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Grund genug für eine Riesenparty: Die Vergabe der Bären wurde natürlich die ganze Nacht hindurch gefeiert.

© dpa

Die letzte große Party der Berlinale: Triumphe, Tarte und Trophäen

Mit dem exklusiven Bärendinner feierten die Stars der Berlinale in der Nacht zu Sonntag das Ende der Filmfestspiele. Nur der Regierende Bürgermeister Michael Müller fremdelt mit seiner neuen Rolle noch ein bisschen.

Am Ende hat Hana ihre Fassung ganz rasch wieder gefunden. Beim exklusiven nächtlichen Bärendinner spielte die Hauptdarstellerin aus dem Siegerfilm „Taxi“ hingebungsvoll mit dem Goldenen Bären, den ihr Onkel Jafar Panahi gewonnen hatte. Die Preisverleihung hatte die Zehnjährige vorübergehend sprachlos gemacht, jetzt hatte sie ihr das ihr eigene Selbstbewusstsein wieder gefunden, trug die Trophäe von Tisch zu Tisch, schwenkte sie auch mal und verbesserte ihre Betreuerin, als die sagte, Englisch könne sie nicht verstehen. Klar könne sie Englisch, ein bisschen jedenfalls. Die Erwachsenen am Tisch bemühten sich derweil immer wieder Handykontakt zum Gewinner der diesjährigen Berlinale aufzubauen, um ihn aus der Ferne teilhaben zu lassen, an dieser Nacht, die seine war. Bei einem Telefongespräch mit der Jury, hatten Jurymitglieder, wie sie erzählten,  echte Freude in seiner Stimme wahrgenommen und waren glücklich darüber, genau den richtigen Film zur richtigen Zeit ausgesucht zu haben. Was bleibt, ist das Bild eines fröhlichen, starken Mädchens, das Hoffnungsträgerin ist, nicht nur für die Filmkunst seines Landes, sondern insgesamt für eine bessere Welt.

In den Stunden des Abschieds wurde noch einmal deutlich, wie sehr die Chemie gestimmt haben muss. Audrey Tautou, umringt wie eine Königin in ihrem spektakulären rückenfreien, langen weißen Kleid, brauchte zwei Stunden von ihrem Platz in der Mitte des Zeltes, bis zum Ausgang. Ja, es sei eine tolle Erfahrung gewesen. Aus vielen Gesprächsfetzen, die durch die Luft schwirrten, ging hervor, dass die Funken, die in den letzten beiden Wochen nicht nur zwischen den Jurymitgliedern sprühten, noch kreative Folgen haben werden für die Stadt. „Man müsste zurückkommen und etwas ganz Verrücktes machen“, sagte US-Produzentin Martha De Laurentiis in die Runde.

Zu den Verrücktheiten seines Job gehörte für Festivaldirektor Dieter Kosslick, die fast unmöglich anmutende Aufgabe, die Gewinner auch alle zeitig zur Ehrung und zum Dinner nach Berlin zu bringen. Die Iraner hat er vor der Rückkehr nach Teheran noch aus Paris zurückholen können. Aber die beiden Marias aus „Ixcanul“ herzubekommen, muss richtig schwierig gewesen sein, weil am Fuße des Vulkans der Bus nur alle drei Tage fährt, und man wegen der Berlinale den Fahrplan dort nicht habe ändern wollen. Am Ende schafften sie es aber doch und brachten noch einen Vulkanstein als Glücksbringer mit.

Der große Abgang und lange Konversationen mit den Sternen Hollywoods sind die Sache des neuen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller nicht. Trotzdem absolvierte er sein Berlinale-Programm bis zum Ende, schaute sich nach der Preisverleihung im Berlinale-Palast den Gewinnerfilm  an, und erschien dann an der Seite seiner Frau Claudia, die in einem blaugrünen Cocktailkleid glänzte, auch noch zum Bärendinner. Das quirlige Treiben in der Mitte des Zeltes beobachtete er von einer Nische am Rande aus und verließ das Fest dann zügig gegen Mitternacht.

Udo Kier war eigens gekommen, um Charlotte Rampling zu gratulieren, mit der er schon zwei Filme gemacht hat. Berlinale-Gästebetreuerin June Galgey, die selber gerade 70 Jahre alt geworden ist, freute sich mit  der Hauptdarstellerin des Film "45 Years" und Tom Courtenay, dass beide einen Preis bekommen haben. „Die haben doch so viel zusammen gemacht, das wäre schrecklich gewesen, wenn nur einer den Bären bekommen hätte.“ Vor dem Morgengrauen räumte Tom Courtenay seinen Platz neben der Filmpartnerin, die sich dann ins Gespräch mit Dieter Kosslick vertiefte. Während Meisterkoch Florian Glauert  mit seiner Brigade noch den Applaus der Sieger für Samtsuppe von Brunnenkresse mit grünen Quitten und Walnusscrumble, geräucherte Kartoffelgnocchi mit Buchenpilzen, Zanderfilet mit Rotweinsauce und Gebackene Apfeltarte entgegen nahm, träumte der Festivalchef schon von einem ganz persönlichen Festessen am Sonntag. Nach dem letzten Termin, einer Ausstellungseröffnung im Amerika Haus, wartete die erste Mahlzeit nach der Berlinale mit Sohn Fridolin, und er wusste auch schon genau, was es geben sollte: „Pommes Frites mit Kartoffenbrei.“

„Nach der Berlinale“, das ist in Berlin eine Jahreszeit. So ähnlich wie „vor Weihnachten“. Da geht nämlich meist gar nichts, was Verabredungen betrifft. Nach der Berlinale geht wieder fast alles. Da kommen die Berlinale-Urlauber mit bleichen Gesichtern und bildersatten Köpfen von ihrer Weltreise durch die Kinos zurück in die Büros. Da wartet schon der Frühling mit anderen Aktivitäten. Vielleicht hat das frühlingshafte Wetter auch einen Beitrag geleistet, das diesmal so gut war zu den meist viel zu leicht bekleideten Filmdiven auf dem Roten Teppich. Und der nächtlichen Aufbruchstimmung noch einen Extrakick von Vorfreude auf kommende gemeinsame Taten verlieh.

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