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50 Jahre Mauerbau: Ab 12 Uhr steht Berlin still

Im Gedenken an den Bau der Berliner Mauer wird am heutigen Samstagmittag die ganze Stadt innehalten - und diskutieren. Zum Beispiel über DDR-Uniformen am Brandenburger Tor.

Die Schweigeminute ist eine Initiative der Stiftung Gedenkstätte Berliner Mauer und des Tagesspiegels unter dem Motto „Berlin steht still“. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) rief die Berliner auf, bei der Aktion mitzumachen. Unterstützung kam auch von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), den Berliner Fraktionsvorsitzenden und den Spitzenkandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters.

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, sagte dem Tagesspiegel, der Mauerbau verdiene ein Innehalten. „Er war eine Zäsur für dieses Land, für diese Stadt, für jeden Einzelnen, dessen Freiheit durch dieses Bauwerk beschränkt wurde. Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, was Unfreiheit bedeutet, dann können wir Freiheit besser schätzen, nutzen und genießen.“ Der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) lobte die Schweigeminute als „angemessene Form der Erinnerung und der Aufarbeitung dessen, was es an politischer Entwicklung und Unrecht in der DDR gegeben hat“.

Die Berliner sollen um 12 Uhr verharren, wo sie gerade sind, sagte Pfarrer Manfred Fischer von der Gedenkstätte Bernauer Straße. S-Bahn und BVG wollen die Züge für eine Minute stoppen, am Checkpoint Charlie und in der Reichstagskuppel soll eine Minute lang Ruhe einkehren. Vor der Schweigeminute wollen Bundespräsident Christian Wulff, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bei einer zentralen Gedenkfeier der Opfer gedenken. Ebenfalls am Samstag wird der zweite Teil der Außenausstellung zur Mauer entlang der Bernauer Straße eingeweiht.

Linken-Chefin Gesine Lötzsch gerät unterdessen wegen ihrer Äußerungen zum Mauerbau unter Druck. Union und FDP warfen ihr am Freitag eine Verklärung der DDR-Geschichte vor. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einem „Schlag ins Gesicht für alle Angehörigen der Maueropfer“. In einer gemeinsamen Erklärung vom Freitag bekräftigten Lötzsch und der Ko-Vorsitzende Klaus Ernst ihre Ansicht, die Teilung Deutschlands sei „ein Ergebnis des Zweiten Weltkriegs“. Der Mauerbau sei „nicht akzeptables Unrecht“, zugleich aber „ein Produkt des Kalten Krieges“.

Dagegen hatte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi schon am Vorabend bei einer Tagesspiegel-Veranstaltung zu Bedenken gegeben: „Wenn ich eine gerechtere Gesellschaft aufbaue, kann ich es nie dadurch machen, dass ich die eigenen Leute einsperre und auf sie schieße, wenn sie gehen wollen. Das geht einfach nicht, das ist zutiefst inhuman.“ Der Fraktionsvorsitzende fügte hinzu: "Ich kann erklären, wie es zur Mauer kam. Ich weiß auch die Gründe, ich weiß, dass der Westen natürlich der DDR schaden wollte und viele Maßnahmen dazu ergriffen hat. Aber das ist doch was ganz anderes, das zu erklären, als es zu bewerten. Und wenn ich ein demokratischer Sozialist bin, kann ich bei der Bewertung nur klipp und klar Nein sagen, auch wenn ich historisch erklären kann, wie es dazu gekommen ist. Für mich gibt es deshalb nur eine Verurteilung einer solchen Maßnahme."

Im Zuge des 50. Jahrestages des Mauerbaus wird auch darüber diskutiert, wie mit Symbolen der DDR umgegangen werden soll. Vor allem die Uniformen der ehemaligen DDR-Volksarmee geraten in die Kritik. Denn insbesondere vor dem Brandenburger Tor präsentieren sich Schausteller in diesen Uniformen und lassen sich von Touristen darin fotografieren. Der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, fordert ein Verbot von DDR-Folklore am Brandenburger Tor. 50 Jahre nach dem Mauerbau sei es an der Zeit, dass die Bundesregierung „dieses geschmacklose Treiben“ verbiete, erklärte Knabe. Auch aus der Union kommt jetzt diese Forderung. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU): „Es ist höchste Zeit, die Symbole der SED-Diktatur aus der Öffentlichkeit zu verbannen.“ Der DDR-Unrechtsstaat dürfe nicht durch falsch verstandene Folklore verharmlost und verniedlicht werden. „Für die Opfer des SED-Regimes ist es unerträglich, wenn Menschen in DDR-Uniform zur Normalität des Berliner Stadtbilds gehören“, sagte Krings. Der CDU-Politiker forderte die Berliner Landesregierung deshalb zum Einschreiten auf. „Der rot-rote Senat muss auf Grundlage des Polizei- und Ordnungsrechts dafür sorgen, dass DDR-Uniformen in der Hauptstadt nicht mehr getragen werden dürfen.“ (Mit dapd)

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