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Arbeit statt Party. Heino Ferch (l.) und Christiane Paul mit Regisseur Elmar Fischer im Club Prince Charles.

© B. Pedersen/dpa

Terror-Thriller „Unterm Radar“: Bloß keine Paranoia

Ein Anschlag, Festnahmen, Überwachung: Der Thriller „Unterm Radar“ holt den Terror in die Hauptstadt.

Grelle Lichtblitze flackern über der Bar des Kreuzberger Clubs Prince Charles. Es ist Montagmittag, aber das hier sind nicht die letzten Ausläufer der Party vom Wochenende. Ein gutes Dutzend Fotografen steht im Halbdunkel vor dem Tresen und versucht die besten Bilder der Schauspieler Christiane Paul und Heino Ferch einzufangen. Sie sind die Hauptdarsteller im WDR-Terror-Thriller „Unterm Radar“, an diesem neunten Drehtag soll eine der wichtigsten Szenen des Films gedreht werden.

Noch bevor die Arbeiten offiziell starteten, erregte der Film über einen Terroranschlag in Berlin Aufsehen: Mitte Februar stand ein ausgebrannter BVG-Bus am Gendarmenmarkt, dazu Verletzte, ein Aufgebot an Feuerwehrfahrzeugen und Polizeiwagen. Was auf den ersten Blick beunruhigend echt wirkte, war tatsächlich nur eine Voraufnahme – die sicher nicht ohne Kalkül in die Zeit der Berlinale fiel.

Die Folgen islamistischer Anschläge – bisher sind sie in Berlin nur Kulisse, ein albtraumhafter Filmstoff. Doch Heino Ferch, der einen BKA-Beamten spielt, glaubt, dass der Film zunehmend realistische Bezüge hat. „In Braunschweig ist der Karnevalszug abgesagt und in Bremen der Marktplatz gesperrt worden – man hat das Gefühl, es kommt immer näher.“ Die beruhigende Distanz, die noch vor einigen Jahren bestand, sei auch angesichts der jüngsten Anschläge in Paris und Kopenhagen nicht mehr da.

Im Film ist Berlin plötzlich mittendrin im Terror-Wahnsinn. Der Anschlag in Mitte, die verwanzte Wohnung einer Hauptfigur in der Nähe der Kurfürstenstraße, die gerade erst gedrehten Szenen im Neuen Museum und jene im Club am Moritzplatz. In einer Sitzecke im verwaisten Prince Charles erzählt Produzentin Nicole Swidler, dass die Entscheidung für Berlin als Handlungsort ganz bewusst gefällt wurde. „Hier sind die Menschenmassen, hier ist das politische Umfeld – dass ein Anschlag passieren könnte, liegt ja schon länger in der Luft.“

Bereits vor acht Jahren begann Swidler, an der Filmidee zu arbeiten. Noch bis Ende März wird in und um Berlin gedreht, nach jetziger Planung soll der Film im September ausgestrahlt werden. „Ganz zu Beginn war es eine Zukunftsvision, ein Was-wäre-wenn, das wir erzählen wollten. Dann kamen die NSA, der Snowden-Fall und der Terror – und plötzlich war der Stoff extrem aktuell.“

Schauspielerin Christiane Paul mimt eine Richterin, deren Tochter verdächtigt wird, an dem Anschlag auf den Bus beteiligt gewesen zu sein. Die Tochter verschwindet, und auch die Mutter gerät in den Fokus der Ermittler und in die Mühlen des Überwachungsapparates. Christiane Paul, gebürtige Berlinerin und seit einiger Zeit wieder hier zu Hause, sieht keine Parallelen zwischen der Bedrohung im Film-Berlin und in der Realität. „Um ehrlich zu sein: Der Film hat in mir keine wirkliche Terrorparanoia ausgelöst.“ Panikmache sei auch nicht das Ziel von „Unterm Radar“, betont Produzentin Swidler. Es gehe darum, die Problematik von Terror und Überwachung durch den Staat aus mehreren Perspektiven zu beleuchten. „Wir wollen zeigen, was die Gefahren sein könnten, wenn man die falschen Methoden wählt, um Terror zu bekämpfen.“ Andererseits gebe es im Film auch den Leiter einer BKA-Spezialeinheit, Widersacher der von Heino Ferch gespielten Figur, der recht schlüssig argumentiere, warum es heute einer verschärften Überwachung bedarf.

Regisseur Elmar Fischer hofft, dass der Film Diskussionen über die innere Sicherheit und den Umgang mit Terrorismus auslöst. Während der Dreharbeiten am Gendarmenmarkt sei das schon geschehen. Verdutzte Passanten, Berliner und Touristen, hätten angehalten und sich miteinander unterhalten, erzählt Fischer. „Das ist, was Film im besten Fall leisten kann.“

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