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Little Big City zeigt, was nicht mehr da ist: die Mauer.

© Kitty Kleist-Heinrich

"Little Big City": Am Alex eröffnet das neue Mini-Berlin

Die Stadt und ihre Geschichte kann man jetzt im Miniaturformat erleben. Bei „Little Big City“ begeistern die Details – nicht alle stimmen.

Der Alexanderplatz ist um eine Attraktion reicher: Am heutigen Sonnabend öffnet im Fuß des Fernsehturms „Little Big City Berlin“. Das ist eine Ausstellung, in der die Geschichte und Gegenwart der Metropole im wahrsten Sinne des Wortes lebendig gemacht wird. Vieles dreht sich, fast alles bewegt sich, die bewegende Geschichte der Stadt wird auf etwa 1500 Quadratmetern mit virtuosen Mitteln auf vielfältige Weise erzählt. Mal ernst, mal humorvoll, mal mit einem Augenzwinkern, dann wieder beängstigend und kritisch. Berlin – wie ein Kinderspiel mit tausenden Figuren im Kleinformat.

Das Berühren der Figüren ist nicht vorgesehen, aber man kann sie zum Leben erwecken, zum Beispiel an die fünfzig NVA-Soldaten per Knopfdruck in Marsch setzen oder mit einer Handbewegung die Mauer zum Einsturz bringen. In einem anderen Bild gelang es, spektakuläre Mauerfluchten auf gerade mal einem Quadratmeter vorzuführen: Da schwebt einer mit einem Ballon davon, ein anderer rast mit eingezogenem Kopf unter einer Schranke hindurch, andere buddeln fleißig einen unterirdischen Tunnel – Szenen wecken Erinnerungen. Man staunt über die Perfektion, mit der das ganze Geschichtspanorama funktioniert.

"Mit Ehrgeiz und Können"

Zu den geistigen Vätern gehören Berliner Historiker, aber das Gros der Darstellungen und Darsteller wurde in London entwickelt. „Mit Ehrgeiz und Können“, sagt Anja Nitsch, die Managerin. Sie möchte, „dass jeder Besucher mit wenigstens einer für ihn neuen Geschichte die Ausstellung verlässt“. An die 6000 Gestalten wurden von den englischen Modellbauern produziert, jede Figur kam quasi nackt und bloß aus dem 3-D-Drucker und wurde dann bunt bemalt.

Echt wirken die Panzer, wie sie durch Berliner Trümmerlandschaften rollen – hier sowjetische T-34, da deutsche „Tiger“. All das im Spielzeugformat, im Gegensatz zum Reichstagsbrand, der sich auf einer ganzen Wand vom kleinen Flämmchen zum Großbrand entwickelt. Es lodert heftig, die Technik, die die Illusion perfekt macht, ähnelt der, die im Herbst von den Machern der „Berlin leuchtet!“-Schau angewandt wird. Für jeden Turm des Reichstags benötigte ein 3-D-Drucker 120 Stunden. Um den „Reichstag in Flammen“-Effekt zu erzeugen, sind sieben Projektoren notwendig, die vier Meter breite und zwei Meter hohe Bilder auf das Modell projizieren, um das Feuer realistisch darzustellen.

780 ereignisreiche Jahre

Echt wirken auch andere Brände, von denen es in Berlin nicht mangelte. Der Feuertod von Propst Nikolaus, der an der Marienkirche in Rauch aufgeht, oder die Bücherverbrennung durch die Nazis auf dem damaligen Opernplatz – Wasserdampf als geruchloser Qualm macht die kleine Illusion perfekt.

Der Reichstag in Flammen.
Der Reichstag in Flammen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Manche Szene ist in ein mattes Licht getaucht, die zweisprachigen Schilder sind manchmal zu klein geraten und schwer leserlich. Die Macher wollten in ihrer Bilderflut unbedingt große Kleinigkeiten unterbringen: So taucht Casanova auf oder Napoleon, vom Alten Fritz ganz zu schweigen. Und Marlene Dietrich schmettert ihre Lieder auf der Bühne vom Wintergarten, die goldenen Zwanziger tanzen vorüber, bis alles in Scherben fällt.

Zwischen den Anfängen der Städtchen Berlin-Cölln und dem Heute liegen 780 Jahre und unzählige Ereignisse. Hier wird versucht, eine Chronologie der Stadtgeschichte mit modernen Mitteln zu erzählen. Der Rahmen ist eng und klein, man eilt rasch von einem Jahrhundert ins nächste. Eben noch bewunderst du die diversen Modelle vom uralten Stadtschloss, da redet John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg.

Tand, Tanz und Trallala der goldenen Zwanziger sind vorüber, da erscheinen die Trümmerfrauen, die die unglaubliche Menge von 75 Millionen Kubikmetern Schutt abräumen und in Loren verladen. 363 Mal heulten zuvor die Sirenen und trieben die Einwohner in die Keller. 500 000 Tonnen Bomben wurden von den alliierten Luftverbänden im Himmel über Berlin ausgeklinkt und abgeworfen. Ihr Völker der Welt, schaut heute auf diese Stadt!

Kleine Stadt, große Geschichten

Little Big City zeigt, was nicht mehr da ist: die Mauer, die Großbaustelle Potsdamer Platz. Den Palast der Republik mit Margot und Erich Honecker, die am 7. Oktober 1989 mit dem Schmied der Einheit Michail Gorbatschow das Volk begrüßen.

Erinnerung an einen Staat, den es so nicht mehr gibt.
Erinnerung an einen Staat, den es so nicht mehr gibt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Das wirkt manchmal etwas ulkig: Der Schah von Persien und seine „Beschützer“-Figuren vor der Deutschen Oper. Die Redner am 4. November 1989 auf dem Alex, der hier vor die Marienkirche verlegt wird. Nichts ist perfekt – aber mehr Berlin geht nicht.

Little Big City“ ist auf der Rückseite des Fernsehturms zu finden. Es ist täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr. Erwachsene zahlen stolze 16, Kinder 14 Euro.

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