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Charlottenburg: Wildschweine pflügen Soldatenfriedhof um

Ein Rudel Wildschweine hat schwere Schäden auf der britischen Kriegsgräberstätte an der Heerstraße angerichtet. Jäger dürfen dort nicht schießen, die Wiederherstellung des Geländes kann erst im Frühjahr begonnen werden.

Wildschweine haben weite Teile des britischen Soldatenfriedhofs an der Charlottenburger Heerstraße schwer verwüstet. Ein solch massives Auftreten der Tiere habe er noch nie erlebt, berichtet Jonathan Reeves. Er ist „Head Gardener“ eines fünfköpfigen Teams, das für die britischen Commonwealth War Graves Commission (CWGC) den Berliner Friedhof und zwei weitere Kriegsgräberstätten in Stahnsdorf und Zossen betreut. Bereits im September des Vorjahres seien die ersten Tiere aufgetaucht und hätten kleinere Schäden verursacht. Seitdem hängen Warnschilder am Tor: „Warning – Beware of the Wild Boars“ (Warnung – Hüten Sie sich vor den Wildschweinen).

Nach Einbruch des Winters suchten die Wildschweine das Gelände neben dem RBB-Sendemast zeitweise Nacht für Nacht heim. Für die Tiere stelle der intensiv gepflegte Rasen des Friedhofes eine reichhaltig gedeckte Tafel dar, erläutert der Landesjagdbeauftragte Dirk Ehlert. Wenn sie hier den Boden durchwühlen, finden sie besonders leckere Engerlinge. Ein entsprechendes Bild bietet das Gelände. Betroffen sind rund 10 000 Quadratmeter, mehr als ein Viertel des Areals. Besonders stark haben die Wildschweine im westlichen Teil gewütet. Bis an die in Reihen aufgestellten Grabsteine aus weißem Portlandsandstein ist hier der Boden fast flächendeckend umgepflügt.

Inzwischen wurden Stadtjäger und Förster auf das Wildschweinrudel angesetzt, das einen Weg auf den umzäunten Friedhof gefunden hat. Dort selbst musste man allerdings aus Sicherheits- und wohl auch aus Pietätsgründen darauf verzichten, auf die Tiere zu schießen. Da diese sich meist nahe der Grabsteine bewegen, war die Gefahr von Querschlägern zu groß. Immerhin gelang es unlängst, drei Schweine im direkten Umfeld zu erlegen. Ein weiteres wurde bereits vor einiger Zeit auf der Heerstraße überfahren.

Einige kleinere Schadenstellen hat man bereits zu reparieren versucht. Jetzt wird der Friedhof mit einem stärkeren Zaun ausgestattet. Mit der eigentlichen Schadensbehebung kann erst im Frühjahr begonnen werden. Zehn bis 14 Tage werden die gröbsten Erdarbeiten dauern, für die extra Verstärkung aus der Nordeuropa-Zentrale des CWGC im belgischen Ieper anreisen wird. Im Westteil wird man den Boden mit schwerem Gerät komplett austauschen müssen, sagt Jonathan Reeves. Den Schaden schätzt der Obergärtner auf „einige 10 000 Euro“. Wenn alles klappt, könnte der neue Rasen schon am 25. Juni sprießen. Dann zelebrieren die britischen Veteranen auch in Berlin den Armed Forces Day.

Auf dem 1957 eingeweihten „Berlin 1939–1945 War Cemetery“ befinden sich 3580 Gräber von Kriegsopfern aus dem britischen Commonwealth. Neben 2680 Briten ruhen hier 527 Kanadier, 223 Australier, 56 Neuseeländer, 50 Inder und 31 Südafrikaner. Dazu kommen fünf Polen und acht unidentifizierte Tote. Die letzte Beisetzung fand im Oktober 2008 statt, als der britische Pilot John Bremner zur letzten Ruhe gebettet wurde. Seine sterblichen Überreste waren im Wrack eines abgeschossenen Bombers in Köpenick entdeckt worden.

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