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Besucherin im Berliner Filmmuseum vor einer Ken-Adam-Zeichnung zu "Der Spion, der mich liebte".

© dpa

Ausstellung in der Deutschen Kinemathek: Ken Adam: Zauberer mit Zeichenstift

Der Mann, der 007 entwarf: Das Berliner Museum für Film und Fernsehen feiert den legendären Production-Designer Ken Adam.

Der „Krieg der Sterne“, nun ist er also doch ausgebrochen, mitten in Berlin. Ronald Reagans Traum aus den achtziger Jahren vom Raketenabwehrschirm im Weltraum, auch mittels hochgezüchteter Laserkanonen. Im Kino funktionierte das längst, zu besichtigen 1971 im James-Bond-Film „Diamantenfieber“. Dort vom bösen Blofeld eingesetzt, um mittels Lasersatellit die Nuklearmächte zu erpressen. Zum Glück gab es 007.

Gut möglich, dass US-Präsident Reagan durch den Film inspiriert wurde, schließlich soll er ja schon bei Amtsantritt vergeblich nach dem „War Room“ gesucht haben, den er aus Stanley Kubricks „Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ kannte. Das hat Ken Adam in der Vergangenheit gern erzählt, seinerzeit Kubricks Production-Designer und Schöpfer des War Rooms, mithin verantwortlich für den Fauxpas des Präsidenten wie genau genommen auch jetzt für den Sternenkrieg am Potsdamer Platz.

Das ist das Blöde an Ausstellungen in Museen. Draußen sieht man meistens nur ein Plakat. Nichts, was den potentiellen Besucher anlocken könnte. Für die am Mittwochabend in Anwesenheit von Ken Adam, seiner Frau Letizia und der 007Produzentin Barbara Broccoli im Berliner Museum für Film und Fernsehen eröffnete Werkschau „Bigger Than Life. Ken Adam’s Film Design“ wurde eine andere Lösung gefunden: ein fotogener Lasersatellit auf halber Höhe im Foyer des Museums im Sonycenter, Nachbau des diamantenbestückten, von Adam ersonnenen Originals aus dem frühen Bond. Auch leiten vergrößerte Zeichnungen mit einigen der wunderlichen Transportmittel, die Adam vor allem für 007 entworfen hatte, im Treppenhaus vom zweiten in den ersten Stock. Die Sammlung seines künstlerischen Werks, das der in London lebende, am 5. Februar 1921 als Klaus Hugo Adam in Berlin geborene Production-Designer vor zwei Jahren der Stiftung Deutsche Kinemathek überlassen hatte, ist mit 6200 Objekten, darunter über 4000 Zeichnungen, zu üppig, um sie auf nur einem Stockwerk angemessen ausstellen zu können. Zumal von weiteren Leihgebern Schaustücke zu der anschließend auch in München zu sehenden Werkschau beigesteuert wurden.

Ken Adams Grundsatz: "Bigger Than Life"

Was denn ein gemeinsames Element seiner Arbeiten gewesen sei, wird Adam mittags bei der Präsentation der Ausstellung gefragt. Für ihn ist es der Kreis, der tauche eigentlich in allen seinen Entwürfen auf, das komme ganz automatisch, er wisse selbst nicht warum. Ein wahres Wort, man muss nur in Ruhe durch die Räume schreiten und wird schnell fündig: Kreis an Kreis. Sei es der Raum unter der Startrampe der Weltraumfähren in „Moonraker“, die unter einem mit einem künstlichen See verborgene Vulkanöffnung in „Man lebt nur zweimal“ oder eben der erwähnte War Room. Der wird mit einer ebenso spektakulären wie erhellenden Installation präsentiert, als eine der für Adam charakteristischen Arbeiten, in denen sich sein Grundsatz „Bigger Than Life“, sein Hang zur Stilisierung, zur Überspitzung besonders gut ablesen lässt. Auch wenn sie der Realität stets verhaftet bleibt.

Man hat dann schon die erste Station „Ken Adams Welt“ hinter sich, eine kunterbunte Mischung aus Filmzeichnungen und Ausschnitten auf Bildschirmen, privaten Fotos, zwei von seiner Frau entworfenen Handtaschen, einem seiner beiden Oscars und auch einem Automodell – nein, nicht der Aston Martin DB5 aus „Goldfinger“, vielmehr der schwimm- wie flugtaugliche Oldtimer aus „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ von 1968. Gleich dahinter beginnt das Reich der Finsternis: ein abgedunkelter Raum, eine Leinwand, auf der Ken Adam bei der Arbeit zu sehen ist, wie er mit dem für seine Kunst so essentiellen Flomaster-Filzstift noch einmal einige der Skizzen zu dem legendären War Room entwirft. Man hatte ihn dazu in die Schaubühne gebeten, die, als er noch ein Berliner Junge war, „Universum“ hieß und ein Kino war. Dort saß er am Schreibtisch, links die Zigarre, rechts den Zeichenstift, erzählte über die Entstehung des Entwurfs, vergaß, so wird berichtet, übers Zeichen mitunter gar das Erzählen. Dank eines technischen Tricks kann man über dem zeichnenden Adam die entstehenden Skizzen sehen, später dann Szenen aus dem fertigen Film, in diesem bedrohlich wirkenden Besprechungsraum, wo über den Atomkrieg entschieden wird.

Ken Adam mit seiner Frau Letizia in der Ausstellung im Filmmuseum Berlin.
Ken Adam mit seiner Frau Letizia in der Ausstellung im Filmmuseum Berlin.

© dpa

"Adameske" Raumgestaltung in Schwarz und Weiß

Nicht weniger Geschick haben die Kuratoren Boris Hars-Tschachotin, Kristina Jaspers und Peter Mänz ein Stockwerk tiefer bewiesen. Eine stilisierte, fast „adamesk“ anmutende Raumgestaltung in Schwarz und Weiß, die Wände zwischen den Stationen abgeschrägt und mit Leuchtbändern begrenzt, auf dass es keinen Widerspruch gebe zwischen Inhalt und Rahmen. „It’s special“, soll Adam bei der ersten Besichtigung lobend befunden haben.

Man hätte sein Werk natürlich auch chronologisch präsentieren können, entschied sich aber glücklicherweise zur thematischen Gliederung: zum Abschluss Biografisches, auch Berlinisches sowie „Inspiration und Wirkung“, die Hauptabteilung dagegen sortiert nach „Raumvisionen“. Zerlegt wurden sie in „Verliese und Labore“, „Villen und Apartments“, „Machtzentralen und Versammlungssäle“, „Tempel und Kathedralen“, „Wasser und Luft“, letzteres den diversen von Adam entworfenen Transportmitteln gewidmet.

Ein Weg wird dabei immer wieder neu beschrieben: von der Zeichnung übers Szenenfoto bis zur Filmszene, jede Station ergänzt um ein aktuell gebautes Modell des von Adam entworfenen Raums und oft auch kunsthistorisch unterfüttert durch Bilder von Werken, die ihn offenkundig beeinflusst haben. Die schrägen Bauten in „Dr. Caligari“ beispielsweise, ein Feininger-Bild oder auch ein Foto der Auferstehungskapelle in Neu-Ulm, die wie eine Vorlage zur Startrampe in „Moonraker“ wirkt. So kann man dem Production-Designer nachträglich fast bei der Arbeit zusehen und zugleich begreifen, wie alle am Set Hand in Hand zusammengearbeitet haben, „wie eine Familie“, wie Adam es beschrieb. Heute, in den Zeiten von Bluescreen und den ganzen digitalen Tricks, sei das nicht mehr so.

„Bigger Than Life. Ken Adam’s Film Design“. Museum für Film und Fernsehen, bis 17. Mai. Katalog: Kerber Verlag, 24,95 Euro

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