zum Hauptinhalt

Verbot ab nächstem Jahr: Schilder und Bußgelder gegen Griller im Tiergarten

Bei schönem Wetter trafen sich Unentwegte im Tiergarten auch am Sonnabend zum Barbecue, ab nächster Saison ist das Grillen dort verboten. Die Junge Union kritisierte die Einigung von SPD und CDU im Bezirk Mitte.

Das von Miniermotten zerfressene Kastanienlaub rieselt zu Boden, der Herbstspaziergang durch den Tiergarten führt durch Bucheckernfelder. Grillduft zieht in die Nase. Grillschwaden, bei 12 Grad Außentemperatur? „Wir sind das letzte Mal in diesem Jahr hier, zum Abgrillen“, sagt Marina Frass. Mit Tochter und Schwiegersohn ist sie extra aus Spandau nach Tiergarten gefahren mit Grillkohlensack, Gurken, Würstchen, Servietten und Stühlen. Grillen sei einfach „wunderschön relaxed.“ Und es gehört jetzt auch im Tiergarten wohl für immer der Vergangenheit an. Die Zählgemeinschaft aus SPD und CDU im Bezirk Mitte hat ab kommender Saison ein Grillverbot auch für das Areal beschlossen, in dem zuletzt noch gegrillt werden durfte. „Das ist aber schade“, sagen die russischstämmigen Herbstgriller, die extra Müllsäcke mitgebracht haben. „Wo sollen wir denn dann hingehen?“

Das hat der amtierende stellvertretende Bürgermeister von Mitte, Carsten Spallek (CDU), schon oft gehört. Auch von anderen Bezirksbürgermeistern, die ihm vorwarfen: Ihr seid doch selber schuld, wenn ihr euch die Probleme einhandelt, bei uns ist öffentliches Grillen längst untersagt. In Neukölln gibt es Spallek (auch Stadtrat für Wirtschaft, Immobilien und Ordnungsamt) zufolge – keine einzige ausgewiesene Grillfläche mehr.

Mitte habe anders als rund die Hälfte der Berliner Bezirke bis zuletzt großzügig eine Ausnahme gemacht, betont Spallek. Denn laut Grünanlagenschutzgesetz sei offenes Feuer in Parks generell verboten. Wegen der großen Beliebtheit des Parks und der jahrelangen Versuche des guten Zuredens habe Mitte das Grillen aber ausnahmsweise gestattet. Doch nun, auch nach den guten Erfahrungen mit der rund achtwöchigen Sperrung der Grillflächen gegenüber dem Haus der Kulturen der Welt, südlich der John-Forster-Dulles-Allee, sei kein Ausweg geblieben.

Das Grillgelände war erst während der Fußballfanmeile 2010 als Panik-Ausweichgelände abgesperrt, dann wegen der Waldbrandgefahr noch einige Tage länger. „So fielen 65 Prozent weniger Müll an“, sagt der Stadtrat. Üblicherweise summieren sich die jährlichen Zusatzkosten für den Bezirk wegen der Beseitigung des Grillmülls, der von etlichen Besuchern einfach stehen- und liegen gelassen wird, auf 300 000 Euro. Darum geht es vor allem beim Streit ums Grillen im Tiergarten: die hohen Müllbeseitigungskosten, die im gartendenkmalgeschützen Areal für den Bezirk anfallen, weil laut Spallek ignorante Bürger aus ganz Berlin quer durch alle Nationalitäten und Bevölkerungsschichten ihre Umwelt verdrecken. Auf Kosten anderer, nicht nur in finanzieller Hinsicht.

Angela Leiberg kennt die Müllberge, „da radele ich im Sommer immer dran vorbei, das ist sehr unschön“, sagt die 55-Jährige, die auch am sonnigen Herbstsonnabend mit ihrem Rad im Tiergarten unterwegs ist. „Aber das jetzt komplett zu verbieten, das finde ich Berlins nicht würdig.“ Selbst die Touristenbusse führen gezielt dort vorbei, das lebendige Miteinander, das Genießen des Sommers draußen, die Familientreffen, das sei doch „ein Stück Lebenskultur“. „Wissen Sie“, sagt die Lehrerin, „Ich kenne viele Parks, in denen nicht gegrillt wird und in denen es trotzdem schlimm aussieht.“ Die Junge Union kritisiert jetzt die eigene Partei für eine „überzogene Reaktion“. Man solle lieber die Griller über Parkkarten an den Kosten beteiligen.

Im Bezirksamt bereitet man sich derzeit darauf vor, das Verbot umzusetzen. Wenn die Bezirksverordnetenversammlung frühestens am 17. November, spätestens im Winter zugestimmt habe, sollen zur nächsten Saison Schilder aufgestellt, Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung betrieben werden und Ordnungskräfte bei Kontrollstreifen je nach Reaktion der Falschgriller Bußgeldbescheide in bis zu dreistelliger Höhe schreiben.

Die letzten Griller im Tiergarten rücken derweil mit den Stühlen weiter, vom Schatten weg, rein in die letzte Sonne. Tief durchatmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false