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Online-Petition gegen Markus Lanz: Keine Angst, Markus!

Markus Lanz mag nicht der beste Moderator sein. Doch die Online-Petition gegen ihn ist eigentlich keine Petition gegen Markus Lanz - sie zielt auf einen anderen, größeren Gegner.

Ist das nun viel oder wenig? Ist das eine kritische Masse oder nur eine laute Minderheit? Es ist vor allem eines: nicht entscheidend. Die Online-Petition gegen Markus Lanz haben mehr als 130 000 Menschen unterschrieben. Gemessen an den Einschaltquoten ist das nicht viel. Gemessen an den beim Zuschauertelefon eingehenden Reaktionen auf eine Sendung nachts um elf schon. Entscheidend ist die Petition selbst. Der Vorgang.

Markus Lanz kann einem fast leid tun. Allerdings nicht, weil die Kritiker so ungerecht wären oder falsch lägen. Seine schlichten und oft populistischen Ja-/ Nein-Fragen, bei denen er auch noch versucht, durch penetrantes Nachhaken eine Art Geständnis oder auch Eingeständnis aus seinem Gegenüber herauszupressen, werden durch ständige Wiederholung nicht besser. Das Interview mit der Linken Sahra Wagenknecht reiht sich da nahtlos ein. Nein, Lanz kann einem leid tun, weil in diese Petition der ganze Ärger über das öffentlich-rechtliche Gebührensystem projiziert wird und er zum Symbol dieses antiquierten, wenig partizipatorischen Rundfunksystems wird. Viele Gebührenzahler wollen eines nicht mehr sein: eine Melkkuh, die Milch geben soll, aber nicht laut Muh rufen darf.

Weder Allheilmittel noch Teufelswerkzeug

Theoretisch gibt es die Möglichkeit, auch ohne eine Online-Petition Einfluss auszuüben. Man könnte einfach nicht einschalten. Bei Privatsendern entfaltet das seine Wirkung, weil die von Reichweite und Werbung leben. Aber im Öffentlich-Rechtlichen? Man könnte einen Politiker, der im Rundfunkrat sitzt, verantwortlich für das Programm machen und abwählen. Nur ist das gerechter? Einen Intendanten kann kein Gebührenzahler wählen – leider. Eine Online-Petition ist der direkte, offene Weg.

Natürlich könnte man jetzt das Klagelied über die Unbarmherzigkeit des Netzes anstimmen. Man könnte mit dem Vorurteil kommen, dass sich immer nur die Unzufriedenen mit einem Shitstorm Luft verschaffen. Nur ist eine Online-Petition kein Shitstorm. Hier werden für jedermann sichtbar Forderungen aufgestellt und Argumente angeführt. Denen muss niemand folgen. Auch den konkreten Fall kann man richtigerweise kritisieren. Steckt doch hinter der (viel zu kurz gegriffenen) Petition und der Werbung vieler Linker dafür parteipolitisches Kalkül. Aber die Form sollte die Programmdirektoren und Intendanten aufhorchen lassen.

Derzeit bestimmen vor allem die Kritiker den Diskurs über die Digitalisierung der Gesellschaft. Das ist nicht schlecht, weil es auch die Apologeten etwas auf den Boden zurückbringt. Nur liegt der Boden auch nicht in der Hölle. Eine Online-Petition ist weder Allheilmittel noch Teufelswerkzeug. Niemand muss davor Angst haben. Auch Markus Lanz nicht. Aber der Zuschauer hat durch ein digitales Instrument eine Möglichkeit an der Hand, die ihm das öffentlich-rechtliche System selbst verweigert und die die analoge Welt in der Form nicht bietet: Teilhabe und Mitbestimmung. Es macht den zwangsverpflichteten Gebührenzahler zu einem mündigeren Zuschauer. Und das verängstigt den einen oder anderen Verantwortlichen dann vielleicht doch.

Shitstorm? - Zu Recht.

Dabei sind Online-Petition oder auch Debatten in sozialen Netzwerken vor allem Verstärker. Das ZDF erlebt das auch im positiven Fall. Den großen Erfolg der „heute show“ verdankt der Sender auch dem wöchentlichen Echo auf Facebook und Twitter. Jetzt geht es in eine andere Richtung. ZDF und auch die ARD sollten den Subtext der Petition nicht ignorieren und sich wegducken. Dann droht ein echter Shitstorm – und zwar zu Recht.

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