zum Hauptinhalt
Yefim Bronfman

© Kai Bienert

Concertgebouw Orchestra Amsterdam beim Musikfest: Der Preis des Goldes

Das Royal Concertgebouw Orchestra zu erleben, ist eigentlich reiner Luxus. Doch beim Musikfest Berlin entzweien sich unter der Leitung von Daniele Gatti der Dirigent und sein Solist Yefim Bronfman.

Konzerte lustvoll zuzuspitzen, möglichst unter Weglassung typischer Programmweichmacher, ist ein Bestreben des Musikfests. Darüber diskutiert man gerne mit der Pausenbrezel in der Hand oder stampft im Philharmoniefoyer ungehalten mit dem Fuß auf. Dass es dem Festival auch um gesunde Konkurrenz geht, um ein Sich-messen-Lassen im internationalen Vergleich, ist schon ein heikleres Thema.

Mit dem Auftritt des Royal Concertgebouw Orchestra lässt es sich nicht länger umgehen: Diese Musiker aus Amsterdam formen ohne Aufhebens einen Klangkörper, den erleben zu dürfen, ja, reiner Luxus ist. Selbstverständlich profund, klar in der Entfaltung der eigenen Kraft, fest gefügt und zugleich virtuos, kann diesem Ensemble kaum jemand das Wasser reichen. Und man hofft inständig, sich diesen Eindruck lebendig zu erhalten, bis am Samstag die Philharmoniker ihr erstes Musikfestkonzert spielen.

Das Concertgebouw Orchestra ist diesen Sommer nicht mit seinem Chef Mariss Jansons unterwegs, sondern mit Daniele Gatti. Jansons wird Freitag mit dem BR-Symphonieorchester sein zweites Ensemble zum Musikfest führen. Eines ist den Maestri gemein: Ihre einzige Eitelkeit besteht darin, sich ganz der Musik zu verschreiben. Das tun sie auf denkbar unterschiedliche Weise. Gatti ist ein Sänger am Pult, der den Orchesterklang stets kantabel hält und es auskostet, dass das Orchester über einen längeren Atem verfügt als ein Sänger. Er fordert die Fülle des Wohlklangs ein, rahmt jedes Klangbild, wird immer langsamer, wenn es um gehaltvolle Passagen geht.

Das verträgt sich noch gut mit Lutoslawskis „Musique funèbre“, die in reiner Streicherbesetzung nicht nur Bartók gedenkt, sondern auch der Niederschlagung des ungarischen Freiheitsstrebens. Ein Trauergesang von großer Wärme. Bei Bartóks 3. Klavierkonzert aber, seinem letzten großen vollendeten Werk, entzweien sich Dirigent und Solist. Yefim Bronfman zeigt sich entschlossen zu zartem, retrospektivem Spiel, das auf keine Erlösung mehr hofft, schon gar nicht in Sentimentalität. Das ist faszinierend, funktioniert aber nur mit einen klar konturierten Gegenüber, das Klangräume auch einmal klein und kühl halten kann. Gatti ist da nicht am rechten Platz.

Das spürt man auch in seiner Interpretation von Prokofjews „Romeo und Julia“-Ballettsuite: Nie härten hier Klänge einmal voll aus, entwickelt diese perfekt instrumentierte Musik ihre erbarmungslose Trennschärfe zwischen Gewalt und Unschuld. Das Concertgebouw Orchestra spielt phänomenal an allen Pulten, doch der mitsingende Gatti übergießt alles mit goldenem Licht, in dem vieles in aller Pracht untergeht.

2007 waren beide Jansons-Orchester schon einmal beim Musikfest zu Gast: Die Musiker lauschten einander, wechselseitig, dann feierte man zusammen. Auch dafür wäre das Festival ein guter Ort. Dieses Jahr verpassen Jansons Musiker sich. Dem Publikum bleibt ein Trost: Für Freitag gibt es noch Karten.

Zur Startseite