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Die CDU-Fraktion hat Florian Graf (rechts) das Vertrauen ausgesprochen.

© dpa

Update

Plagiatsaffäre: Universität Potsdam gewährt Einsicht in Grafs Doktorarbeit

Florian Graf, Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus, hat zugegeben, in seiner Dissertation abgeschrieben zu haben. Seine Fraktionskollegen haben ihn trotzdem im Amt bestätigt.

Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat ihrem Vorsitzenden Florian Graf das Vertrauen ausgesprochen. Am Donnerstagmorgen stimmten bei Grafs Vertrauensfrage von 34 anwesenden Fraktionsmitgliedern 30 mit „Ja“. 3 votierten mit „Nein“, es gab eine Enthaltung. Von den vier fehlenden Abgeordneten hatten zwei Graf bereits vor der Sitzung schriftlich das Vertrauen ausgesprochen.

Nach der 30-minütigen Fraktionssitzung sagte Graf vor Journalisten, er sei „außerordentlich dankbar“ für die Entscheidung seiner Kollegen. Er habe „große Fehler gemacht“ und daraus die Konsequenzen gezogen. Jetzt gehe es für ihn darum, „das in der Öffentlichkeit verlorene Vertrauen zurückzugewinnen“. Dafür werde er sich auf die inhaltliche Arbeit als Fraktionschef konzentrieren. Fragen zu der Affäre ließ Graf nach seiner Erklärung nicht zu.

Wer alles beim Abschreiben erwischt wurde - und wer aktuell unter Verdacht steht:

Der CDU-Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel, der ebenfalls an der Sitzung teilgenommen hatte, sagte hinterher, es habe „keine Aussprache“ gegeben. Er lobte den Fraktionschef dafür, dass er sich „demütig“ und voller Reue gezeigt habe. Statt einer „Salamitaktik“ habe Graf „alles auf den Tisch gelegt“. Dafür habe er das Vertrauen der Fraktion ausgesprochen bekommen. Damit sei für ihn, Henkel, sowie für die Fraktion die Angelegenheit erledigt. Florian Graf „hat eine zweite Chance verdient und wird sie nutzen“. In seiner politischen Arbeit habe sich Graf „nichts vorzuwerfen“.

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Für die Universität ist die Sache noch nicht erledigt

Die Universität Potsdam hatte am späten Mittwochnachmittag dem CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, auf dessen Antrag hin den Doktortitel entzogen. Der Promotionsausschuss der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät bescheinigte Graf, in seiner Dissertation an mehreren Stellen abgeschrieben zu haben. Graf hatte den Entzug seines Doktortitels vor einigen Tagen selbst beantragt. „Ich werde gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel einlegen“, erklärte Graf nach der Entscheidung. Er hatte den Fall am vergangenen Freitag selbst öffentlich gemacht, nachdem er von der Universität mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert worden war. In seiner ersten Erklärung hatte Graf von wissenschaftlichen Fehlern, aber nicht von Plagiat gesprochen. Die Dekanin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam, Theresa Wobbe, empfiehlt der Fakultät, „in Zusammenarbeit mit der Kommission der Universität Potsdam zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, das Verfahren der Promotion Graf einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, um daraus Schlüsse für die weitere Arbeit abzuleiten“. Dem Tagesspiegel liegt die Arbeit vor, aus urheberrechtlichen Gründen dürfen wir sie aber nicht vollständig dokumentieren. Einen Artikel zu einzelnen Aspekten der Arbeit finden Sie hier.

Fotogalerie: Prominente Plagiatsfälle

In der Affäre um die teilweise bei ungenannten Autoren abgeschriebene Doktorarbeit gibt es derweil Widerspruch gegen die Darstellung Grafs bezüglich der von ihm veranlassten Sperrung der Arbeit gegenüber der Öffentlichkeit. Er hatte in einer Erklärung vom vergangenen Freitag gesagt, die Arbeit sei auf seinen Antrag hin von der Universität gesperrt worden, „da wichtige Teile dieser Arbeit noch in einer Fachzeitschrift publiziert werden sollen“. Um das Urheberrecht einzuhalten, „darf die Dissertation nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlicht werden“.

Dieser Darstellung widerspricht jetzt die Chefredakteurin der von Graf anvisierten Zeitschrift für Parlamentsfragen (ZParl) im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Die Versicherung, einen bei der ZParl eingereichten Text nicht auch anderswo zu veröffentlichen, beziehe sich ausschließlich auf eine identische Fassung des Textes, sagte Suzanne S. Schüttemeyer, ZParl-Chefredakteurin und Professorin an der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg, am Mittwoch. Da es sich bei dem von Graf bei der Zeitschrift eingereichten und inzwischen wieder zurückgezogenen Text lediglich um eine Kurzfassung seiner 207-seitigen Dissertation handelte, sei für die Doktorarbeit ein solcher Sperrvermerk aus Sicht der Zeitschrift nicht erforderlich gewesen. Der von Graf in seiner Erklärung zitierte Passus aus den ZParl-Autorenvorgaben „rechtfertigt die Sperrung nicht“, sagte Schüttemeyer.

Der Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Michael Thiedemann, sagte dazu, Graf habe den Sperrvermerk veranlasst, um sicherzustellen, dass seine Überlegungen einer Zeitschriftenveröffentlichung nicht dadurch „konterkariert“ würden, dass jemand ohne Grafs Wissen aus seiner Arbeit ohne Einverständnis des Autors Teile veröffentlicht.

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