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Der "Zwarte Piet" am Samstag in Potsdam: Die Figur ist der Gehilfe des "Sinterklaas" und wird traditionell als Schwarzer Junge mit krausen Haaren dargestellt. Das sorgt für Proteste.

© Manfred Thomas

Rassismus-Vorwurf gegen Sinterklaas-Fest: Schwarze Weihnachten in Potsdam

Der Sinterklaas ist eine Art niederländischer Nikolaus. Vergangenen Samstag kam er ins Holländische Viertel nach Potsdam - doch es gab auch Proteste. Kritiker sehen in der Darstellung der Figur und vor allem ihres Begleiters Rassismus.

Für viele Potsdamer und ihre Besucher ist es eine liebgewordene Tradition – für andere ist es ein Beispiel für den unsensiblen Umgang mit rassistischen Stereotypen und der Kolonialgeschichte. Das Sinterklaas-Fest, das seit Jahren in der Weihnachtszeit im Holländischen Viertel in Potsdam stattfindet, hat eine kontroverse Debatte provoziert.

Wie auch in den Vorjahren, legte der Sinterklaas – eine Figur, die an den Heiligen Nikolaus angelehnt ist – am Sonnabend mit einem Schiff am Hafen der Weißen Flotte an, begleitet von dem „Zwarten Pieten“, danach bestieg er eine Kutsche und fuhr zum Weihnachtsmarkt im Holländischen Viertel. In den Niederlanden wird der Aufzug, der dort bereits am 5. Dezember stattfindet, dem Todestag des Heiligen Nikolaus, seit Jahren heftig diskutiert. Der Vorwurf: Der „Zwarte Piet“, eigentlich ein Äquivalent zum hiesigen Knecht Ruprecht, transportiert offen rassistische Symbolik – schwarz geschminkte Haut, Kraushaarperücke, rote Lippen, und das im Kontext der niederländischen Kolonisierungsgeschichte.

Eine Mutter wirft den Demonstranten vor, den Kindern zu schaden

Jetzt gibt es diese Debatte auch in Potsdam. So fand sich am Sonnabend neben den Potsdamern und holländischen Touristen, die bunte Fähnchen zur Begrüßung schwenkten, auch eine Handvoll Gegendemonstranten ein, die mit dieser für sie diskriminierenden Haltung alles andere als einverstanden waren: „Kickout Zwarte Piet“ war auf einem der Transparente zu lesen, die etwa Jamie Shearer dabei hatte. „Es ist eines unserer Grundrechte, diskriminierungsfrei zu leben“, sagt sie.

Eine Mutter habe sie angesprochen und ihr vorgeworfen, dass sie mit dem Protest den Kindern schade: „Das Gegenteil ist der Fall“, hält Shearer dagegen. „Wir wollen, dass unsere Kinder vorurteilsfrei aufwachsen.“ Kunta Rincho ist extra aus Amsterdam angereist: Der Aktivist engagiert sich europaweit in verschiedenen Netzwerken gegen institutionellen Rassismus. „Ich bin genauso Niederländer wie die anderen. Warum soll ich für meine Akzeptanz kämpfen müssen?“, fragt er.

Man könne ja auch nicht Othello verbieten, sagt der Organisator

Dass hier mit rassistischen Stereotypen gespielt wird, steht für Rincho außer Frage: „Dass der Zwarte Piet schwarz ist, weil er durch den Schornstein gekrochen ist, ist doch ein lausiges Argument“, sagt er. Es gebe Buchillustrationen, wo die Pieten noch eine Kette am Fuß haben und mit gebrochenem holländischen Akzent sprechen. Damit würden Menschenrechte verletzt. Auch der ehemalige Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel stellt sich auf die Seite der Protestierenden: Er habe den Innenminister und die Familienministerin angeschrieben, sagt er. Eine Anzeige wegen Rassismus sei gerade von der Polizei abgewiesen worden – man sei nicht zuständig.

Hans Göbel, der ehrenamtliche Organisator des Festes, steht im Holländischen Viertel, ringt um Fassung. Schließlich könne man ja auch nicht „Othello“ verbieten, nur weil ein Schwarzer auf der Bühne stehe. Resignieren möchte Göbel jedenfalls nicht: „Die sollen mitfeiern oder gehen!“, sagt er. Ändern will er jedenfalls nichts: Das Fest gebe es nur so – oder gar nicht. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) signalisiert, dass es Kompromisse geben muss, wenn das Fest gerettet werden soll, den Rassismusvorwurf hält er aber für „maßlos“. Nächstes Jahr werde man sich an einen Tisch setzen und darüber sprechen.

Oliver Dietrich

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