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Auf der Straße des 17. Juni, zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor findet die Abschlusskundgebung statt.

© dapd

Demo in Berlin: "Wir müssen doch etwas tun"

Die Teilnehmer der Anti-Atomkraft-Demo in Berlin sind gut zu Fuß - schon gegen 13:15 Uhr erreichen sie die Siegessäule. Unter den Teilnehmern sind auffallend viele Junge. Um 14.15 Uhr wird es plötzlich ganz still.

Ziemlich voll, hier am Potsdamer Platz - schon vor dem offiziellen Start um 12 Uhr am Sonnabend hat sich die Anti-Atomkraft-Demo durch die Berliner Innenstadt deshalb in Bewegung gesetzt. Rund 20.000 Menschen haben sich versammelt, die Polizei hebt die Bannmeile rund um den Bundesrat am Leipziger Platz wegen des großen Andrangs vorübergehend auf, die Lkw mit Plakaten und Musik fahren langsam los.

Die Stimmung ist friedlich, die Demonstranten tragen Transparente. "Erneuerbar statt atomar" ist dort zu lesen oder "Fukushima mahnt - Alle AKW abschalten", das offizielle Motto der Demonstration. Egal, wen man fragt, die Menschen misstrauen dem Moratorium der Bundesregierung. Für drei Monate ist die von Schwarz-Gelb beschlossene Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke (AKW) ausgesetzt. Viele fürchten, dass die deshalb abgeschalteten sieben ältesten Meiler anschließend wieder ans Netz gehen.

Zu einem kleinen Gerangel kommt es hinter dem Führungsplakat an der Spitze des Zuges. Eigentlich ist vereinbart, dass alle teilnehmenden Parteien und Initiativen jeweils nur eine Fahne dort präsentieren. Die SPD interessiert das nicht - ihr rotes Parteilogo taucht gleich mehrfach auf. "Haltet euch an diese Absprache", rufen einige Teilnehmer. Und: "Auch die Grünen sind Mitveranstalter."

Auf der Potsdamer Straße angekommen, marschieren die Menschen in 50er-Reihen nebeneinander, dann biegt der Zug an der Neuen Nationalgalerie rechts auf das Reichpietschufer ab.

Unter den Teilnehmern sind auffallend viele junge Menschen. "Wir müssen doch etwas tun", antwortet eine Gruppe von Schülern einhellig auf die Frage, warum sie dabei sind. Eine junge Frau erzählt, dass ihre Eltern sie schon vor 25 Jahren mit zu einer Anti-Atom-Demo genommen haben - nach dem GAU in Tschernobyl. Heute ist sie aus eigenem Antrieb hier und hat ihrerseits ihre Kinder mitgebracht.

Doch auch die älteren Teilnehmer wissen, warum sie heute mitlaufen. "Wir Alten müssen uns zeigen, wir haben eine Verantwortung unseren Kindern und Enkeln gegenüber", sagt ein 66-Jähriger, der nicht den Eindruck erweckt, als gehöre Demonstrieren zu seinen üblichen Hobbys.

Der Protestzug passiert die CDU-Parteizentrale in der Klingelhöfer Straße. Inzwischen ist die Zahl der Teilnehmer nach Schätzung der Polizei auf mehr als 120.000 angewachsen. Die Menschen pfeifen, um ihrem Unmut über die Politik der Regierungspartei Luft zu machen. Doch die Proteste bleiben friedlich. Die Polizei hat offensichtlich nichts anderes erwartet: Vor dem Zug fährt ein einziger Mannschaftswagen, acht Beamte laufen zu Fuß.

Der Zug ist schnell unterwegs, bereits gegen 13.15 Uhr erreicht er die Siegessäule. Auf einer Bühne, unweit des Brandenburger Tores wird die Abschlusskundgebung stattfinden. Einer der Redner wird DGB-Chef Michael Sommer sein, der sich während der Demo unter die Protestierenden gemischt hat. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und seine grünen Pendants Renate Künast und Jürgen Trittin sind ebenfalls dabei.

Um 14.15 Uhr wird es mit einem Schlag ruhig auf der Straße des 17. Juni. Zehntausende verharren ein Minute in aller Stille, um den Opfern des Bebens und der Atomkatastrophe in Japan zu gedenken.

Bundesweit gehen an diesem Sonnabend Hunderttausende auch in Hamburg, Köln und München auf die Straße.

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