zum Hauptinhalt
Kindlich und kurvig – auch mit dieser Melange bleibt sie vielen in Erinnerung.

© picture alliance / dpa

Brigitte Bardot wird 80: Und immer provoziert das Weib

Sie hat die Welt verzaubert und mit erzreaktionären Äußerungen vor den Kopf gestoßen. Brigitte Bardot, Schauspielerin, Sexsymbol, Tierschützerin, wird an diesem Sonntag 80 Jahre alt.

Sie läuft barfuß: Das wilde Waisenmädchen Juliette schlendert oder rollt eher mit katzenhaftem Gang durch das verschlafene Fischerstädtchen Saint-Tropez. Kaum 18 Jahre alt, verdreht sie allen Männern – vom Teenager mit Rock ’n’ Roll-Frisur bis zum distinguierten Barbesitzer mit grauen Schläfen – den Kopf und scheint es noch nicht einmal zu merken. Ihre nur um die Mitte herum zugeknöpften Hemdblusenkleider betonen ihre sehr erwachsene Sanduhrfigur; ihre großen braunen Augen, ihre blonde Haarpracht, ihr Schmollmund und die leicht auseinanderstehenden Schneidezähne dagegen stehen für kindliche Unschuld, die männliches Begehren erst recht entfacht. Der Film heißt „… Und immer lockt das Weib“, im Französischen aber sehr viel treffender „Et Dieu … creá la femme“, also: Gott erschuf die Frau, und Gott war in diesem Fall der junge, ehrgeizige Bohemien Roger Vadim, der seinen ersten Film drehte. 1956 wurde Brigitte Bardot damit zur erotischen Ikone, und ihr Regisseur und damaliger Ehemann etablierte sich als einer der erfolgreichsten Filmemacher der 1960er Jahre.

Sieben Jahre später kam „Die Verachtung“ auf die Leinwand, einer der berühmtesten Filme der Nouvelle Vague. Darin inszenierte Jean-Luc Godard Brigitte Bardot bereits als Zitat ihrer selbst. Die nackten Füße, der katzenhafte Gang, die weitgehende, aber doch schamhafte Entblößung ihres wohlgeformten Körpers, ihre beinahe widerwillig ausgeübte Wirkung auf Männer und ihre Abhängigkeit von ihnen, das waren die Eigenschaften, die europäische und amerikanische Männer in Scharen ins Kino gelockt hatten, die aber 1963 nicht mehr ganz en vogue waren. Schließlich hatte Godard selbst schon 1959 „Außer Atem“ gedreht – mit der knabenhaften, kurzhaarigen Jean Seberg in der Hauptrolle ein krasser Gegensatz zu Bardot.In „Die Verachtung“ spielen Bardot und der junge Michel Piccoli Szenen einer Ehe, die langsam zerrüttet, gleichzeitig reflektiert der Film die Produktionsbedingungen des alten Hollywood und damit indirekt des Autorenkinos, das gerade international reüssierte. Dass Bardots Figur am Ende ihren Drehbücher schreibenden Mann zugunsten des Alte- Schule-Produzenten verlässt, scheint ein Verweis auf die Realität zu sein: Bardot gehörte zu Papas Kino.

Als Tierschützerin hatte sie sich neu erfunden

Brigitte Bardot, die 1952 zum ersten und zwanzig Jahre später zum letzten Mal vor der Kamera stand, war von Anfang an weniger für ihr schauspielerisches Talent als für ihre erotische Ausstrahlung berühmt, und als die Melange aus kindlich und kurvig, die sie verkörperte, nicht mehr dem Zeitgeist entsprach, wandte sie sich anderen Dingen zu. Mit knapp vierzig erfand Bardot sich neu als engagierte, gereifte Frau, die, gerade weil sie ihr jugendliches Ich offensichtlich nicht mittels plastischer Chirurgie zu erhalten suchte – und natürlich immer noch schön war – umso authentischer wirkte. Ein berühmtes Foto von 1977 zeigt Brigitte Bardot, die sich im neufundländischen Schnee über ein weißes Robbenbaby geworfen hat, als ob sie die Schläge der Schlächter mit ihrem eigenen Körper abwehren wolle. Das Bild ist sicher eins der besten PR-Fotos aller Zeiten – im Dienste der Sache, aber auch im Dienste Bardots. Die schwarzen Knopfaugen des Robbenbabys und die niedliche schwarze Schnuffelschnauze im weißen Fell entsprechen genau dem Kindchenschema, das Bardots Gesicht zwanzig Jahre früher präsentierte.

Aber mit ihrem Engagement machte Bardot sich nicht nur Freunde, zumal die erste berühmte Kampagne gegen die kanadische Robbenjagd gerichtet war und zu einem bilateralen Konflikt auszuarten drohte. Rhetorisch fragte die kanadische Presse nach den Produktionsmethoden der bis heute als Spezialität geltenden Gänseleber (foie gras) und ermahnte Bardot, doch lieber vor der eigenen Haustür zu kehren. Und da ihre Äußerungen zum Thema nicht immer druckreif waren, machte man sich über ihre Naivität lustig. Bardot aber ist es ernst, ihre Fondation Brigitte Bardot kümmert sich heute immer noch vor allem um Tierquälerei außerhalb Frankreichs: Tanzbären in Bulgarien, wilde Hunde in Spanien, Walfang auf den Färöern und natürlich um den Robbenfang in aller Welt.

Sie heiratete einen Anhänger der rechtsextremen Partei Front National

Es ist ein bisschen ungerecht, dass dieses verdienstvolle Engagement die Presse immer weniger interessiert hat als Bardots Privatleben. Die Pariser Wochenzeitschrift „ici.Paris“ zählt in ihrer Sondernummer zum 80. Geburtstag der Aktivistin deren Männerbeziehungen auf, nach Roger Vadim war sie mit Schauspielern wie Jean-Louis Trintignant und Sami Frey zusammen, mit Chansonniers wie Gilbert Becaud, Sacha Distel und Serge Gainsbourg, der sein berühmtestes Chanson „Je t’aime“ eigentlich für sie geschrieben hatte, und auch mit dem deutschen Playboy Gunter Sachs, den sie 1966 heiratete, nachdem er aus einem Hubschrauber rote Rosen auf ihr Haus hatte regnen lassen. Dreißig Jahre später beschrieb ihn Brigitte Bardot in ihrer Autobiografie: „Ein echter Seigneur! Seine grau melierten Schläfen, seine tollen widerspenstigen und etwas zu langen Haare, sein energisches, gebräuntes Gesicht, seine riesige Statur und sein trotz des Akzents äußerst gewandtes und erlesenes Französisch ließen mich schmelzen. Ich war überzeugt, es war auf beiden Seiten Liebe auf den ersten Blick.“ Die binationale Ehe, damals noch ein Politikum, jedenfalls in Frankreich, dauerte aber nur drei Jahre.

Erst 1992 heiratete Bardot noch einmal. Die seither andauernde Beziehung mit Bernard d’Ormale, einem Anhänger der rechtsextremen Partei Front National und guten Freund von dessen Gründer Jean-Marie Le Pen, nehmen viele Franzosen ihr übel. Man führt es auf seinen Einfluss zurück, dass Bardot in ihrem 2004 veröffentlichten Buch „Schrei aus der Stille“ vor einer „Islamisierung“ Frankreichs warnte und sich insgesamt zu einem erzreaktionären Weltbild bekannte. Sie musste sich daraufhin sogar wegen Anstiftung zum Rassenhass vor Gericht verantworten und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Dies wird sie kaum zum Umdenken bringen. Trotzdem: Glückwunsch zum 80., Madame!

Zur Startseite