sprecher der Feuerwehr. So sei ein Betreten der Lok, um von innen zu löschen, gänzlich ausgeschlossen – dies wäre lebensgefährlich.

Wie es hieß, sei die Oberleitung im Friedrichshainer Ostbahnhof durch die Flammen geschmolzen, ein Ende lag auf der Lok, eines auf einem Waggon. „Wir sehen ja nicht, ob da noch Strom fließt“, sagte ein Feuerwehrmann. „Wenn noch Leute in den Wagen gewesen wären, hätten wir die nicht rausholen können.“ Der riskante Einsatz wurde gestern bei der Feuerwehr intern „heiß diskutiert“, wie es hieß. Dem Vernehmen nach erdete die Feuerwehr die Leitung später sogar selbst – auch dies ist ungewöhnlich. Die rechtlich vorgeschriebene Bestätigung der Bahn, dass die Oberleitung spannungsfrei ist, erreichte die Leitstelle der Feuerwehr erst um 16.13 Uhr – 37 Minuten nach Alarmierung

Wieso der Notfallmanager der Bahn so spät vor Ort war und der Strom so spät abgestellt wurde, konnte ein Bahnsprecher nicht sagen. Er verwies auf die Untersuchungen der Bundespolizei und des Eisenbahnbundesamtes (EBA). Dabei hatten die Helfer und die Fahrgäste noch viel Glück: „Auf freier Strecke oder gar im Tunnel wäre die Situation deutlich schwieriger gewesen“, hieß es.

Begünstigt wurde das Großfeuer am Dienstagnachmittag offenbar auch durch eine verzögerte Alarmierung der Feuerwehr.  Die Bahn nennt als sogenannten „Störungsbeginn“ mit Rauch an der Lok die Zeit 15.36  Uhr. Die Bundespolizei informierte die Feuerwehr um 15.40 Uhr – vier Minuten waren da bereits verloren. Um 15.47 Uhr – also recht schnell – waren die ersten Einsatzkräfte dann vor dem Bahnhof, gegen 15.50 Uhr auf dem Bahnsteig. Noch schneller als die Bundespolizei – die im Ostbahnhof eine Wache hat und die Bahnsteige mit Kameras kontrolliert – war ein Fahrgast: Der erste Anruf beim Notruf „112“ kam um 15.39 Uhr von einem Mann, der auf dem Bahnsteig wartete.

So hatten die Flammen mehrere Minuten Vorsprung. Wie berichtet, war die E-Lok letztlich unter großer Hitze- und Qualmausbreitung komplett ausgebrannt, ein Doppelstockwagen dahinter wurde beschädigt. Niemand war verletzt worden, hunderte Reisende hatten den Zug und die Bahnsteige rechtzeitig verlassen können.

Die Lok wurde am Abend nach Rummelsburg abgeschleppt und wird dort nun von Experten untersucht. Diese Baureihe ist schon häufig durch Feuer negativ aufgefallen. Eisenbahnfreunde haben auf der Seite „BR143.de“ bereits 27 Brände dokumentiert. Mehrfach seien Loks komplett abgebrannt, häufig habe es Feuer in Schaltkästen, Trafos und Maschinenräumen gegeben.  Ein Sprecher des EBA bestätigte gestern, dass auch untersucht werde, ob es „grundsätzliche Sicherheitsdefizite“ bei der Baureihe gebe und ob ein Zusammenhang zu früheren Bränden bestehe. Die am Dienstag zerstörte 28. Lok sei im August 1991 in Hennigsdorf gebaut worden, „alle Untersuchungsfristen“ seien eingehalten worden, versicherte ein Bahnsprecher. Die letzte große Revision datiert auf November 2008. Die Baureihe ist Standard bei Regionalexpresszügen in der Region.

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