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Comic & Comedy: Völlig Panne

Fil, Comiczeichner und Komiker, spielt zum Jahresende im Babylon in Berlin-Mitte. Bei Mozart denkt er an Marzahn und bei Ampelmännchen an Nazis.

Es ist wie immer bei Fil: das Programm hat gar nichts mit seinem Titel zu tun. Dass zu ändern, hat er bei der neuen Show „Chapeau Maman“ genauso wenig gepackt wie bei der vorherigen „Tauben – Delfine der Lüfte“. Nur in seiner Sharkey-Show, die beim Jahresend-Gastspiel im Babylon Mitte an zwei Tagen letztmalig läuft, da ist Fils titelgebende Hai-Handpuppe tatsächlich Hauptfigur. Aber sonst – nüscht. Vorher keine Tauben, diesmal keine Mütter oder Franzosen. „Das ist die traurige Wahrheit“, seufzt Fil, „der Titel ist eine Panne“. Monate vorher sei ihm „Chapeau Maman“ als Ideenquell erschienen, denn zu Müttern fiele schließlich jedem was ein. Jedem, außer Fil. Aber da waren die Ankündigungen zur Show schon raus.

Philip Tägert, genannt Fil, ist Komiker, Comiczeichner und Berliner – früher Märkisches Viertel, jetzt Prenzlauer Berg – und mit seinen 45 Jahren inzwischen längst mehr als eine lokale Berühmtheit. Die ist er ja als Zeichner des Kultstrips „Didi & Stulle“ im Stadtmagazin „Zitty“ sowieso (siehe nebenstehende Fotostrecke). Dass er außerhalb der Stadt als deren komische Stimme wahrgenommen wird, ist Fil allerdings egal. „Wenn ich in der Schweiz spiele, rede ich nicht über Berlin, das interessiert die doch gar nicht.“ Er googelt lieber kurz vor der Show im Hotelzimmer, was in der jeweiligen Stadt so los ist und verwurstet das kalauernd in der ihm eigenen professionell-dilettantischen Manier.

„Geld tötet den Humor“

Was in seiner neuen Show,die im November im Mehringhof-Theater Premiere feierte, so los ist, muss der Ex-Punker, der das Internet nach eigener Aussage nicht optimal nutzt, zum Glück nicht googeln. Zumindest die erste Hälfte nicht. „An die zweite kann ich mich gerade kaum erinnern, da gibt’s eigentlich nur ein extrem schwaches Lied.“ Diese sympathische Selbsteinschätzung äußert der Künstler häufiger.

Reden wir also besser über die erste Hälfte von „Chapeau Maman“. Die bestände aus nur drei Liedern, ginge aber über eine Stunde, sagt Fil. Die von ihm verfasste „Alphabetnovelle“ ist eine Geschichte, die der Kahlkopf mit der Klampfe strikt nach dem Alphabet erzählt. „Ein Trick“, sagt Fil, man müsse nur alle kniffeligen Buchstaben mit Eigennamen belegen. Das Publikum dagegen ist regelmäßig platt.

Rampensau: Die Parallelen zwischen Fil und seinen Figuren sind offensichtlich.
Rampensau: Die Parallelen zwischen Fil und seinen Figuren sind offensichtlich.

© Zitty

Auch über die steile Politthese, die Fil im „Ampelmännchenlied“ aufstellt. Er hat nämlich raus gefunden, dass der Kerl ein Ultrarechter ist. Wieso denn das? „Na, weil er die ganze Welt regeln will.“ Das heißt im Lied dann so: „Ampelmännchen, du faschistoider Clown / rot und grün ergibt braun. / Ampelmännchen, du rechte Sau / warum bist Du keine Frau?“ Ja, warum? Komiker haben nun mal die Aufgabe, unbequemen Fragen zu stellen.

Eine weitere neue Perle seiner Liedkunst ist der „Mozart-Rap“. Zu dem wurde Fil durch einen Auftritt beim Plattenfest Marzahn inspiriert. Daher stammt „Marzart“, wie der Komponist bei ihm heißt, nämlich in Wirklichkeit.

Obwohl er sogar am Silvesterabend im Babylon auf der Bühne steht, hat Fil, der dieses Jahr 135 Shows gespielt hat, keine Vorsätze fürs neue Jahr. Er zuckt die Schultern. „Bei mir bleibt alles wie es ist.“ Das heißt, auf Kleinkunstbühnen stehen und nicht zu Stefan Raab oder in irgendwelche Fernsehcomedyshows gehen. Da ginge es nur ums Geld verdienen, findet Fil. „Und Geld tötet den Humor.“

„Didi & Stulle“ zeichnet er weiter, so wie die letzten 31 Jahre seitdem er 14 ist. „Für die Fans“, sagt er, auch wenn die ganze Szene längst nicht mehr so trashig, wild und frei sei wie früher. Sein Traum ist, einen Roman raus zu bringen, da sitzt er schon dran. Ein Erwachsenenmärchen „mit schön viel Sex und Gewalt“. Ganz ohne Bilder, ist klar.

Babylon Mitte, Rosa-Luxemburg-Straße 30, Berlin-Mitte, 26. bis 31. Dezember, 20 Uhr, Tickets: 23-26 Euro

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