zum Hauptinhalt
Willkommen beim Bundespräsidenten. Joachim Gauck hat die Tradition der Sommerfeste beendet und richtet nun alljährlich ein Bürgerfest aus.

©  Maurizio Gambarini/dpa

Bürgerfest im Schloss Bellevue: Beim Bundespräsidenten gibt es Apfelsaft statt Champagner

Seit Joachim Gauck das Amt als Bundespräsident von Christian Wulff übernahm, haben sich die Feste am Schloss Bellevue rigoros verändert. Doch die Lust am Feiern kehrt langsam zurück.

Von Antje Sirleschtov

Die Homepage der Berliner Kommunikationsagentur CB.e mutet an wie ein Sammelbecken der ersten Adressen aus Wirtschaft und Politik. Von der Deutschen Post DHL über Daimler bis hin zum Ölkonzern BP: CB.e, so sieht es aus, ist seit langem gut im Geschäft. Und wen wundert es da, dass auch die allererste Adresse der Hauptstadt zu den Kunden der Kommunikatoren gehört: der Bundespräsident.

An diesem Wochenende wird die CB.e-Agentur den Wert ihrer Arbeit für Joachim Gauck wieder einmal unter Beweis stellen. Mehrere tausend Bürger hat der erste Mann im Staate für Freitag und Samstag in den Garten des Schlosses Bellevue zum „Bürgerfest“ eingeladen. Und wenn das Wetter mitspielt, werden die Gäste der Gaucks nun zum dritten Mal zwischen Rosensträuchern und üppigen Büschen auf den Wiesen flanieren und begutachten können, wer in Deutschland für Mensch, Tier und Umwelt mit bürgerschaftlichem Engagement aktiv ist.

Für CB.e ist das präsidiale Fest schon seit vielen Jahren eine feste Größe im Terminkalender. Schließlich koordiniert die Agentur im Auftrag des Bundespräsidialamtes nicht nur Festzelte und Musikevents. Auch die Finanzierung des Festes gehört seit jeher zum Aufgabenspektrum.

Zur Hälfte jedenfalls. Denn nur noch um fünfzig Prozent des Bürgerfest-Etats muss sich CB.e kümmern, seit Joachim Gauck mit seinem Amtsantritt im Jahr 2012 die langjährige Tradition der präsidialen Sommerfeste beendet und das alljährliche Bürgerfest ins Leben gerufen hat. „Zwei Tage für eine Millionen Euro statt ein Tag für zwei Millionen Euro“: So lautet die Devise, seit Gauck zum elften Präsident gewählt wurde. Und auch von der einen Million Fest-Euro steuern seither die Sponsoren nur die Hälfte bei. 500 000 Euro bezahlt das Präsidialamt aus dem eigenen Etat.

Dass Gauck die bundespräsidiale Praxis im Umgang mit Sponsoren und privaten Geldgebern gleich nach seinem Einzug ins Schloss Bellevue rigoros veränderte, hatte seine Wurzeln zweifellos in den rufschädigenden Berichterstattungen um Geldgeber und unternehmerische Freunde seines Vorgängers Christian Wulff. Der hatte nicht nur als niedersächsischer Ministerpräsident gern Mäzene und Geldgeber um sich geschart. Auch im höchsten Amt des Staates zeigte sich Wulff beim Sommerfest im Bellevue-Garten gern fröhlich im Kreis der Wichtigen aus Politik, Medien und Wirtschaft.

Als das Land dann schließlich monatelang heftig über sein Verhältnis zur Wirtschaft stritt und er sich schließlich sogar zum Rücktritt gedrängt fühlte, fuhren die Unterstützer politischer Veranstaltungen in der politischen Szene schlagartig ihre finanziellen Engagements zurück. Und zwar nicht nur im Bellevue. Die Sorge, ins Zwielicht der Öffentlichkeit zu geraten, verunsicherte Veranstalter und Geldgeber gleichermaßen. Und beeindruckt von diesem Wulff-Effekt kürzte dann auch Gauck sein Festbudget zusammen. Aus dem Sommer- wurde das Bürgerfest, das rauschende Champagner-Fest mit Feuerwerk wurde auf Apfelsaft und Currywurst runtergekocht und auch die anderen politischen Sommerfeste muteten schlagartig bescheidener an.

Mittlerweile allerdings scheint die Zeit der Irritationen vorbei und die Lust am gemeinsamen Feiern zurückgekehrt. Nicht nur bei der berühmten Stallwächterparty in der baden-württembergischen Landesvertretung dürfen neuerdings private Geldgeber wieder ihre Landespolitiker unterstützen und ungeniert Flagge zeigen. Landesvater Winfried Kretschmann musste sich vor ein paar Wochen sogar eine Rüge bei seinen grünen Parteifreunden abholen, weil er ausgerechnet dem Waffenhersteller Diehl gestattet hatte, das Fest in Berlin mit 5000 Euro zu sponsern.

Auch Joachim Gauck gibt den Sponsoren des Festes an diesem Wochenende ausführlich Gelegenheit, sich zu präsentieren. Seine Homepage ziert eine lange Liste derer, die mit Geld und Sachspenden zum Gelingen des Festes beitragen werden. Mit dabei neben der Volkswagen AG, der Vodafone-Stiftung, Edeka, den Berliner Wasserbetrieben und der AOK Nordost sind auch große Kunden der CB.e unter den Finanziers – manche von ihnen haben das Präsidialamt schon unterstützt, als von Joachim Gauck noch lange nicht die Rede war.

Glaubt man Geldgebern und Organisatoren im Präsidialamt, dann gibt es zwar den einen oder anderen, der schon lange unter den Sponsoren des Festes ist. Der Charakter des Sponsorings hat sich aber wohl grundsätzlich geändert. Bis Gauck sein Amt antrat, zahlten die Geldgeber bis zu 50 000 Mindestbeitrag, und zwar zusätzlich zur Ausstattung ihrer Präsentationsflächen inklusive der Getränke und Häppchen, die dort angeboten wurden. Dafür allerdings durften die Geldgeber ihre Firmenlogos auffällig präsentieren und in Werbebroschüren auf ihr Engagement im gesellschaftlichen Bereich aufmerksam machen.

Heute läuft das alles weit unauffälliger. Wer Geld geben will, muss sich mittellose Hilfseinrichtungen suchen und sich mit denen gemeinsam präsentieren. Etwa zum Thema Inklusion. Wenn am Freitag Gäste im Rollstuhl den beschwerlichen Alltag selbst erleben können, dann haben das der Sparkassen-Verband, die Otto Bock Healthcare GmbH und die Aktion Mensch e. V. gemeinsam initiiert. Die Logos der Firmen will der Präsident dabei nicht sehen. Für die Geldgeber ist das Sponsoring trotzdem interessant, schließlich können sie ihre gesellschaftliche Verantwortung darstellen und müssen sich später nicht dafür rechtfertigen, üppige Feste von Politik und High Society bezahlt zu haben. Für CB.e könnten die Zeiten allerdings härter werden. War die Agentur jahrelang fester Partner des Präsidialamtes, wird nun ein neuer Rahmenvertrag im Wettbewerb ausgeschrieben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false