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Blonde Freiheit: Rechtspopulist Geert Wilders spricht auf Wahlkampfkundgebung

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders hat am Samstag seine Berliner Fans besucht – und erwartungsgemäß antimuslimische Ressentiments bestärkt.

Von Frank Jansen

Sie haben Ängste, sie haben Ressentiments, obwohl kaum einer aussieht, als ginge es ihm schlecht. „Ich befürchte die politische Unterwanderung durch den Islam“, sagt eine ältere Frau im dunkelblauen Kostüm auf die Frage, warum sie hierhin gekommen ist, ins Hotel Maritim an der Stauffenbergstraße, wo am Sonnabend der holländische Rechtspopulist Geert Wilders erwartet wird. Die Frau sagt auch, sie habe keine schlechten Erfahrungen mit Muslimen gemacht, „aber mein Enkel, der ist 17 Jahre alt, der wurde beschimpft und geschlagen“. Ein jüngerer Mann, „im Gesundheitsmanagement“ tätig, erregt sich über „50 000 Beschneidungen von muslimischen Mädchen in Deutschland“. Ein älterer Architekt aus den USA formuliert seine Haltung zu Muslimen so: „Die ficken wie die Kaninchen“.

So würden René Stadtkewitz, Chef der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“, und sein Gast aus den Niederlanden öffentlich nie formulieren. Dennoch schüren beide auch am Sonnabend die düsteren Sorgen des Publikums, man könnte auch sagen: die für Rechtspopulisten typische Lust an der Angst. Etwa 600 Anhänger sind gekommen, der Prunksaal mit den Kronleuchtern ist nicht ganz gefüllt, obwohl „Die Freiheit“ die Eintrittskarten zuletzt für nur noch fünf Euro verschleudert hat.

Vielleicht bleibt der Andrang übersichtlich, weil Wilders vor einem knappen Jahr schon mal in Berlin geredet hat, um Stadtkewitz zu unterstützen. Und es nicht viel genutzt hat. „Die Freiheit“ liegt in den Umfragen bei null-komma-x. Das weiß auch das Publikum. „Ich möchte es glauben, dass wir über fünf Prozent kommen“, sagt der Mann vom Gesundheitsmanagement, „aber für realistisch halte ich das nicht“.

Einer der Gegendemonstranten schafft es bis in den Hotelsaal. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Nach den Grußworten eines Dänen und des Chef der Partei „Schwedendemokraten“, die inzwischen im Stockholmer Reichstag sitzt, spricht Stadtkewitz. Er dankt dem Hotel Maritim, „dass sie sich nicht von irgendwelchen Schreiern haben beirren lassen“, als der Saal an seine Partei vermietet wurde. Das Hotel „Berlin, Berlin“, in dem Stadtkewitz mit Wilders im Oktober 2010 auftrat, hätte jetzt womöglich abgeraten. Das Haus wurde wegen der islamfeindlichen Veranstaltung angefeindet, der Ruf bei Gästen aus dem Ausland, dem islamischen zumal, dürfte gelitten haben. Auch Gäste aus dem Maritim blicken am Sonnabend irritiert, als die Zufahrtsstraßen von der Polizei abgesperrt sind. Jedenfalls kommen die linken Demonstranten nicht durch die Gitter. Bis auf einen, der im Saal plötzlich „Alerta antifascista“ ruft, als Wilders redet. Stiernackige Ordner stürzen sich auf den jungen Mann, Wilders lächelt kurz.

Was hat der Holländer, gewohnt platinblond und braungebrannt, hier zu sagen, der Mann, der in seinem Land eine Minderheitsregierung toleriert und auf einen härteren Kurs gegen Einwanderer gezwungen hat? „Wir haben erfolgreich angefangen, den Prozess der Islamisierung der Niederlande zurückzudrücken“, der Saal jubelt. „Der Grund, warum wir den Islam zurückweisen, ist die gewalttätige Natur des Islam“, kräftiger Beifall. „Wir stehen ein für Israel, wir lieben Israel, Israel ist Teil unserer Kultur“, auch jetzt wird geklatscht, Antisemitismus ist bei Rechtspopulisten out. Wilders lobt Sarrazin und dessen Buch und bedauert, dass sich in Deutschlands „nichts geändert hat, im Gegenteil: Deutschlands Eliten erhöhten die Geschwindigkeit der Islamisierung Deutschlands!“ Die Leute klatschen und klatschen. Begeistert vor lauter Angst.

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