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Das Cover zum neuen "Drauf und Dran"-Album "Colors"

© Promo/Vitali Gelwich

Portrait: DJ Drauf und Dran: “Sie nennen mich den Flummi”

Seit fünf Jahren tingelt DJ Jonas Mohr durch die Electro-Clubs der Republik, am Freitag erscheint sein erstes Album. Unser Autor Nikolas Kappe hat den selbsternannten Erfinder des “In-die-Fresse-Techno” auf dem Holi-Festival in Berlin getroffen.

Seine ersten Kontakte zur Berliner Electro-Szene knüpfte Jonas Mohr auf der Toilette. Nicht auf irgendeiner, sondern auf der eines Friedrichshainer Szene-Clubs. So mancher bekannte DJ ging dort seiner Notdurft nach. Mohr war der Klomann - und quatschte sie alle an, hemmungslos. Das war vor gut zehn Jahren. Damals hatte er noch nicht besonders viel mit elektronischer Musik am Hut. Er machte ein bisschen Hip-Hop, hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.

Frühling 2013: Aushilfsjobs und Hip-Hop sind Geschichte. Ein Künstlerbetreuer bringt Jonas Mohr vergangenen Samstag vom Backstagebereich in die Presselounge des “Holi Festival of Colors”. Draußen bewerfen sich die Festivalbesucher schon seit vier Stunden mit bunten Farbbeuteln. Er hat sich zwei Plastikbecher voll Bier mitgebracht.  „Gegen die Aufregung”, sagt er. Vor der Bühne warten 12.000 Leute auf ihn. Eigentlich müsste er nicht aufgeregt sein, das Holi Festival in  Berlin ist für ihn ein Heimspiel. Viele Besucher kennen ihn bereits.

Basecap, Schlabber-Shirt und Turnschuhe: Durch seinen Style scheint es, als sei er noch fest im Hip-Hop verankert - doch den hat er schon lange aufgegeben. “Ich wollte nicht zum Rüpel-Rapper werden wie so viele andere”, sagt er. Jetzt macht er knallharten Electro – den er selbst als “in-die-Fresse-Techno, der schön nach vorne drückt” bezeichnet. Er berlinert was das Zeug hält, zappelt sympathisch herum während er redet. “Sie nennen mich den Flummi”, lacht er. Auch auf der Bühne rudert er oft wild mit den Armen, springt hin und her und heizt damit das Publikum an.

Vom Klomann zum Technostar -  diesen Aufstieg hat Mohr nicht nur durch die Kontakte auf der "Club-Toilette” fertig gebracht. “Hinter meinem Erfolg steckt jede Menge Arbeit”, sagt er,  “am DJ-Pult, im Studio und im Büro”. Sein DJ-Dasein fängt bescheiden an, fünf Jahre ist das her. Er spielt auf Geburtstagsparties von Freunden, nur zum Spaß, nichts Großes. Auf einmal geht alles ganz schnell: Sein Freund Primoe steigt mit ein, zusammen spielen sie drei bis vier Nächte in der Woche in Berliner Clubs. Ihr Wahlbezirk Neukölln ist in dieser Zeit ihre geistige Heimat, ihr künstlerischer Dunstkreis, ihre Inspirationsquelle: “In die Fresse Neukölln” heißt ein Set, “Franzi fährt mit Fahrrad durch Neukölln” ein anderes. “Zwei Euro Herrengedeck Neukölln” spielt auf ihre Erfahrungen mit den altberliner Kneipen des Bezirks an. Bei Soundcloud werden diese Sets über 50.000-mal abgespielt. Die Auftritte außerhalb der Hauptstadt werden mehr, sie spielen 2011 sogar in Israel und Großbritannien. Bis Primoe nach vier Jahren einen Zusammenbruch hat. “Das war alles zu viel für ihn”, sagt Mohr, “das Nachtleben, der Bekanntheitsgrad. Es war besser für ihn, aufzuhören.” Seitdem macht Mohr alleine weiter.

Hoch konzentriert: Jonas Mohr alias "Drauf und Dran" auf dem Holi Festival in Berlin 2013
Ausnahmsweise ein kurzes Innehalten: Jonas Mohr ist hoch konzentriert bei der Arbeit auf dem "Holi Festival" 20013

© Nikolas Kappe

Mit seinem neuen Album “Colors” legt Mohr nun ein Album vor, das sich vom “in-die-Fresse-Techno” zu einer vielseitigen Melange aus Beathouse, Techhouse, Minimal, Electro-Swing und Techno entwickelt hat. Meist ein treibender, tiefer Soundtrack für Open Airs. Sogar Reaggae-Inspirationen sind dabei.

Primoe ist nach einer Auszeit wieder über dem Berg und hat seinen ehemaligen Kollegen für sein Album vom Schreibtisch aus unterstützt. “Ich bin ihm dafür unendlich dankbar”, sagt Mohr. Von draußen hört man die Bässe hämmern. Der Flummi muss gleich auf die Bühne. Sein Auftritt wird wieder gut ankommen.

Am Freitag, den 17. Mai 2013 erscheint das neue Album “Colors” von Drauf und Dran - digital und als Doppel-Vinyl beim Berliner Label Stylerockets.

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