zum Hauptinhalt
Friedrich Sarre in orientalischen Gewändern, Berlin um 1899.

© Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Islamische Kunst / Unbekannter Fotograf

Museum für Islamische Kunst: Der Pionier als Mäzen

Friedrich Sarre liebte den Orient, ein Abenteurer in Zeiten des Kaiserreichs. Und er hat das Berliner Museum für Islamische Kunst gegründet - das ihn jetzt mit einer Ausstellung würdigt.

Gekleidet in ein kostbares arabisches Gewand, posiert Friedrich Sarre 1899 würdevoll inmitten seiner Sammlung islamischer Kunst – wie ein Scheich. Mehr Identifikation mit dem geliebten Orient ist nicht möglich. Sarre, der von 1865 bis 1945 lebte, gehört zu den großen Archäologen seiner Zeit, ein Sammler und Wissenschaftler, einer der Gründungsväter des Fachgebiets „Islamische Kunst“ und Gründer des Museums für Islamische Kunst in Berlin, des ersten und größten außerhalb der islamischen Welt, dessen Direktor er bis 1931 war. Ohne seine bahnbrechende Arbeit hätte sich die islamische Kunstgeschichte als eigene Disziplin nicht so signifikant entwickelt. Zu seinem 150. Geburtstag nun würdigt sein Museum ihn mit der Ausstellung „Wie die islamische Kunst nach Berlin kam. Der Sammler und Museumsdirektor Friedrich Sarre“.

Geschickt eingebettet in die Dauerausstellung wird die Biografie dieser schillernden Figur auf Schautafeln und mit Spitzenobjekten seiner Sammlung erzählt. Sarre war ein Kind seiner Zeit, des aufstrebenden Kaiserreiches, das sich nicht nur um Einfluss in der Welt bemühte, sondern auch als kulturell führend begriff. Die Berliner Museen sollten mit Paris und London mithalten.

Sarre stammte aus einer Industriellenfamilie, verlor früh seine Eltern und wuchs bei seiner einflussreichen Tante Elise Wentzel-Heckmann (1833–1914) auf, die ihm später bei der Finanzierung seiner Reisen helfen sollte. Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Heidelberg, Berlin und Leipzig wurde Sarre unter Julius Lessing und Wilhelm von Bode Volontär an den Berliner Museen.

Die Sarre-Kinder in orientalischen Kostümen: Friedrich-Carl, Hans, Marie-Luise, Irene (von links nach rechts) in Sarres Villa in Neubabelsberg, vermutlich um 1913.
Die Sarre-Kinder in orientalischen Kostümen: Friedrich-Carl, Hans, Marie-Luise, Irene (von links nach rechts) in Sarres Villa in Neubabelsberg, vermutlich um 1913.

© Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Islamische Kunst / Unbekannter Fotograf

Der Nahe Osten erfreute sich damals auch wachsenden kulturhistorisch fundierten Interesses, und so unternahm Sarre ausgedehnte Reisen in das Osmanische Reich und den Iran, der ein Spielball der Großmächte Russland und Großbritannien wurde. Dabei erwarb er zwischen 1895 und 1900 wohl den größten Teil seiner Sammlung – Teppiche, iranische Metallarbeiten, Keramik, Buchkunst der Moghulzeit, Glas und vieles mehr. Insgesamt sollen es 93 000 Objekte gewesen sein. Bode schickte ihn nach Smyrna, heute Izmir, zu Carl Humann, dem Ausgräber von Pergamon. Dort verliebte er sich prompt in dessen Tochter Maria, die er bald heiratete. Mit ihr bezog er eine prächtige Villa in Neubabelsberg, die zum Treffpunkt der orientbegeisterten Gesellschaft aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wurde.

1904 gründete Sarre auf Bodes Anregung hin die islamische Abteilung des Kaiser-Friedrich-Museums, der er nach dem Ersten Weltkrieg 700 wertvolle Objekte seiner Sammlung vermachte. Auch wenn er anfangs von klassischen Archäologen wegen seines Hangs zur islamischen Kunst belächelt worden war: Damit wurde Sarre einer der größten Mäzene der Berliner Museen. Sarre hatte keine Skrupel, Objekte auf dem Kunstmarkt zu kaufen oder auch mal einen Beduinen übers Ohr zu hauen, in dem er ihm für eine Flinte eine palmyrenische Statue abschwatzte. Die Achtung der Provenienz war nicht entscheidend, sondern das Anwachsen der Sammlung. Mit Herzfeld unternahm er die erste systematische Erforschung von Samarra, der Hauptstadt der Abbasiden. Es war die erste Ausgrabung islamischer Kunst.

Im Ersten Weltkrieg meldete sich Sarre wie viele andere Archäologen freiwillig. In Kermanschah sollte er Persien auf die Seite der Deutschen ziehen, doch diese Mission scheiterte kläglich. Problematisch war seine Freundschaft zu dem Jungtürken und späteren Kriegsminister Enver Pascha, einem Mitverantwortlichen am Mord an den Armeniern – zumal er dem gesuchten Kriegsverbrecher von 1918 bis 1920 inkognito Unterschlupf in Neubabelsberg gewährte. Ein kleiner Film in der Ausstellung illustriert diese eher düstere Episode.
Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, bis 24.1., täglich 10 -18 Uhr, Do bis 20 Uhr

Zur Ausstellung ist ein Begleitband mit Aufsätzen zu Sarre erschienen: Julia Gonnella, Jens Kröger: Wie die islamische Kunst nach Berlin kam. Der Sammler und Museumsdirektor Friedrich Sarre (1865-1945). Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2015. 160 Seiten. 39 Euro.

Zur Startseite