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Wahlbezirke (6): Friedrichshain-Kreuzberg: Die Vielfalt macht's

Was sie auszeichnet, was sie liebenswert macht, wie ihre Zukunftschancen stehen, wer in den Rathäusern künftig regieren könnte: eine Serie zur Wahl am 18. September.

Am Sonntag kloppen sie sich wieder. Stehen sich auf der Oberbaumbrücke gegenüber, hier die Friedrichshainer, da die Kreuzberger, schmeißen mit verfaultem Gemüse und Farbbeuteln, dreschen mit Schaumstoffschwertern aufeinander ein. Kiez gegen Kiez, und alles bloß Spaß. Es ist aber auch bezeichnend. Einerseits, weil sich bei der traditionellen Gemüseschlacht einige der reizendsten Talente der Bezirksbewohner zeigen: Fantasie, Lebensfreude, Ironie, Verspieltheit plus eine Schaffenskraft, die selten allein auf ökonomische Verwertbarkeit ausgerichtet ist. Andererseits, weil sie tatsächlich bestehen, die diffusen Animositäten zwischen Friedrichshainern und Kreuzbergern. Als 2001 erstmals die Stadträte des neuen Großbezirks zusammentraten, verkündeten sie allen Ernstes, Friedrichshain und Kreuzberg befänden sich in einer „Zwangsehe“. Und dass man sicher keine Liebe, aber immerhin eine „Vernunftehe“ anstrebe. Die Unterschiede bestehen heute noch – etwa bei den Wahlergebnissen: In Kreuzberg dominiert Grün, in Friedrichshain rangeln Linke und SPD um Meinungsführerschaft. Auch bei der demografischen Zusammensetzung wird die Heterogenität deutlich: In Kreuzberg liegt der Migrantenanteil über 30 Prozent, in Friedrichshain unter zehn; hier ist der Anteil der Unter-30-jährigen weit höher. Was eint, ist der Kampf gegen vergleichbare Probleme: Arbeits- und Perspektivlosigkeit sowie steigende Mieten zählen zu den drängendsten. Und nur in Mitte werden noch mehr Straftaten gezählt. Touristenhorden werden zunehmend als Bedrohung empfunden, das wiederum lässt sich schwer mit dem weltoffenen Selbstbild des Bezirks vereinbaren. Nirgendwo gibt es weniger Grünflächen; dafür die meisten Hunde pro Einwohner.

Mit seinen 20 Quadratkilometern Fläche ist Friedrichshain-Kreuzberg zwar der kleinste Bezirk, in seiner bundesweiten und internationalen Wahrnehmung prägt er trotzdem das Image Berlins entscheidend mit – als Biotop für Kreative und Lebenskünstler, Idealisten und Selbstverwirklicher, Hänger und Druffis. 13 300 Menschen leben hier pro Quadratkilometer, das ist berlinweit spitze. Die Vielfalt ist es sowieso.

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