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Design aus Holland: "Dutch Design" - altes Handwerk und neue Ideen

Das niederländische Design entdeckt den Wert alter Handwerkstraditionen: Innovative Mode und Designobjekte werden aus Keramik, Glas, Holz und Leder gestaltet.

Die niederländische Designtradition ist vielseitig, innovativ, unnachahmlich, seriös-lösungsorientiert und spielerisch-optimistisch zugleich – und immer auf der Suche. Diese andauernde Suche nach der Balance zwischen alt und neu, Handwerk und Technologie führt zu einem nicht nachlassenden Drang, sich in Erstaunen zu versetzen. Niederländisches Design lädt ein zu einer beinahe naiven Offenheit, die nur in einem gewissenhaften und raffinierten Entwurfsprozess entstehen kann. Doch täuschen Sie sich nicht, das ist kein Kinderspiel: Hier sind Meister am Werk.

Individuelle Designer und Designbüros wie Hella Jongerius, Gijs Bakker, Jurgen Bey und Marcel Wanders hat diese Herangehensweise zu internationalem Ruhm geführt – und „Dutch Design“ zu einem globalen Markenzeichen gemacht. Eine deutlich erkennbare Identität, die sich nicht in einfache Definitionen oder simple Erklärungen fassen lässt. Niederländer sind Unternehmer, Forscher und Freigeister, die vom Experiment her denken. Der ehrgeizige, eigenwillige und dennoch unprätentiöse Charakter niederländischer Designer zeichnet sich durch ständige Kontextverschiebungen und Metamorphosen aus. Vorschlagen statt schlussfolgern, so dass immer noch Raum für ein Mehr, für ein Anders bleibt.

Mit dem konzeptionellen Denken als solider Basis ist nun eine Phase angebrochen, in der eine deutliche Verschiebung Richtung Handwerkskunst stattfindet – dem einzigartigen oder in kleiner Serie gefertigten Produkt oder Objekt. „Excellent Craft“ – das Streben nach handwerklicher Perfektion – verlangt Geduld, Vertrauen und die ständige Weiterentwicklung der ursprünglichen Techniken. Eine Neubewertung des Materials und das Erkennen der Synergien zwischen den verschiedenen Handwerksformen und Fachgebieten läuten ein neues Kapitel für das niederländische Design ein.

Im handwerklichen Gestaltungsprozess muss stets eine Beziehung zwischen dem Material und dem Designer aufblühen, zwischen Ursprung und Ziel. Bis zu seiner Vollendung braucht es Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Geduld und Intensität. Es entsteht eine Selbstverständlichkeit, mit der der Fachmann das Material bearbeitet. Die wahre Kunst des Handwerks liegt darin, niemals das Erstaunen zu verlernen – das Experiment über das Bekannte zu setzen, um bis zum Äußersten zu gehen.

Dieser Leidenschaft entlehnt jedes Objekt sein individuelles Existenzrecht. Überraschend und immer wieder jenseits der Erwartung: In welcher Form wird das Material letztendlich gefasst? Es liegt ganz allein in den Händen der Meister. Diese Hände folgen ihren Visionen und verführen Glas, Holz, Leder oder Metall.

Viele der heutigen Designer haben diesen Hang zur Authentizität, sie schaffen ein neues Erbe und schreiben Geschichte: der Glasbläser, der Töpfer, der Zimmermann und der Kunstschmied sehen die Hochzeit der reichen handwerklichen Vergangenheit wieder aufleben, aber nun mit neuen Möglichkeiten weit jenseits der Grenzen der eigenen Zunft. Auf einzigartige Weise arbeiten sie weiter an einer reichen Geschichte von Designern und Handwerkern, die in der Lage waren, alltägliche Gebrauchsgegenstände zu Ikonen von zeitlosem Format zu erheben. Sie finden einander an den Schnittstellen von Mode und Architektur, von Ornament und Nutzen und erforschen gemeinsam die Designvisionen der Zukunft.

Pioniere der heutigen Generation sind sowohl die traditionellen Häuser als auch die junge Garde. So arbeitete die Manufaktur Koninklijke Tichelaar Makkum mit dem Modedesigner Alexander van Slobbe bei einer Kollektion von Perlen, Ohrringen und Knöpfen aus Keramik zusammen. Bart Hess und Iris van Herpen schufen gemeinsam einzigartige Objekte für die Modekollektion „Radiation Invasion“.

Die Gruppe der Designer, die die Produktion auf der Basis authentischer Fachkenntnisse und historischer Techniken selbst in die Hand nimmt, ist groß. So etwa Paul Heijnen mit seinem „Construction Cabinet“, das Designerduo Pauline Barendse und Jan Matthesius mit ihrer Schmuckkollektion und einzigartigen Objekten aus Edelmetall oder Fleur Goedendorp mit ihren Kopfbedeckungen.

Gutes Design in der industriellen Formgebung und Mode, kombiniert mit ausgezeichneter Könnerschaft – das ergibt einen wirklich innovativen Beitrag zum niederländischen Design.

Craft will never be out of fashion.

Die Autorin ist Mitglied der Plattform Handwerkswirtschaft und Kuratorin der Ausstellung „Dutch Design Huis van Oranje“, die 2012 im Schloss Oranienbaum gezeigt wird.

Aus dem Niederländischen von Rolf Brockschmidt.

Weitere Informationen im Internet:

www.oranienbaumexhibition.com

www.dutchdna2011.com

Nicole Uniquole

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