zum Hauptinhalt
Das muss sitzen. Die Tanz-AG des Gymnasiums Tiergarten hat’s drauf – jedenfalls die Choreografie für „The Wall“.

© Mike Wolff

Berliner Tanz-AG: Mit Roger Waters auf der Bühne

Roger Waters bringt das Rockspektakel „The Wall“ ins Olympiastadion. 15 Schüler der Tanz-AG des Gymnasiums Tiergarten sind am Mittwoch live dabei – wenn der berühmteste Pink-Floyd-Song "We don't need no education" erklingt, werden sie dazu tanzen und singen. Ein Besuch bei den Proben.

In der Sporthalle des Gymnasiums Tiergarten herrscht Chaos. Die Tanz-AG rennt kreuz und quer, albert herum. „Verteilt euch auf zwei Seiten!“, ruft Frederik den 15 Jugendlichen zu, dann dreht er den Ghettoblaster auf. Die Schüler nicken im Takt. „Und los!“, ruft der 16-Jährige. Sie rennen in die Hallenmitte, bilden eine Linie. Ein Schritt nach links, einer nach rechts, klatschen. „We don’t need no education!“, singen sie, erst zögerlich, dann kräftiger. „We don’t need no thought control!“ Schritte, Klatschen, Lippenbewegungen – alles soll überdeutlich wirken, sonst können es die Zuschauer im Olympiastadion gar nicht wahrnehmen. Am Mittwoch stehen die 15 Schüler, zwischen 13 und 19 Jahre, bei Roger Waters’ „The Wall“ auf der Bühne. Bereits vor zwei Jahren wirkte dort eine Gruppe der Tanz-AG mit.

Eigentlich eine einfache Choreographie

Frederik ist seit fünf Jahren AG-Mitglied. Mit Tobias, der schon studiert, bringt er den Jugendlichen die Choreografie bei. „Man merkt, dass ihnen der Tanz nicht viel abverlangt“, sagt Tobias. „Aber manchmal ist es eben dadurch so kompliziert, weil es zu einfach ist“, ergänzt Frederik. Ab und zu kommen die Tänzer aus dem Takt, nicht immer zeigen sie zu „Hey! Teacher!“ synchron in die Höhe. Sie üben, bedrohlich auszusehen, wenn sie ihre Fäuste zeigen. Und zu lächeln, wenn es im Song „Enjoy yourself“ heißt. Felix, mit 13 der Jüngste, freut sich über die leichte Choreografie: „Dann kann man nicht so viel falsch machen.“ Den Tanz haben sie sich in einem Video angeschaut.

Sonst tanzen die mehr als 60 AG-Mitglieder Rock ’n’ Roll, Latein oder Standard. So gut, dass sie fast jedes Wochenende für eine Geburtstagsfeier, ein Straßenfest oder eine Hochzeit gebucht werden. Für den Auftritt musste AG-Leiter Jürgen Lekutat 15 Tänzer auswählen, die so aussehen, als seien sie zwischen 12 und 15 Jahre alt.

Das ist vorgegeben – wie Choreografie und Bühnenoutfit. Weltweit tanzen Jugendliche aus dem jeweiligen Konzertort. Jeder trägt ein schwarzes Shirt, auf dem in Weiß „Another brick in the wall“ steht.

Große Bühne, wenig Aufregung

Die Jugendlichen freuen sich schon sehr. „Ich hoffe, dass ich nicht so großes Lampenfieber habe“, sagt Emre. Der 17-Jährige hört Pink Floyd auch in der Freizeit, wenngleich die Songs nicht mehr so aktuell seien. Die 19-jährige Carla hat mit „Wish you were here“ sogar einen Lieblingshit. „Ich habe die Musik schon vorher gerne gehört. Aufgeregt bin ich nicht so. Aber ich kann mir die Dimensionen noch gar nicht richtig vorstellen.“ Um die Stadionmaße kennenzulernen, haben sie bis auf eine kurze Generalprobe nicht viel Zeit. „Ich bin mir sicher, dass sie richtig Gas geben. Und die Zuschauer werden beeindruckt sein, wenn sie sehen, was sich diese jungen Menschen trauen“, sagt Frederik.

„Meine Eltern und ich hören die Musik total gerne. Deswegen wollte ich unbedingt wieder mitmachen!“, sagt Duygu, die schon vor zwei Jahren mit dabei war. „Trotzdem bin ich total aufgeregt.“ Maria (19), diesmal nicht dabei, hat einen Tipp: „Die Scheinwerfer sind so hell, dass man das Publikum gar nicht sieht. Deshalb einfach weniger denken und mehr tanzen!“

Roger Waters – The Wall, Olympiastadion, Mittwoch, 20 Uhr, Tickets ab ca. 80  Euro, u.a. erhältlich im Tagesspiegel-Shop im Verlagshaus am Anhalter Bahnhof, Askanischer Platz 3, Telefon 29021-521

Kritik an Roger Waters - Das Schwein und der Stern

„Da müssen Sie Roger Waters selber fragen.“ Nein, von Klaus Kunzendorf war am Montag nicht zu erfahren, ob die Beschriftung auf dem fliegenden Schwein, Teil der Rockshow „The Wall“, nach dem Vorwurf des Antisemitismus verändert wird. Kunzendorf ist Produktionsleiter bei der Lieberberg Konzertagentur und verantwortlich für den seit Sonntagabend im Olympiastadion laufenden Aufbauarbeiten. 250 Leute sind beteiligt, die Dimensionen werden die der Hallenversion von „The Wall“ weit übertreffen. Mit 150 Meter Breite und 12 Meter Höhe ist die titelstiftende Mauer doppelt so groß wie damals in der O2 World – laut Waters die größte Projektionsfläche, die je in einer Liveshow auf Tour ging.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Kritik entzündete sich an einem Davidstern, der diesmal neben anderen Symbolen auf das berühmte fliegende Schwein, Inkarnation des Bösen, gemalt ist. Waters begreift den Stern, so verteidigt er sich, nicht als Symbol fürs Judentum, sondern als eines für den Staat Israel, dem er Apartheid-Politik gegenüber den Palästinensern vorwirft. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hat deswegen zum Boykott der Show aufgerufen, dem sich die Berliner Gemeinde bislang nicht angeschlossen hat.

Ihr Beauftragter gegen Antisemitismus, Rabbiner Daniel Alter, kritisiert Waters aber scharf. Er glaube gern, dass dieser sich nicht für einen Antisemiten halte. Den Davidstern, der allgemein als Symbol des Judentums gelte, als eines für das Übel der Welt zu verwenden, sei aber hochproblematisch. Viele Zuschauer, befürchtet Alter, werden Gedankensprung nicht mitmachen und den Stern auf dem Schwein als Rechtfertigung des Antisemitismus ansehen. Auch wenn es nicht Waters’ Intention war, habe er diesem damit doch ein Parkett geboten.

Kristina Wollseifen

Zur Startseite